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Landkreis Neu-Ulm: Fluglärm in der Region: Das steckt hinter dem Brummen am Himmel

Landkreis Neu-Ulm

Fluglärm in der Region: Das steckt hinter dem Brummen am Himmel

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    So sieht eine A400M von unten aus.
    So sieht eine A400M von unten aus. Foto: Marcus Merk (Archivbild)

    Gegen kurz nach 19 Uhr am Dienstagabend war das Brummen in der Region Ulm/Neu-Es ist kein Knall, wie wenn ein Kampfflugzeug die Schallmauer durchbricht. Es ist ein dumpfes, lang anhaltendes Geräusch.

    Bereits Anfang des Jahres war das Brummen schon einmal im Großraum Ulm aufgefallen. Wie damals, so auch jetzt ist auf dem wohl gängigsten und bekannteren Online-Portal Flightradar24, wo Flugzeuge in Echtzeit auf einem Radar abgebildet werden, kein Himmelskörper zu entdecken, der mit dem Lärm in Verbindung gebracht werden kann. Dafür aber auf einer anderen Internetseite mit ähnlichen Funktionen: dem ADS-B Exchange.

    Dort ist - wie Anfang Januar - wieder eine Maschine zu finden, die immer dieselben Kreise zieht - über Bad Wörishofen und Schwabmünchen im Süden, quer durch den Landkreis Günzburg bis auf die Alb nach Heidenheim und Geislingen und wieder zurück. Ulm und Neu-Ulm sowie beinahe der gesamte Landkreis

    Auf dieser Flugroute war der A400M im Januar unterwegs.
    Auf dieser Flugroute war der A400M im Januar unterwegs. Foto: Screenshot / adsbexchange.com (Archivbild)

    Gestartet ist die Maschine ebenfalls auf dem Flugplatz Wunstorf bei Hannover, der von der Luftwaffe der Bundeswehr betrieben wird. Dort ist das Lufttransportgeschwader 62 stationiert - und auch jenes Flugzeug, das laut ADS-B Exchange über die Region flog: ein A400M der Marke Airbus.

    In den vergangenen Tagen ist er immer wieder am Himmel zu sehen gewesen: der neue Großraumtransporter A400M. Das Flugzeug brachte Fallschirmspringer zu Übungssprüngen nach Altenstadt.
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    Bilder vom Start eines Airbus A400M

    Dabei handelt es sich um ein militärisches Transportflug, es wird unter anderem von Bundeswehr und Nato verwendet, um Material und Personal von A nach B zu bringen. So können bis zu 114 Soldaten darin Platz finden, aber auch ein Kampfhubschrauber, ein leichter Unterstützungshubschrauber, vier Geländewagen oder ein Panzer. Doch nicht nur das.

    A400M der Bundeswehr dient auch "fliegende Tankstelle"

    Ein A400M diene auch als "fliegende Tankstelle", wie es auf der Internetseite der Bundeswehr heißt. Auch der Kampfjet Eurofighter könne im Flug an den A400M andocken und bei über 500 km/h betankt werden. Pro Minute werden bis zu 1200 Kilo Treibstoff hinübergepumpt. Nach fünf bis zehn Minuten ist ein Kampfjet voll, erklärt der Sprecher. Mit der Airbus-Maschine können aber auch Patienten transportiert werden, auch solche, die während des Flugs intensiv behandelt werden müssen.

    Was genau hinter dem Flug am Dienstag steckte, war am Abend nicht zu erfahren. Ein Sprecher des Luftfahrtamtes der Bundeswehr mit Sitz in Köln erklärte Anfang Januar auf Nachfrage unserer Redaktion: Die Maschine sei damals dort im Rahmen des militärischen Ausbildungsflugbetriebs entlang einer Luftbetankungsstrecke unterwegs gewesen. Bei einer nächtlichen Übung ist über Augsburg ein spektakuläres Foto entstanden.

    Wie lange eine Trainingseinheit jeweils dauert, hänge davon ab, wie viele Piloten in der Luft sind. Auch lässt sich nicht genau sagen, an welchen Tagen die Übungen stattfinden. Denn je nach Wetter, Ausbildungsbedarf und Verfügbarkeit von Flugzeugen würden die Manöver spontan geplant, erklärt ein Sprecher des Luftfahrtamtes der Bundeswehr mit Sitz in Köln.

