Die Mutter der getöteten 14-jährigen Ece S. muss gestützt werden, um den bis auf den letzten Stehplatz gefüllten Saal im Kulturzentrum der Alevitischen Gemeinde in Ulm betreten zu können. Als sie Freunde und Bekannte sieht, bricht sie laut in Tränen aus. Die Trauerfeier mit mehreren hundert Menschen verdeutlicht einmal mehr, welch grenzenlosen Schmerz die Tat in der Familie, bei Freunden und Bekannten ausgelöst hat.
Unter den Trauernden ist auch Ekin Deligöz. Die Bundestagsabgeordnete der Grünen kennt die Familie seit Jahren. Der Großvater der Toten war einst Gemüsehändler in Senden. "Mit ihrem Vater habe ich im Spielplatz gestanden." Ihre Mutter kenne sie aus der Hausaufgabenbetreuung. "Es ist ein Kind von uns gegangen", sagt Deligöz. Am Abend nach der Tat sowie auch am Dienstagabend wird Deligöz bei der Familie sein. "Die erleiden gerade so viel Schmerz, dass sie überhaupt nichts wahrnehmen."
Zur politischen Debatte will sich die Politikerin nicht direkt äußern. Sie hält es für "schwierig", das "auf dem Rücken des Kindes" zu tun. Das Leid und die Verzweiflung stünden im Vordergrund. Aber natürlich würde auch sie sich die Frage nach dem Warum stellen. Der Schulweg müsse der sicherste Ort der Welt sein. "Wenn wir uns darauf nicht mehr verlassen können - wie schlimm ist das denn?" Es gebe für eine Mutter nichts Schlimmeres. "Auch diese Mutter hat diesem Kind noch hinterher gewunken". Deligöz vertraue auf den Rechtsstaat. "Wir dürfen uns nicht von Hass leiten lassen."
Anteilnahme und Trauer um ermordete 14-Jährige aus Illerkirchberg bei Ulm ist groß
Zuvor hatten sich Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU), der türkische Botschafter Ahmet Basar Sen und Illerkirchbergs Bürgermeister Markus Häußler (parteilos) am Tatort in Illerkirchberg getroffen. Begleitet von einem großen Polizeiaufgebot legte Strobl weiße Rosen ab. Nach einer Gedenkminute für das Opfer und ihre verletzte Freundin sagte der Innenminister: "Diese Gewalttat ist ein schlimmer Schicksalsschlag für Illerkirchberg und die gesamte Dorfgemeinschaft. Das Leben eines unschuldigen Kindes wurde auf sinnlose Art und Weise brutal ausgelöscht."
Die Hintergründe der Tat sind weiter unklar. Verdächtigt wird ein 27-jähriger Asylbewerber aus Eritrea. "Wir haben keinerlei Erkenntnisse auf eine politische oder religiöse Motivation", so Strobl. Er versicherte, man werde die Straftat "rückstandlos" aufklären. Einen Zusammenhang zu den Vorfällen in der Halloween-Nacht 2019 gebe es derzeit nicht.
Innenminister Strobl nach Messerangriff: "Keinerlei Erkenntnisse auf eine politische oder religiöse Motivation"
Der aus Berlin angereiste türkische Botschafter Ahmet Basar Sen besuchte mit Minister Strobl auch die Familie des getöteten Mädchens und sprach dieser seine Anteilnahme aus. "Die türkische Gemeinde in Deutschland ist geschockt", sagte er.
Der Botschafter kam auch mit einer Anwohnerin ins Gespräch, die 400 Meter vom Tatort in der Bucher Straße wohnt. Er versicherte der weinenden Frau, dass die Tat konsequent weiterverfolgt werde. Sie beklagte, es sei schlecht, dass die Einrichtung zwischen Kindergarten und Schule liege. Auch andere Anwohner seien dieser Meinung, sagt sie: "Die Einrichtung sollte geschlossen werden." Ein anderer Anwohner, der direkt neben dem Tatort wohnt, erzählte hingegen, er könne nichts Schlechtes über die Asylbewerber sagen. Nur einmal sei es laut gewesen. Nachdem er sich mit einem von ihnen unterhalten hatte, sei Ruhe eingekehrt.
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