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Landkreis Neu-Ulm: Gibt's bald nicht mehr genügend Trinkwasser im Landkreis Neu-Ulm?

Landkreis Neu-Ulm

Gibt's bald nicht mehr genügend Trinkwasser im Landkreis Neu-Ulm?

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    Sauberes Wasser wird als selbstverständlich hingenommen, doch der Grundwasserspiegel sinkt an nicht wenigen Stellen.
    Sauberes Wasser wird als selbstverständlich hingenommen, doch der Grundwasserspiegel sinkt an nicht wenigen Stellen. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    So wie der Strom aus der Steckdose kommt, so fließt das Wasser einfach aus dem Hahn. Doch das könnte zunehmend schwieriger werden, fürchtet das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth, das auch für den Landkreis Neu-Ulm zuständig ist. Schon jetzt zeigt sich: Die Grundwasserstände sind hier teilweise dauerhaft zu niedrig. Wie ist die Lage?

    Wasser in Hülle und Fülle – solche Ansichten sind die Verbraucher gewohnt. Doch was ist, wenn eine Knappheit droht?
    Wasser in Hülle und Fülle – solche Ansichten sind die Verbraucher gewohnt. Doch was ist, wenn eine Knappheit droht? Foto: Silvio Wyszengrad (Symbolbild)

    Im Landkreis Neu-Ulm gibt es drei Stellen, an denen gemessen wird, wie sich die Situation in den tieferen Grundwasserschichten darstellt. In Kellmünz sieht es gut aus, dort ist der Grundwasserstand seit Jahren auf einem guten Stand. Anders hingegen in Illertissen. Dort zeigt die Kurve für den Zeitraum zwischen 2008 und 2021 stetig nach unten. Vor allem seit fünf Jahren nimmt der Grundwasserstand ab, wie sich auf den Online-Seiten des Niedrigwasser-Informationsdienstes des Bayerischen Landesamtes für Umwelt ablesen lässt. Weniger drastisch zeigt sich der Schwund an der dritten Messstelle in Roggenburg, doch da neigt sich die Kurve ebenfalls seit Jahren eindeutig nach unten. Auch in das sogenannte Obere Grundwasser reichen verschiedenen Sonden hinunter, acht an der Zahl im Landkreis. In Gerlenhofen, Senden und Untereichen zeigen die Messkurven ebenfalls einen dauerhaft sehr niedrigen Stand an, lediglich unterbrochen von einem kräftigen Zufluss im Februar, doch der scheint bereits wieder aufgebraucht.

    Der Klimawandel lässt den Grundwasserspiegel absinken

    Daraus lässt sich durchaus der Klimawandel ablesen, denn in den vergangenen Jahren herrschte in Deutschland zunehmend Trockenheit. Der Hydrogeologe Cornelius Jakob vom Fachbereich Wasserversorgung und Grundwasserschutz des Donauwörther Amtes sieht nicht nur im Landkreis Neu-Ulm Probleme heraufziehen, sondern deutschlandweit. Im Gespräch mit unserer Redaktion entwirft er ein drastisches Szenario: Schlimmstenfalls müsse das aufbereitete Wasser aus der Kläranlage für die Versorgung herhalten: "Das ist die Zukunft, wenn wir jetzt nichts tun."

    Bayern habe überwiegend gute Voraussetzungen für bestes Grundwasser und eine sichere Trinkwasserversorgung, beteuert das Amt. Doch klimawandelbedingte Änderungen, konkurrierende Nutzungen und eine veraltete Infrastruktur können seiner Einschätzung nach dazu führen, dass sich diese Situation ändere. "Nur indem wir alle, Politik, Gewerbe, Industrie, Landwirtschaft, Verwaltung, Kommunen, Wasserversorgungsunternehmen sowie natürlich alle Endverbraucher und Bürger, an einem Strang ziehen, werden wir diesen Komfort auch in Zukunft genießen können."

    Das Grundwasser wird durch vieles bedroht

    Das Wasserwirtschaftsamt hat den vor Kurzem begangenen weltweiten Wassertag der Vereinten Nationen zum Anlass genommen, um unter anderem aufzulisten was das kostbare Nass bedroht: "Seit Jahrzehnten werden Flächen versiegelt, auf nicht versiegelten Flächen werden zu viele Nährstoffe aufgebracht, der Rohstoffabbau zerstört Deckschichten, die das Grundwasser schützen, Sickerwässer von Altlasten oder Abfallanlagen können in den Untergrund eindringen, Mikroplastik landet in Oberflächengewässern, Spurenstoffe wie Arzneimittelrückstände gelangen ins Grundwasser."

