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Kommentar: Wirtschaft in der Krise: Stirbt der Dorfladen, leidet der ganze Ort

Kommentar

Wirtschaft in der Krise: Stirbt der Dorfladen, leidet der ganze Ort

Jonas Klimm
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    Auch der Dorfladen in Kellmünz hat mit den stark gestiegenen Preisen zu kämpfen.
    Auch der Dorfladen in Kellmünz hat mit den stark gestiegenen Preisen zu kämpfen. Foto: Alexander Kaya (Archivbild)

    Gäbe es für Betriebe eine Rote Liste gefährdeter Arten, der Dorfladen stünde weit oben. In den vergangenen 30 Jahren ist die Zahl der Lebensmittelgeschäfte mit weniger als 400 Quadratmetern Verkaufsfläche in Deutschland dramatisch zurückgegangen, von mehr als 66.000 im Jahr 1990 auf 8500 heutzutage. Darunter sind zahllose Dorfläden, die sich dem Preisdruck durch die Discounter-Konkurrenz beugen mussten. Die Corona-Pandemie und die explodierenden Preise bewirken nun, dass auch die letzten tapferen Mohikaner vor dem Aus stehen. Sollten die kleinen Geschäfte aus den Ortsteilen verschwinden, ginge mehr verloren als eine schlichte Einkaufsmöglichkeit.

    Wenn die Dorfläden verschwinden, veröden die Zentren und die Lebensqualität sinkt

    Denn Dorfläden sind das Herz der Gemeinde, ein Hort der Begegnung und des sozialen Austauschs. Helga Hörmann vom Jedesheimer Dorfladen kann Dutzende herzerwärmender Geschichten erzählen, sie arbeitet seit 40 Jahren im Geschäft: Von dem Kind, das zum ersten Mal auf kleiner Ladenfläche einkaufen geht und den Nachbarn, die sich nur im Dorfladen begegnen. Sie sagt, durch den Dorfladen "findet die Bewegung im Ort statt". Damit bringt es Hörmann auf den Punkt: Es geht darum, dass die Bewohner in ihrer Gemeinde bleiben und nicht zum Einkaufen herausfahren müssen. Kommt es so weit, veröden die Zentren, und die Lebensqualität sinkt drastisch.

    Um das "Kulturgut" Dorfladen im Landkreis zu erhalten, bedarf es mehr als hohler Worte – die Bewohnerinnen und Bewohner von Gemeinden wie Witzighausen, Kellmünz und Jedesheim sind gefordert. Es hängt an ihrem Einkaufsverhalten, wie sich die Ortskerne in den nächsten Jahren entwickeln werden. Sollten sie bereit sein, auch in Zeiten der Inflation ein paar Euro mehr in die Hand zu nehmen und gegebenenfalls auf ausgefallene Lebensmittel zu verzichten, dann haben die Dorfläden eine Zukunft. Ansonsten gelten sie in wenigen Jahren als ausgestorbene Spezies.

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