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Landkreis Neu-Ulm: Entwarnung bei Strahlenmüll aus dem Atomkraftwerk

Landkreis Neu-Ulm

Entwarnung bei Strahlenmüll aus dem Atomkraftwerk

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    In solchen Tüten wird das immer noch leicht strahlende „freigemessene“ Material aus dem Kernkraftwerk Gundremmingen nach Weißenhorn geliefert. Das Bild entstand bei einem Pressetermin im Februar.
    In solchen Tüten wird das immer noch leicht strahlende „freigemessene“ Material aus dem Kernkraftwerk Gundremmingen nach Weißenhorn geliefert. Das Bild entstand bei einem Pressetermin im Februar. Foto: Andreas Brücken

    Offenbar kann nun Entwarnung gegeben werden: Die Verbrennung von leicht strahlendem Abfall aus dem Atomkraftwerk in Gundremmingen scheint weder die Anlage in Weißenhorn zu belasten noch eine Gefahr für die Bevölkerung darzustellen. Das hat das erste Zwischenergebnis der Untersuchungen am Müllofen ergeben. Der vom Landkreis angeheuerte Gutachter des Freiburger Öko-Instituts, der Strahlenexperte Christian Küppers, zog jetzt im Umwelt- und Werkausschuss des Landkreises eine erste Zwischenbilanz und kam zu dem Schluss, es bestehe „keine radiologische Gefahr“. Allerdings liegt das endgültige Gutachten noch nicht vor.

    So wurden die Proben aus dem AKW Gundremmingen bewertet

    Küppers hat für seine Bewertung Anfang Mai eine Anlieferung von 1,8 Tonnen freigemessenen Materials aus dem AKW begleitet und den gesamten Entsorgungsvorgang bewertet. Strahlenexperten der Universität Regensburg untersuchten anschließend Proben aus der Schlacke und aus den Rückständen der Rauchgasreinigung, das Unternehmen Nuc Tec Solutions maß an zwei Standorten in Weißenhorn die Qualität der Luft. Die Regensburger fanden tatsächlich strahlendes Material, sogenannte Radionuklide. Sie wollten nicht ausschließen, dass ein Teil davon tatsächlich aus Gundremmingen stammt, allerdings lasse sich nicht bestimmen, wie hoch der ist. Wörtlich heißt es in der Auswertung der Regensburger Experten: „Das Ausmaß der Kontamination ist sehr gering. Eine Freisetzung der in den Materialproben gefundenen Radionuklide mit der Abluft konnte nicht festgestellt werden.“ Fehlanzeige auch bei den Proben von Nuc Tec Solutions, sie fanden weder in Regenwasser noch in der Luft Nuklide, die sich einem Kernkraftwerk zuordnen lassen.

    Nicht bei allen strahlenden Teilchen ist klar, woher sie stammen

    Wie Küppers im Ausschuss erläuterte, fanden sich zwar strahlende Teilchen in Schlacke und Filterstaub, doch woher diese letztlich stammen, lässt sich nicht immer klar bestimmen. Material wie Mangan 54 und Kobalt 60 sind typische Hinterlassenschaften eines Kernkraftwerks. Allerdings lag die in Weißenhorn gefundene geringe Menge „an der Nachweisgrenze“. Schwieriger wird es hingegen bei Stoffen wie Jod 131, ein typischer Rückstand aus der Nuklearmedizin. Die entdeckte Menge bewege sich „in der Bandbreite dessen, was in Verbrennungen in Deutschland zu finden ist“. Das gilt nach den Worten von Küppers auch für Caesium 137. Das kann einerseits aus dem AKW stammen, gehört aber auch zu den strahlenden Hinterlassenschaften der Atomwaffentests, die sich über den Globus verteilt haben, zudem ist es ein Teil des schmutzigen Erbes der Tschernobyl-Katastrophe. Das kommt in allen Verbrennungsanlagen vor, in Norddeutschland weniger als in Süddeutschland, wo der radioaktive Niederschlag deutlich größer ausfiel. Aber auch der Cäsium-Wert sei unauffällig. Er liegt ebenso wie der von Jod knapp über der Nachweisgrenze.

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    Was ist also zu tun? Eigentlich nicht viel, urteilt Küppers. Die meisten Strahlen bekommen seiner Auswertung nach die Lastwagenfahrer ab, die das Material aus dem Atomkraftwerk nach Weißenhorn bringen. Aber auch da liege die Belastung deutlich unter der vorgeschriebenen Höchstgrenze von zehn Mikrosievert pro Jahr. Das bleibe auch so, wenn deutlich mehr strahlendes Material angeliefert werden sollte. Allerdings lässt sich zu ihrem Schutz eigentlich nichts tun, zudem entfallen auf die fünf eingesetzten Fahrer nur vier Touren pro Jahr mit AKW-Abfall. Deshalb sei die Belastung für das Personal vernachlässigbar. Sämtliche Bediensteten in der Müllverbrennungsanlage, die mit dem Material zu tun haben, seien nur einer ausgesprochen geringen Belastung ausgesetzt, die sich außerdem auch nicht sinnvoll reduzieren lasse.

    Wie viel AKW-Müll landet künftig im Weißenhorner Müllofen?

    Bisher bewegten sich die seit 2016 angelieferten Mengen im Bereich von 15 bis 20 Tonnen im Jahr. Wenn jedoch das AKW vollständig abgeschaltet ist, fallen im Schnitt 100 Tonnen jährlich an. Ob diese Menge tatsächlich im Weißenhorner Ofen landet, muss sich noch zeigen, denn die Kreispolitiker wollten die Grenze bei 20 Tonnen ziehen. Ob sich das umsetzen lässt, muss mit dem Landkreis Günzburg verhandelt werden. Im Vertrag zur Müllehe mit den Nachbarn steht zumindest nichts von einer Höchstmenge bestimmter Abfallsorgen. Ende Juli ist ein weiterer Gesprächstermin mit Vertretern des Kernkraftwerks und des Landkreises Günzburg geplant. Dabei soll erörtert werden, wie mit den freigemessenen Abfällen in Zukunft zu verfahren ist.

    Welchen Schaden richtet das Strahlenmaterial in der Anlage auf Dauer an? Das wollte SPD-Kreisrat Herbert Richter wissen. Eine Kontaminierung sei zwar nicht auszuschließen, so Küppers, aber: „Sie bewegt sich in einer unbedenklichen Größenordnung. Bei der Stilllegung der Anlage würde es kein Kontaminationsproblem geben.“

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