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Jahresrückblick 2021: Eine Maskenaffäre und ihre Folgen: So verlief das Wahl-Jahr im Kreis Neu-Ulm

Jahresrückblick 2021

Eine Maskenaffäre und ihre Folgen: So verlief das Wahl-Jahr im Kreis Neu-Ulm

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    Georg Nüßlein und die Maskenaffäre brachten die CSU in Bedrängnis.
    Georg Nüßlein und die Maskenaffäre brachten die CSU in Bedrängnis. Foto: Bernhard Weizenegger (Archivbild)

    Es war einer dieser schönen publikumswirksamen Termine, die Politiker gerne wahrnehmen: Das Oberschönegger Unternehmen Ehrmann wollte den Beschäftigten der Krumbacher Kreisklinik für deren Einsatz in Pandemiezeiten etwas Gutes tun und spendierte ihnen im Rahmen einer Feierstunde Gutscheine für einen Hotelaufenthalt. Der CSU-Landtagsabgeordnete Alfred Sauter lobte das Hotel am Tegernsee, in dem er schon gewesen sei, und Georg Nüßlein, Abgeordneter im Bundeswahlkreis Neu-Ulm, plauderte über Gesundheitspolitik. Es war im Februar für beide der wohl letzte hübsche Termin als Volksvertreter in der Region.

    Keine Woche später rückten Polizisten an und durchsuchten Nüßleins Büros, auch in Günzburg, sowie sein Haus in Münsterhausen. Er hatte Atemschutzmasken an Gesundheitsministerien in Bayern und im Bund vermittelt und dafür die Hand aufgehalten. 660.000 Euro sollte er über seine Firma Tectum zunächst dafür erhalten haben. 540.000 stehen ihm wohl noch zu. Wenig später kamen die Ermittler auch zu Alfred Sauter. Auch er hatte für die Vermittlung kassiert.

    Polit-Karriere von Nüßlein und Sauter ging schlagartig zu Ende

    Beide bestritten, dass dies etwas mit ihrer Abgeordnetentätigkeit zu tun habe. Dennoch war ihre Polit-Karriere schlagartig zu Ende. Nüßlein trat aus der CSU aus, Sauter lediglich aus der christsozialen Landtagsfraktion. Während der Günzburger Landtagsabgeordnete nach einer gewissen Schamfrist wieder bei offiziellen Terminen erschien – nicht unbedingt zur großen Freude seiner Parteifreunde –, ist Nüßlein seither abgetaucht. Die beiden haben der CSU einen ihrer größten Skandale beschert. Er geht als Maskenaffäre in die Geschichte ein.

    Im November entschied das Oberlandesgericht München – das im Frühjahr die Razzien bei den CSU-Männern genehmigt hatte – überraschend, was die beiden getan hatten, erfülle nicht den Tatbestand der Abgeordnetenbestechung. Allerdings ist die Angelegenheit bei Redaktionsschluss noch nicht endgültig entschieden. Der Bundesgerichtshof hat das allerletzte Wort. Selbst wenn die beiden Volksvertreter nach den derzeit geltenden Maßstäben „nicht in Wahrnehmung ihres Mandates“ und damit juristisch einwandfrei gehandelt hätten, so haben sie doch die Autorität ihres Amtes und ihre Kontakte genutzt. Sie bedienten sich einer Notlage, um offenbar frei von moralischen Skrupeln Kasse zu machen, sie sind also klassische Krisengewinnler. So sieht das auch die CSU, die seither ständig mit der Maskenaffäre in Zusammenhang gebracht wurde. Was viele Mitglieder empörte, waren auch die Summen, die für ein offenkundig unaufwendiges Vermittlungsgeschäft kassiert wurden.

    Im Bundeswahlkreis Neu-Ulm hatte die CSU zudem ein Problem

    Im Bundeswahlkreis hatte die Partei zudem das Problem: Kurz vor der Nominierung kam ihr der Direktkandidat abhanden, der stets gute Ergebnisse eingefahren hatte. Guter Rat war teuer, denn es drängte sich zunächst niemand so recht auf. Der Ball lag nun im Feld der Neu-Ulmer Landkreis-CSU, die nach allgemeinem Dafürhalten „dran“ war, einen Kandidaten zu stellen – und der sollte möglichst unbelastet sein. Sie zauberte überraschend den Attenhofer Biomüller Alexander Engelhard aus dem Hut, der seine Erfahrungen bisher im Kreistag und im Weißenhorner Stadtrat gesammelt hatte.

    Das gefiel nicht allen, und so setzte es nach der Nominierung Störfeuer aus dem Unterallgäu. Doch Engelhard erwies sich als die richtige Wahl. Mit seiner bodenständigen, ungekünstelten Art trotzte er den Widrigkeiten eines corona-gebremsten Wahlkampfes und überzeugte viele Wählerinnen und Wähler auch ohne große rhetorische Fähigkeiten. Er holte bei der Bundestagswahl aus dem Stand wieder das Direktmandat für die CSU. Er errang 37,2 Prozent der Erststimmen. Damit schnitt er deutlich besser ab als seine Partei, die nur 31,4 Prozent der Zweitstimmen im Wahlkreis schaffte.

    Die Wahl beendete übrigens die Polit-Karriere von Karl-Heinz Brunner (SPD). Er hatte sich Hoffnungen auf das Direktmandat gemacht, weil er auf der Landesliste seiner Partei nicht vertreten war. Er musste sich mit lediglich 16 Prozent der Erststimmen deutlich geschlagen geben. Er saß nur zwei Wahlperioden im Bundestag. Ekin Deligöz (Grüne) sitzt weiter fest im Sattel, sie wurde Parlamentarische Staatssekretärin im Familienministerium.

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