Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Illerkirchberg/Ulm: Mord an Ece vor Gericht: Das sagen Verteidigerin und Nebenklage-Anwalt

Illerkirchberg/Ulm

Mord an Ece vor Gericht: Das sagen Verteidigerin und Nebenklage-Anwalt

    • |
    Die tödliche Messerattacke von Illerkirchberg kommt vor Gericht.
    Die tödliche Messerattacke von Illerkirchberg kommt vor Gericht. Foto: Bernd Weißbrod

    Sie waren an jenem Montagmorgen im vergangenen Dezember auf dem Weg zum Bus und wollten in die Schule. Der mutmaßliche Täter, ein 27-Jähriger aus Eritrea, ist wohl in dem Augenblick aus dem Haus gekommen, soll die beiden Mädchen noch kurz gegrüßt und dann in einem Überraschungsmoment zugestochen haben. Erst auf die 13-Jährige, die den Angriff überlebte. Dann auf die 14-jährige Ece, die später im Krankenhaus verstarb. Ab dem 2. Juni muss sich der Asylbewerber wegen Mordes und versuchten

    "Ich denke fast jeden Tag noch an sie", sagt Rechtsanwalt Süleyman Pozan. Er fahre oft am Tatort vorbei. Der 47-Jährige habe selbst zwei Kinder im beinahe selben Alter. "Ich bin selber schwer erschüttert", sagt er. Der gebürtige Ulmer kenne Eces Familie von früher. Sie beide hätten einen gemeinsamen Freund, der ihn als Anwalt empfohlen habe. Daraufhin habe er sich dazu bereiterklärt, den Fall zu übernehmen. Zwar sei ihm und auch der Familie das öffentliche Interesse bewusst. Was er im Namen der Eltern nach außen geben darf und soll, hätten sie intern noch nicht final geklärt.

    Mord in Illerkirchberg: Rechtsanwalt Süleyman Pozan vertritt die Nebenklage der Eltern von Ece

    Seit 19 Jahren schon arbeite er als Rechtsanwalt, früher auch vermehrt in Strafsachen. In der Rolle als Verteidiger habe er bereits Mord-Prozesse begleitet. So zum Beispiel den sogenannten "Stiller-Mord" in Ulm, als im Juli 2009 der Straßenbahn- und Busfahrer Gerhard Stiller kaltblütig ermordet wurde. Die Angeklagten Elmas A. und Murat E. wurden zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. Als Vertreter der Nebenklage habe er einen solchen Fall aber noch nicht gehabt. 

    Seine grundsätzliche Aufgabe dabei sei es, als Beobachter den Prozess zu begleiten und auch die rechtlichen Interessen der Opfer zu vertreten. Bei Gewaltopfern gehe es dabei oftmals um Schmerzensgeld oder Schadensersatz. In diesem Fall gehe es insbesondere darum, die Interessen der Eltern zu vertreten und zu verfolgen, ob verfahrenstechnisch vor Gericht alles in geordneten Bahnen läuft. Wenngleich er den Vorsitzenden Richter Wolfgang Tresenreiter als "sehr, sehr guten

    Asylbewerber aus Eritrea angeklagt: Das sagt seine Verteidigerin zum bevorstehenden Prozess

    Der 27-jährige Angeklagte wird rechtlich vertreten von der Ulmer Rechtsanwältin Corinna Nagel. "Mir ist wichtig, dass ein Prozess geführt wird, der sich mit der Tat befasst und nicht mit der Asylpolitik und nicht mit Parteiprogrammen", sagt die 39-Jährige. Das besondere Interesse der Allgemeinheit sei für sie zwar verständlich, jedoch gehe es darum, ihrem Mandanten einen "fairen instrumentalisiert". 

    Eine Woche nach der Tat habe sie die rechtliche Betreuung des angeklagten Asylbewerbers aus Eritrea als Pflichtverteidigerin übernommen. Die Tötung der 14 Jahre alten Ece habe er bei einer Vernehmung eingeräumt. An den zuerst erfolgten Angriff auf ihre 13-jährige Freundin aber könne er sich nicht erinnern. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, die Mädchen getötet zu haben, weil er fälschlicherweise davon ausging, sie hätten das Messer bei ihm gesehen, mit dem er beim Landratsamt einen Pass erzwingen wollte. 

    Angeklagter nicht mehr im Gefängniskrankenhaus: "Man muss auf ihn aufpassen"

    Nach dem Angriff soll der 27-Jährige offenbar versucht haben, sich das Leben zu nehmen. Wochenlang war er im Gefängniskrankenhaus in Hohenasperg untergebracht. Inzwischen aber sei keine stationäre Betreuung mehr notwendig und er wurde in eine andere Justizvollzugsanstalt gebracht. Ihm gehe es jedoch nicht gut. "Man muss auf ihn aufpassen", sagt die Verteidigerin. Dem Vernehmen nach könnte das aber auch daran liegen, dass andere Häftlinge mitbekommen haben, was ihm vorgeworfen wird. 

    Eine Entschuldigung ihres Mandanten bei den betroffenen Familien sei nicht erfolgt. "Es gibt Fälle, wo eine schriftliche Entschuldigung den Vorfall schlimmer macht. Das ist so ein Fall", sagt Nagel, die öfter schon bei Kapitaldelikten und anderen öffentlichkeitswirksamen Verbrechen Angeklagte betreute. 

    So zum Beispiel beim Metzgerei-Mord von Donzdorf (Kreis Göppingen), als eine junge Mutter von ihrem Ex-Partner niedergestochen wird und die drei kleinen gemeinsamen Kinder zusehen müssen. Ein damals 37-Jähriger wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Oder auch beim Schweineskandal von Merklingen, wo ein Landwirt in erster Instanz wegen zigfacher Tierquälerei zur Höchststrafe, einer dreijährigen Freiheitsstrafe, verurteilt wurde. Die Strafe in zweiter Instanz, nach Berufung durch die Staatsanwaltschaft, auf zwei Jahre auf Bewährung sowie eine Geldbuße von 20.000 Euro abgemildert wurde. 

    Von der Tragweite her sei der Fall Illerkirchberg aber ihr bislang "größter Fall". Aus Interesse verfolgte sie daher auch die Verhandlung am Dienstag gegen den Afghanen, der nach der Halloween-Vergewaltigung von 2019 wegen Verstößen gegen Auflagen verurteilt wurde. Der tue ihr "bisschen leid", sagt sie. Er bekomme viel ab, was er nicht abbekommen hätte, wäre die Messerattacke nicht passiert. Wie sie ihren Prozess gestalten möchte, lässt sie offen. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden