Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Soll die CSU mit Nüßlein in den Wahlkampf ziehen?

Kommentar

Soll die CSU mit Nüßlein in den Wahlkampf ziehen?

Ronald Hinzpeter
    • |
    Er blickt angesichts der Ermittlungen in eine ungewisse Zukunft: Georg Nüßlein. Für die Partei stellt sich die Frage, ob sie ihn wieder nominieren sollte oder besser doch nicht.
    Er blickt angesichts der Ermittlungen in eine ungewisse Zukunft: Georg Nüßlein. Für die Partei stellt sich die Frage, ob sie ihn wieder nominieren sollte oder besser doch nicht. Foto: Alexander Kaya

    Das Wort der Woche dürfte in CSU-Kreisen der im allgemeinen Sprachgebrauch eher selten verwendete Begriff "Unschuldsvermutung" gewesen sein. Stets fiel die Vokabel in Zusammenhang mit Georg Nüßlein. Der christsoziale Bundestagsabgeordnete steht im Zentrum von Ermittlungen, die sich um Bestechung, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung drehen. Hat er für die Vermittlung von Atemschutzmasken tatsächlich 660.000 Euro kassiert und dabei vergessen, die dafür fällige Umsatzsteuer anzumelden? Als bekannt wurde, dass bei dem Gesundheitsexperten der Unionsfraktion Fahnder Büro- und Privaträume filzten, waren seine Parteifreunde wie vom Donner gerührt. Das kann ihnen niemand verdenken, denn es ist ein sehr hässlicher Verdacht, dem sich ihr Parteifreund ausgesetzt sieht: Ausgerechnet in dieser Welt-Krise soll er seine Beziehungen genutzt haben, um abzukassieren - für etwas, das als Spitzenpolitiker schlicht sein Job gewesen wäre. Der unschöne Fachbegriff dafür wäre "Krisengewinnler".

    Die CSU hat wegen der Nüßlein-Ermittlungen ein Problem

    Natürlich gilt die Unschuldsvermutung, keine Frage. Allerdings sind das juristisch Korrekte und die Gefühle von Menschen zwei Paar Stiefel. Allein der Verdacht nährt die ohnehin vorhandene Skepsis gegenüber Eliten oder "denen da oben". Das ließ sich schon wieder an entsprechenden Kommentaren im Internet ablesen. Und: Wenn Verdächtigungen geäußert werden, bleibt an dem Betreffenden immer etwas hängen, auch wenn er für unschuldig befunden wird. Das beschert jetzt der CSU im Wahlkreis 255, der die Kreise Neu-Ulm, Günzburg und Teile des Unterallgäus umfasst, ein Problem: Georg Nüßlein ist noch nicht wieder als Bundestagsabgeordneter nominiert. Soll sie es tatsächlich noch einmal mit ihm wagen?

    Der Entscheidungszeitraum für die CSU ist eng

    Der Entscheidungszeitraum ist nicht mehr sonderlich groß, denn Ende März will sich die Partei im Kreis Neu-Ulm zur Kreisvertreterversammlung treffen und dabei eben über die Kandidatur sprechen. Ende April/Anfang Mai sollte dann so langsam nominiert werden. Ob bis dahin die Ermittlungen abgeschlossen sind, ist mehr als fraglich. Somit müsste die Partei möglicherweise mit einem belasteten Kandidaten in den Wahlkampf ziehen. Keine guten Aussichten.

    Andernfalls müsste zügig ein Plan B her. Doch die Bewerber um Nüßleins Nachfolge stehen nicht gerade Schlange. Katrin Albsteiger ist viel zu gerne Oberbürgermeisterin in Neu-Ulm - und das ja nun noch nicht sehr lange. Thorsten Freudenberger, der 2001 bei der Nominierung mit nur zwei Stimmen gegen den damals nicht sehr bekannten Nüßlein den Kürzeren zog, wäre mit dem Klammerbeutel gepudert, gäbe er jetzt den Landratsposten auf, um zum Nobody im Bundestag zu werden. Interessant könnte das JU-Trio im Kreistag sein, das mit Katja Ölberger und Eva Maria Treu zwei unerschrocken auftretende Frauen zu bieten hat - und Johann Deil. Der ist stellvertretender Bezirksvorsitzender den Jungen Union und hat als ehemaliger Landtagslistenkandidat Wahlkampferfahrung. Er empfiehlt sich für höhere Aufgaben. Und im Nachbarlandkreis gäbe es die Bezirksrätin Stefanie Denzler, ehrgeizig, gerne in der Öffentlichkeit und vor allem: Sie ist eine Frau. Das täte der Männerpartei CSU gut. Die Christsozialen haben interessante Wochen vor sich.

    Lesen sie auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden