Warum sollten Dinge, die gut funktionieren, verändert werden? Vor allem, wenn das mit hohem Aufwand verbunden ist? Diese Frage stellt sich seit geraumer Zeit der Verein Region-S-Bahn Donau-Iller. Der Grund: Die Bahnsteige der Illertalbahn und der Zweiglinie nach Weißenhorn sind bisher 55 Zentimeter hoch, weshalb die Fahrgäste auch sehr bequem und ohne große Stufe in die Waggons einsteigen können. Doch die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) will es anders haben, sie möchte die Kante künftig 76 Zentimeter hochlegen. Landrätin Eva Treu (CSU) finde: „Das ist echt der Wahnsinn.“
Barrierefrei? Das klappt in der Region bisher gut
Höchst unglücklich über diese Frage ist Oliver Dummler, Geschäftsführer des Vereins Regio-S-Bahn Donau-Iller, denn er fragt sich, warum etwas verändert werden solle, das sich bewährt hat. Im Ausschuss für Mobilität, Digitalisierung und Kreisentwicklung machte er jetzt seinem Ärger Luft. Wenn in den vergangenen 20 Jahren Bahnsteige in der Region – sowohl auf bayerischer als auch auf württembergischer Seite – umgebaut oder erneuert wurden, erhielten sie die Standardhöhe von 55 Zentimetern. Zusammen mit den passenden Zügen, wie sie derzeit auf den Strecken verkehren, können also Fahrgäste problemlos und barrierefrei aus- und einsteigen.
Dummler würde das gerne beibehalten und sämtliche noch geplante neue Haltestellen auf der Illertalbahn – etwa in Gerlenhofen und im Raum Memmingen – auf diese Höhe bringen. Allerdings strebt die Bayerische Eisenbahngesellschaft, im Freistaat für den Schienenpersonennahverkehr zuständig, 76 Zentimeter an. Damit folgt sie der Linie der Deutschen Bahn, die langfristig bei Um- und Neubauten ebenfalls dieses Maß anpeilt. Sie hat sich vor geraumer Zeit auf ein entsprechendes Konzept festgelegt.
Der Wildwuchs bei de Bahnsteighöhen
Bisher herrscht im bundesweiten Schienenverkehr ein ziemlicher Wildwuchs. Es gibt Bahnsteige, die gerade mal 38 Zentimeter und weniger in der Höhe messen, und solche, die es auf einen runden Meter schaffen. Das gilt vornehmlich für S-Bahnen im städtischen Bereich. Allerdings dürfte sich die angestrebte „Harmonisierung“ noch eine Zeit lang hinziehen, denn die „technische Lebensdauer“ eines Bahnsteigs beträgt rund 100 Jahre. Vor allem im ländlichen Bereich des Freistaats, abseits der wichtigen großen Verbindungsstrecken, gelten die 55 Zentimeter als Regel, wie aus einer Grafik der BEG hervorgeht. Die verkehrsstarken Magistralen sollen alle mit 76-Zentimeter-Bahnsteigen ausgestattet werden. Andere Länder gehen einen anderen Weg als Deutschland, Österreich und die Schweiz streben nach den Worten von Dummler 55 Zentimeter an. Er spricht mit Blick auf die Situation in Deutschland von einer „zerstückelten Landschaft“.
Dummmler fürchtet nun: „Wenn wir nicht intervenieren, verlieren wir im Norden des Landkreises die barrierefreien Halte. Ich mache mir sehr große Sorgen.“ Seiner Ansicht nach werden vom Freistaat Fakten geschaffen, „und wir haben hier in der Region das Nachsehen.“ Es gefällt ihm nicht, „dass uns der Freistaat 76 Zentimeter aufzwingt.“ Man solle mittendrin nicht einfach wechseln. Beispielsweise sind die Haltestellen des Weißenhorners gerade mal zehn Jahre alt. Dummler meint, die Region müsse nun „dagegen halten“. Deshalb wurde bereits ein Gespräch mit Bayerns Minister für Wohnen, Bau und Verkehr, Christian Bernreiter, vereinbart. Doch er hat das Treffen dieser Tage kurzerhand abgesagt – was im Landkreis offenkundig für Verstimmung sorgte. Doch Dummler und die Landrätin hoffen, dass dieser Zug noch nicht abgefahren ist.
Die Kritik ist ja nicht seit gestern bekannt, sondern seit 7 Jahren fordert die Bahn eine Höhe von 760mm. Die EU hat 550 und 760mm als Standard definiert. In Bayern sind Stand 2017 14,7% der Bahnsteige 550mm hoch, 25% 760mm und knapp 50% 380mm oder weniger hoch. 760mm ist der Standard an allen großen Bahnhöfen (wegen IC/ICE). Eine einheitliche Höhe macht absolut Sinn und sollte landesweit auch so umgesetzt werden, damit IC/ICEs auch mal wo halten können, wo es jetzt noch nicht geplant ist und einheitliche Züge angeschafft und eingesetzt werden können. Bremen, Niedersachsen, NRW oder Schleswig-Holstein haben übrigens über 50% der Bahnsteige schon auf 760mm. Die beste Lösung wäre also neue Bahnsteige auf 760mm bauen und 550 mm einfach weiterbetreiben. 760mm Bahnsteige sind einfach viel komfortabler als 550mm, denn hier muss man entweder eine Stufe überwinden oder die Züge sind so gebaut, dass es im Türbereich ein Gefälle gibt (unangenehm).
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