    Durchschnittlicher Pro-Kopf-Verbrauch der Deutschen

    Durchschnittlich 123 Liter Trinkwasser pro Tag: So viel Wasser hat jede Person in Deutschland im Jahr 2016 etwa für Körperpflege, Kochen, Trinken, Wäschewaschen und Putzen verwendet. 

    Über 220 Kilogramm an Verpackungen hat jeder Einwohner in Deutschland im Jahr 2016 verbraucht. Im europäischen Vergleich (167,3 Kilo) liegen die Deutschen damit deutlich über dem Durchschnitt.

    Die Deutschen verbrauchten im Jahr 2017 pro Kopf 87,8 Kilogramm Fleisch. Der Fleischverzehr lag bei 59,8 Kilo.

    In Sachen Energieverbrauch haben die privaten Haushalte in Deutschland im Jahr 2017 für Wohnen (ohne Kraftstoffe) um etwa 1,5 Prozent auf 679 Milliarden Kilowattstunden zum Vorjahr zugelegt.  Das entspricht einem Wert von 8.200 Kilowattstunden pro Kopf.

    Der CO2-Ausstoß der Deutschen lag im Jahr 2016 bei 11,8 Tonnen je Einwohner. Insgesamt liegt dieser Wert bei über 973 Millionen Tonnen jährlich.

    Problematisch findet Geologe Jakob, dass im Landkreis von den 25 Brunnenanlagen etwa ein Drittel sogenanntes Tiefengrundwasser aus einem Bereich von 50 bis 200 Metern unter der Oberfläche anzapfen. Das müsse man sich vorstellen wie Ölfelder: Die Vorkommen, "altes Wasser" genannt, seien über einen langen Zeitraum entstanden und werden nun leergepumpt. Bis neues Nass von oben nachgesickert sei, dauere es Jahrzehnte. Dabei sollte dieses Tiefenwasser nach einem Beschluss des Bayerischen Landtages eigentlich geschont werden und somit langfristig nicht mehr verfügbar sein. Doch so lange es keine Alternative für die Brunnenbetreiber gebe, bleibe das wohl so. Er empfiehlt: "Angesichts der steigenden Anforderungen an die Versorgungssicherheit soll im Landkreis besonderes Augenmerk auf die Vernetzung von Wasserversorgungsanlagen in Form von technischen Verbünden gelegt werden."

    Die Versorger sollten sich also tunlichst zusammenschließen. Außerdem gebe es bei so mancher veralteten Wassergewinnungsanlage einen "großen Investitionsbedarf".

    Wir gehen mit dem Wasser zu sorglos um

    Wasser ist zwar wertvoll, aber auch sehr billig. 2019 kostete laut Statistischem Bundesamt ein Liter von bester und gesicherter Qualität in Bayern durchschnittlich 0,175 Cent. Im Vergleich dazu bekomme man im Supermarkt den Liter Mineralwasser im günstigsten Fall für 13 Cent. Die Qualität dieses Wassers sei oft nicht besser als das, was aus dem Hahn sprudelt.

    Zahlen und Fakten zum Welt-Toilettentag

    Jedes Jahr sterben laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) 297.000 Kinder unter fünf Jahren (mehr als 800 pro Tag) an Magen-Darm-Erkrankungen, die sie sich aufgrund schlechter Hygiene, mangelnder Sanitäranlagen oder unsauberen Wassers zugezogen haben.

    In fast der Hälfte aller Schulen weltweit haben die Kinder laut WHO und Unicef keine Möglichkeit, sich die Hände zu waschen.

    4,2 Milliarden Menschen haben der WHO und Unicef zufolge keinen Zugang zu sauberen Toiletten - mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung. Zwei Milliarden Menschen weltweit benutzen eine Trinkwasserquelle, die von Fäkalien kontaminiert ist.

    Die Vereinten Nationen haben das Ziel formuliert, bis 2030 jedem Menschen einen Zugang zu sauberen und sicheren Sanitäranlagen zu ermöglichen, sodass sie nicht mehr ihre Notdurft in der Öffentlichkeit erledigen müssen.

    Mehr Infos: worldtoilet.org. (lea)

    Was kann jeder von uns tun? Jakob: "Der erste und wichtigste Schritt ist, dass wir den Wert des Wassers mehr schätzen lernen müssen. Bei jedem Umgang mit Wasser (Garten gießen, Schwimmteich füllen, wassereffizientes Handeln im Haushalt) müssen wir den oft sorglosen Umgang hinterfragen", fordert das Amt und warnt: "Wenn sauberes Wasser mal nicht mehr selbstverständlich ist, dann ist es zu spät."

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