    Ein Eurofighter an der fliegenden Tankstelle! Die Betankung des Eurofighters vom Taktischen Luftwaffengeschwader 74 aus Neuburg an der Donau erfolgte durch einen Airbus A400M vom Lufttransportgeschwaders 62 aus Wunstorf. Dabei kann der Airbus rund 40 Tonnen Kerosin abgegeben. Je nach Bedarf braucht der Eurofighter zwischen fünf und zehn Minuten, um vollgetankt weiter seinen Auftrag zu erfüllen. Die Aufnahme vom Air-to-Air-Refueling wurde über Augsburg gemacht.
    Ein Eurofighter an der fliegenden Tankstelle! Die Betankung des Eurofighters vom Taktischen Luftwaffengeschwader 74 aus Neuburg an der Donau erfolgte durch einen Airbus A400M vom Lufttransportgeschwaders 62 aus Wunstorf. Dabei kann der Airbus rund 40 Tonnen Kerosin abgegeben. Je nach Bedarf braucht der Eurofighter zwischen fünf und zehn Minuten, um vollgetankt weiter seinen Auftrag zu erfüllen. Die Aufnahme vom Air-to-Air-Refueling wurde über Augsburg gemacht. Foto: Bundeswehr, Engel

    Luftbetankung bei Nacht? Wozu der Flug diente, ist unklar

    Über Ulm und Neu-Ulm liegen demnach gleich zwei von insgesamt 15 solcher Luftbetankungsstrecken in ganz Deutschland. Dabei wird eine ovale Strecke abgeflogen, ähnlich einer Warteschleife. Die beiden Geraden haben eine Länge von 55,5 Kilometern. Wenn also ein Flugzeug betankt wird, fliegt die Formation entlang dieser Strecke. Sollen mehrere Betankungen stattfinden, kreist das Tankflugzeug weiter und wartet auf die weiteren zu betankenden Flugzeuge.

    Diese Strecken werden mithilfe von Koordinaten definiert. Diese heißen ganz allgemein "Anchor". Bei dieser speziellen Betankungsstrecke hat der Anchor-Punkt einen eigenen Namen. Er nennt sich "Gretchen".

    Warum Übungsflüge der Bundeswehr immer wieder im Raum Ulm stattfinden

    Um derartige Übungsflüge durchführen zu können, müssen bestimmte Lufträume für den Zeitraum dieses Trainings von normalen Verkehrsflugzeugen komplett freigehalten werden. Nur so können die Übungen effektiv und auch sicher vonstattengehen, da sie in der Regel viel Platz benötigen. Zu diesem Zweck sind in Deutschland spezielle Lufträume eingerichtet, die bei Bedarf aktiviert und für militärischen Flugbetrieb reserviert werden können.

    Dabei handelt es sich um sogenannte Temporary Reserved Airspaces, kurz TRA. Die Region zwischen München und Stuttgart sowie zwischen Memmingen und Ellwangen bildet den TRA Allgäu, wo quasi mittendrin auch Ulm und Neu-Ulm liegen.

    Der Fluglärm über Schwaben in Zahlen

    2020 gab es über dem TRA Allgäu 379 Flüge, verteilt auf 215 Tage des Jahres.

    Im Schnitt waren die Maschinen dabei 77 Minuten pro Flug unterwegs, 2019 waren es im Schnitt noch 70.

    Im Jahr 2018 haben sich 577 Bürger bei der Bundeswehr wegen des Fluglärms beklagt, im Jahr 2019 waren es 698, 2020 bereits 825. Im laufenden Jahr gingen bisher 438 Beschwerden ein.

    Die Bundesregierung gibt an, dass sich der Anteil des militärischen Flugbetriebs in der prozentualen Verteilung des gesamten Flugbetriebs über der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2020 auf lediglich rund 2,89 Prozent belaufen hat, 2018 waren es circa 1,27 Prozent.

    Zwischen 2018 und 2020, so gibt das Verteidigungsministerium an, beliefen sich die durchschnittlichen Emissionen durch die Flüge pro Jahr auf rund 413.490 Tonnen CO2-Äquivalent.

    Erlaubt sind Flüge montags bis donnerstags zwischen 8 und 23.30 Uhr und freitags von 8 bis 17 Uhr ab einer Höhe von rund 3050 Metern.

    Ist ein solcher TRA aktiviert, dürfen sich dort nur noch dafür freigegebene Luftfahrzeuge aufhalten. Ist die Übung vorbei, wird der TRA entweder wieder deaktiviert oder einem nächsten Nutzer zugeteilt. An Wochenenden und während gesetzlicher Feiertage findet in der Regel kein Übungsflugbetrieb statt.

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