Drei Luftfilter-Anlagen stehen schon, zwei weitere werden noch folgen. "Wir haben hier ein kleines Nebenzimmer, da ein Stüble", erklärt Michaela Tschischka, die Wirtin des Gasthofs zur Post in Schwaighofen. Tschischka will, dass sich ihre Gäste überall sicher fühlen. Deswegen hat sie fünf Luftfilter bestellt. Das war schon im März, als die Lokale noch geschlossen bleiben mussten. Ende Mai wurden die ersten beiden Geräte geliefert. Die Post wirbt auch auf ihrer Internetseite damit. "Das sehen viele, wenn sie dort die Tagesgerichte nachsehen", berichtet Tschischka. Und sie hat die Erfahrung gemacht: "Unsere Gäste sind sehr begeistert."
Die Luftfilteranlagen sind ein Hingucker
Die Anlagen, die die Wirtin bei der Neu-Ulmer Firma Absaugwerk geordert hat, sind kaum zu übersehen: Die größeren stehen fast mannshoch im Raum, die kleineren reichen bis zur Hüfte. Michaela Tschischka hat sich für schlichte, einfarbige Säulen entschieden. Willi Schubert von der Lochmühle im Fischerviertel und von Schubert's Café nahe der Friedrichsau hat die Geräte dagegen mit einer Ulmer Stadtansicht schmücken lassen, die seine Ex-Frau schon vor einigen Jahren für die Speisekarte gemalt hat.
Das gleiche Motiv ziert die Filter in den Gaststuben im Zunfthaus der Schiffleute, das Schuberts Sohn führt. Willi Schubert senior sagt: "Das ist ein Hingucker. Und die Anlagen kommen gut an." Gerade ältere Gäste wüssten die zusätzliche Sicherheit zu schätzen. Schubert hat sich bewusst für den örtlichen Anbieter entschieden. Spargel, Kartoffeln und Erdbeeren kaufe er schließlich auch regional ein. "Wenn mal etwas kaputt geht, ist der Weg nicht so weit", sagt er zu den Luftreinigern.
Absaugewerk GmbH kann jeden Raum mit Luftfiltern ausstatten
Post-Chefin Tschischka ist von den Anlagen überzeugt. Dass diese zur Pflicht werden, hofft sie aber nicht. "Das war eine große Investition", berichtet sie. Nicht jeder könne sich das leisten. Die Absaugwerk GmbH versorgt mit ihrem Vitapoint-Luftfilter nicht nur Lokale. "Wir statten generell jeden Raum aus, auch Klassenzimmer, Turnhallen und Kantinen", sagt Vertriebsleiter Tobias Mändle.
Zu den Kunden gehören Kindergärten, Tanzschulen, Fitnessstudios und Hotels. Aus der Region haben neben etlichen Gaststätten beispielsweise der Minimax-Kinderpark in Mindelheim, die Albecker-Tor-Schule in Langenau, der Neu-Ulmer Orange Campus und die Ratiopharm Arena entsprechende Geräte angeschafft.
Es dauert zu lange, bis die Luftfilter im Klassenzimmer stehen
Bisher haben nur vereinzelt Schulen mobile Luftfilter angeschafft, doch nach dem Willen der bayerischen Staatsregierung sollen sie flächendeckend eingesetzt werden. Allerdings drängt die Zeit: In 13 Wochen beginnt das neue Schuljahr, doch ob dann tatsächlich in jedem Klassenzimmer eine solche Anlage steht, ist mehr als fraglich.
Landrat Thorsten Freudenberger (CSU) sagte am Freitag in der Kreisausschusssitzung, es bestehe keine reelle Chance, bis dahin die Geräte zu bekommen. Das liegt unter anderem an den Vorschriften. Nach der bisherigen Schätzung der Kreisverwaltung würde es 1,3 Millionen Euro kosten, um sämtliche Schulräume auszustatten, die in den Zuständigkeitsbereich des Landkreises fallen.
Da der Freistaat die Hälfte zuschießt, müssen nur noch rund 650.000 Euro selber aufgebracht werden. Doch auch diese Summe liegt deutlich über der sogenannten vergaberechtlichen Wertgrenze von 214.000 Euro. Das heißt: Ab dieser Summe muss ein Auftrag europaweit öffentlich ausgeschrieben werden. Erfahrungsgemäß dauert es im Rahmen dieses Verfahrens rund drei Monate bis zur Auftragserteilung. Das bedeutet aber nicht, dass die Geräte dann sofort zur Verfügung stehen. "Die werden ja nicht auf Lager produziert", sagte Ludwig Daikeler (SPD) im Kreisausschuss.
Filteranlagen im Kreis Neu-Ulm wird es bis September nicht geben
Wie der Hersteller Absaugwerk GmbH gegenüber unserer Redaktion erklärte, betragen die Lieferfristen einzelner Maschinenkomponenten wie Motoren bis zu 30 Wochen. Auch im Landratsamt geht die zuständige Abteilung davon aus, die Filter mitnichten schon im September zu bekommen. Der Landrat hofft nun, dass möglicherweise gelockerte Vergabevorschriften für eine Beschleunigung sorgen.
Allerdings gelten die Geräte nicht jedem als Allheilmittel, um künftig Distanzunterricht zu vermeiden. Die kommunalen Spitzenverbände in Bayern, also die Vertreter von Kommunen und Landkreisen, halten es für fraglich, ob es überhaupt sinnvoll ist, Klassenräume mit mobilen Filteranlagen auszustatten - abgesehen davon, dass sie voraussichtlich ohnehin nicht rechtzeitig zur Verfügung stünden. Landrat Freudenberger sagte, die Reiniger könnten eine sinnvolle Ergänzung sein, "aber nicht die komplette Lösung".
Illertissen: Manche Luftfilter werden gar nicht mehr benutzt
Es gibt bereits ein paar Erfahrungen mit solchen Anlagen. So hatte etwa Illertissen einige angeschafft. Nach den Worten von Bürgermeister Jürgen Eisen (CSU) seien die Rückmeldungen der Lehrerinnen und Lehrer aber gemischt. Manche finden sie zu laut und damit nicht praktikabel, andere fänden sie gut. Teilweise würden die Filter aber schon nicht mehr benutzt. Er rät, der Kreis solle nicht in Aktionismus verfallen.
Nächste Woche wird der Kreistag darüber debattieren, ob mobile Lüfter angeschafft werden sollen oder nicht. Freudenberger verspricht, die Kreisverwaltung werde bis dahin sämtliche Informationen aufarbeiten, auch mit Blick auf eine Alternative: Absauganlagen, welche die Luft aus den Klassenzimmern durchs Fenster regelmäßig nach draußen transportieren. Die sind deutlich billiger und nach einer Studie des Max-Planck-Instituts sehr wirksam gegen Viren. Und noch eine Möglichkeit sollte nicht außer Acht gelassen werden, findet Susanna Oberdorfer-Bögel (Freie Wähler): Der Unterricht könnte auch in Schulturnhallen oder Aulen stattfinden. Einschlägige Erfahrungen gibt es im Kreis bereits. Freudenberger sagte, man müsse auch für ungewöhnliche Lösungen offen sein, also auch für Unterricht in der Turnhalle.