Warum? Diese Frage stellen sich die meisten noch immer. Auf den Tag genau einen Monat ist die schreckliche Tat von Illerkirchberg jetzt her. Am Morgen des 5. Dezember 2022 werden auf dem Schulweg zwei Mädchen angegriffen. Die 14 Jahre alte Ece S. wurde dabei getötet, eine 13-Jährige schwer verletzt. An diesem Donnerstag, 5. Januar, wurde der mutmaßliche Täter, ein 27-jähriger Asylbewerber aus Eritrea, von den Ermittlern im Beisein einer Verteidigerin vernommen. Bislang hatte der Mann sich zu den Vorwürfen nicht geäußert.
Das meterlange Meer aus Kerzen, Blumen und persönlichen Botschaften ist am Tatort inzwischen kleiner geworden. Doch noch immer erinnern die roten und gelben Markierungen der Spurensicherung sowie etliche Kuscheltiere und Lichter an das grausame Verbrechen sowie den schmerzhaften Verlust eines jungen Mädchens, das an jenem Montagmorgen ihr Leben verlor. Es war gegen 7.30 Uhr, als die 14-Jährige zusammen mit einer 13-jährigen Freundin auf dem Weg von Zuhause zur Bushaltestelle war und von da aus in die Schule nach Wiblingen wollte. Jener 27-Jährige soll aus seiner Flüchtlingsunterkunft gekommen, auf sie mit einem Messer eingestochen haben und anschließend wieder in das Gebäude zurückgekehrt sein.
Tödliche Messerattacke in Illerkirchberg: Verdächtiger lebt seit 2015 in Deutschland
Aber warum? Das Motiv ist bislang unklar. Nach Angaben der Ermittler gibt es weiterhin keine Hinweise, dass sich die Opfer und der mutmaßliche Täter einander kannten. Dem Mann aus Eritrea, der sich seit März 2015 in Deutschland befindet, wird Mord und versuchter Mord vorgeworfen. Er kam mit schweren Verletzungen in ein Justizvollzugskrankenhaus. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er sich kurz nach der Messerattacke das Leben nehmen wollte. Ein anderer Geflüchteter aus der Unterkunft, der von der Polizei zunächst festgenommen und vernommen worden war, aber dann nicht mehr unter Verdacht stand, beging zwei Tage nach der Tat Suizid.
Mehrere Gedenk- und Trauerfeiern hatte es im Ort und in der Umgebung gegeben, unter anderem bei der alevitischen Gemeinde in Ulm, in der katholischen Kirche Sankt Sebastian in Illerkirchberg sowie am Tatort mit mehr als 1000 entzündeten Kerzen. Das Entsetzen und die Anteilnahme waren riesig. Zur Beerdigung kamen weit über 1000 Menschen. Doch der Mord wurde auch politisch instrumentalisiert. Am Tag der Beisetzung der Getöteten hisst die Identitäre Bewegung ein Banner vor dem Rathaus. Die Parteien AfD und Der Dritte Weg veranstalten Kundgebungen. Doch auch Innenminister Thomas Strobl (CDU) und der türkische Botschafter zeigen sich am Tatort.
Es wurden Vorwürfe laut, es habe zuvor schon Beschwerden über die Bewohner jener Flüchtlingsunterkunft gegeben. Entsprechende Aussagen ließen sich aber bislang nicht belegen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Grundschule, dem Kindergarten, der Gemeindeverwaltung sowie den Flüchtlingshelfern im Ort ist nichts dergleichen bekannt. Ein Anwohner, der direkt daneben wohnt, sagte unserer Redaktion am Tag danach, ohne ihn dazu gefragt zu haben: Er könne nichts Schlechtes über die Geflüchteten sagen. Nach einer Ruhestörung habe er die Personen angesprochen, und mehr sei nicht gewesen. Die Unterkunft ist mittlerweile geschlossen.
Mord in Illerkirchberg: Eces Eltern bitten um Frieden für die Familie und den Ort
Illerkirchberg kam nach der Attacke erst so wirklich zur Ruhe, als sich Eces Eltern zehn Tage danach in einem offenen Brief zur Tat und zum Verlust ihres Kindes äußerten. Sie baten um Frieden für die Familie und den Ort. Eindringlich waren vor allem diese Worte: "Lassen wir es nicht zu, dass das abscheuliche Verbrechen unsere Gesellschaft weiter spaltet." Und weiter: "Geben wir Hass, Hetze und Rassismus keinen Raum, ansonsten stirbt auch unser gemeinsames Miteinander." Auch in den dunkelsten Stunden komme es darauf an, Frieden zwischen allen Menschen und ihren Kulturen und Religionen zu suchen. Die Eltern der schwerverletzten 13-Jährigen schlossen sich diesen Aussagen ebenfalls an.
Dass an diesem Donnerstag bereits neue Erkenntnisse aus der Vernehmung des Verdächtigen bekannt gegeben werden, war bereits fraglich, als sie noch gar nicht stattgefunden hatte. Michael Bischofberger, Sprecher der Staatsanwaltschaft Ulm, gab zuvor schon zu bedenken, dass jene Aussage erst zu Protokoll genommen und verschriftlicht werden müsse. Hinzu komme, dass mögliche Angaben gegebenenfalls erst überprüft werden müssten, bevor sie der Öffentlichkeit mitgeteilt werden. So konnte Bischofberger auch am späten Donnerstagnachmittag noch keine neueren Informationen preisgeben. Er habe bislang keinen Kontakt zur zuständigen Sachbearbeiterin gehabt, die die Vernehmung im Gefängniskrankenhaus in Hohenasperg durchführt. Womöglich könnte es kommende Woche eine gemeinsame Mitteilung der Ermittlungsgebörden geben, um über den derzeitigen Kenntnisstand zu informieren.
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