Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Kellmünz/Babenhausen/Ulm: Könnten Windräder auf mehr Flächen in der Region gebaut werden?

Kellmünz/Babenhausen/Ulm

Könnten Windräder auf mehr Flächen in der Region gebaut werden?

    • |
    An der A8 bei Jettingen stehen bereits Windräder, nahe Kellmünz sollen weitere kommen – auch wenn die Planungen stagnieren.
    An der A8 bei Jettingen stehen bereits Windräder, nahe Kellmünz sollen weitere kommen – auch wenn die Planungen stagnieren. Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)

    Windräder dürfen nur auf sogenannten Vorranggebieten gebaut werden, im Kreis Neu-Ulm sind das genau drei: Bei Kellmünz, bei Pfaffenhofen und im Oberrother Wald. Doch die Windkraft gilt als ein wichtiger Pfeiler für die künftige Energieversorgung, erst recht nach dem Aus von Atomkraftwerken wie in Gundremmingen. Der Ulmer Abgeordnete Michael Joukov-Schwelling will erreichen, dass mehr Flächen für

    Ulms Baubürgermeister Tim von Winning hat Mitte Dezember im Planungsausschuss des Regionalverbands Donau-Iller (RVDI) bemängelt, dass nur auf den ausgewiesenen Vorranggebieten im Bereich des RVDI Anlagen für erneuerbare Energien errichtet werden dürfen. Damit seien 99,6 Prozent der Flächen in den Kreisen Neu-Ulm, Unterallgäu, Günzburg, Alb-Donau und Biberach sowie im Gebiet der Städte Ulm und Memmingen ausgeschlossen. Michael Joukov-Schwelling will das ändern. Er schlägt vor, dass aus den Ausschlussgebieten Vorbehaltsgebiete werden. Dann wären auch dort neue Windräder möglich, allerdings nicht ausschließlich. In den Vorranggebieten, die aus Sicht von Fachleuten am besten geeignet sind, darf nichts gebaut werden, was Windkraft behindert.

    Der Ulmer Grünen-Landtagsabgeordnete hat sich mit einem entsprechenden Vorschlag an die baden-württembergische Ministerin Nicole Razavi (CDU) gewandt, die für Landesentwicklung zuständig ist. Sie solle mit der bayerischen Staatsregierung über eine entsprechende Änderung des Staatsvertrags verhandeln, die die Bedingungen für die Windenergie vorgibt. Den Regionalplan, der die Gegend in Vorrang-, Vorbehalts- und Ausschlussgebiete einteilt, zu ändern, sei zu aufwendig.

    Windkraft nach Aus für Atomkraftwerk Gundremmingen stärker im Fokus

    Das Aus für Atomkraftwerke wie Grundremmingen zum Jahreswechsel hat das Thema Energie noch stärker in den Fokus gerückt. Der Kellmünzer Bürgermeister Michael Obst (CSU) lobt den Vorstoß Joukov-Schwellings. Alles, was die Chancen für die Windkraft erhöhe, sei gut. "Das bringt auf jeden Fall etwas, wenn wir regionale Windparks wollen", meint Obst. Und wenn die Menschen ihre Handys und Elektroautos laden wollten, dann müsse der Strom eben irgendwo herkommen. Am besten von dort, wo die Bedingungen dafür gut seien. Wie in Kellmünz, wo ein solches Projekt anders als in Altenstadt und Osterberg nicht abgelehnt wurde.

    Seit 2014 versucht die Babenhauser Firma Vensol, in Obsts Gemeinde einen Windpark zu errichten, der Bürgermeister unterstützt diese Pläne. Bislang aber erfolglos, auch wenn es vor ziemlich genau einem Jahr wieder einen Fortschritt gab: Vensol und die Grundbesitzerin Bayerische Staatsforsten haben einen Standortsicherungsvertrag geschlossen. Der Grund in Kellmünz sei zwar ein Vorranggebiet, sagt Obst. Doch da stünden andere Hemmnisse im Weg. Im konkreten Fall eine Einflugschneise für Helikopter des Bundeswehrstandorts Laupheim. "Ich bin ein Freund der Bundeswehr", betont Obst, selbst Reserveoffizier. Doch man müsse Dinge gewichten. Dank moderner Technik habe die Luftfahrt andere Möglichkeiten als zu der Zeit, in der die Einflugschneise festgelegt wurde. Und Windräder seien für die Energiewende unverzichtbar. Obst spricht von einer Übergangstechnologie, er hofft auf andere Entwicklungen. Anders als große Kraftwerke könne man die Windanlagen einfach wieder abbauen. Nachfolgende Generationen würden nicht belastet.

    Firma Vensol will Windpark in Kellmünz bauen

    Auch der für den in Kellmünz geplanten Windpark zuständige Vensol-Projektentwickler Thomas Schultheiß findet Gefallen am Vorschlag des Ulmer Grünen. Das Beispiel Kellmünz zeige, dass Windkraft manchmal auch auf Vorranggebieten schlechte Chancen hat – in diesem Fall wegen der Bundeswehr, andernorts beispielsweise wegen Rotmilan-Horsten. Die Gefahr einer Kollision der streng geschützten Greifvögel mit den Rotorblättern kann den Bau von Windenergieanlagen verhindern oder besondere Betriebsauflagen erfordern.

    Wenn mehr Gebiete zur Verfügung stünden, könne leichter ein Ort gefunden werden, an dem es keine derartigen Hemmnisse gibt, meint Schultheiß. "Für einen Energiemix, der von Jahres- und Tageszeiten unabhängig ist, brauchen wir die Windkraft", betont der Projektentwickler. Bei Vensol hoffen sie auf die neue Bundesregierung. Sie könnte die militärischen Bestimmungen ändern und so den Bau neuer Windräder ermöglichen – nicht nur im Kreis Neu-Ulm, sondern in der ganzen Republik. Dass das Verteidigungsministerium in der Hand der SPD ist, steigert die Chancen aus Sicht des Vensol-Teams.

    10H-Regel erschwert Bau von Windkraftanlagen im Kreis Neu-Ulm

    Und dann ist da noch ein speziell bayerisches Problem: die 10H-Regel. Sie besagt, dass die Anlagen nur in zehnfacher Entfernung ihrer Höhe zu Wohnhäusern gebaut werden dürfen und war eigentlich als Mitsprache-Möglichkeit für Kommunen eingeführt worden. Obst und Schultheiß bezeichnen sie unisono als wohl größten Bremser der Windenergie. Ein Bremser, der bald Geschichte ist? Michael Obst meint: "Söders grünes Herz ist größer als man denkt." Thomas Schultheiß hofft einmal mehr auf die Ampel-Regierung – der Bundestag könnte die bayerische Regel nach Ansicht von Juristen kippen.

    Gerade hier stellen aber nicht nur Vorgaben des Bundes und des Freistaats Hürden dar, sondern auch unterschiedliche Unterlagen aus Bayern und Baden-Württemberg. Wind-Atlanten der beiden Bundesländer erweckten beispielsweise den Eindruck, Luftströme endeten an der Landesgrenze. In Illerkirchberg ist die Lage dem Anschein nach etwa völlig anders als in Ay. "Da kann man doch nur den Kopf schütteln", findet Michael Obst.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden