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Illerkirchberg: Neonazis und Antifa in Illerkirchberg: Anwohner sehnen sich nach Ruhe

Illerkirchberg

Neonazis und Antifa in Illerkirchberg: Anwohner sehnen sich nach Ruhe

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    Etwa 120 linke Gegendemonstranten stellten sich den Mitgliedern des "Dritten Wegs" in Illerkirchberg entgegen.
    Etwa 120 linke Gegendemonstranten stellten sich den Mitgliedern des "Dritten Wegs" in Illerkirchberg entgegen. Foto: Alexander Kaya

    Ihre Enttäuschung konnten die Jusos am darauffolgenden Tag kaum verbergen. "Wir wollten groß mobilisieren, letztlich waren wir 20 bis 30 Personen. Schade, dass nur wenige Menschen da waren", sagte Noah Fröhle, Kreisvorsitzender der Jungsozialisten im Alb-Donau-Kreis auf Nachfrage unserer Redaktion. Zusammen mit ihrem Ulmer Pendant hatte der SPD-Nachwuchs für den Montagabend zu einer stillen Mahnwache in Illerkirchberg aufgerufen, um der in der vergangenen Woche getöteten Ece S. zu gedenken und den Angehörigen ihre Anteilnahme auszusprechen. Vorab teilten die Organisatoren mit, dass dies eine überparteiliche Veranstaltung sein soll. Trotzdem sollte auch ein Zeichen gegen rechte Stimmungsmache ausgehen – denn zur gleichen Zeit versammelten sich Rechtsextremisten in der Gemeinde.

    Bereits am Samstagabend hatte die AfD in Illerkirchberg demonstriert, zwei Tage später kam rund ein Dutzend Mitglieder der rechtsextremen Kleinpartei "Der Dritte Weg" vor dem örtlichen Rathaus zusammen. "Nicht, um zu trauern", wie einer der Redner grölte, "sondern, um anzuklagen." Weit hinaus trugen sich die Botschaften der Rechtsextremisten nicht, auf der anderen Straßenseite versammelten sich rund 120 linke Gegendemonstrantinnen und -demonstranten. Das autonome Ulmer "Kollektiv 26" hatte zum Protest aufgerufen. "Wir sind hier, weil etwas Schreckliches passiert ist", rief eine der Rednerinnen in die Runde. "Und nun versuchen Rechte auf ekelhafte Weise die Tat zu vereinnahmen. Wir wollen verhindern, dass Hass und Hetze um sich greift."

    Andreas Wündisch ist an diesem Abend mit einer Kerze in die Nähe des Rathauses gekommen. Er wolle damit an Ece S. erinnern, sagt er. Wündisch ist evangelischer Pfarrer im Ort und spricht als einer der wenigen Unbeteiligten offen über seine Sicht auf die Versammlungen. "Ich finde es schlimm, was die Rechtsextremen hier machen", betont er. Er fügt aber auch hinzu: "Ich möchte auf beiden Seiten nicht stehen." Eine Frau, die aus Angst anonym bleiben will, unterstreicht Wündischs Aussage. "Ich möchte mich zeigen, aber politisch nicht vereinnahmen lassen. Ich habe Probleme mit beiden Extremen."

    Die Demonstrierenden des Dritten Wegs kommen von weit her nach Illerkirchberg

    Zeitgleich beschallen Mitglieder des Dritten Wegs Illerkirchberg mit Liedern rechter Rockergruppen und halten Plakate mit ausländerfeindlichen Parolen in die Höhe. Später wird ein Redner seinen "lieben Landsleuten" Gespräche über die "unhaltbaren Zustände dieses Systems" offerieren – doch keiner der Umstehenden wird darauf eingehen. Unterbrochen wird der Redner immer wieder durch Rufe von der anderen Straßenseite: "Nazis raus" und "Hoch die internationale Solidarität".

    Auffällig ist die große Anzahl ortsfremder Kennzeichen: Bis aus der Schweiz, München und Reutlingen sind rechtsextreme Demonstranten angereist. Auf linker Seite finden sich vor allem Ulmerinnen und Ulmer. Und abseits stehen die Menschen aus Illerkirchberg, die sich wünschen, dass endlich wieder Ruhe in ihre Gemeinde einkehrt.

    Viele Menschen aus Illerkirchberg und Umgebung haben Angst

    Auskunftsfreudig gegenüber unserer Redaktion zeigten sich beide Seiten nicht. Auch die Menschen aus der Gegend wollten aus Angst anonym bleiben. Eine Frau war aus einer Nachbargemeinde hergekommen. Sie ärgere sich, dass die Rechten so viel Aufmerksamkeit bekämen. "Wichtig wäre, dass in Illerkirchberg wieder Ruhe einkehrt", sagte sie. Auch Fröhle hofft, dass es bald wieder aufhört "mit den rechten Umtrieben" im Ort. Von den linksautonomen Gegendemonstranten und -demonstrantinnen wollte er sich nicht distanzieren. Es sei grundsätzlich zu begrüßen, dass es einen Gegenprotest gegeben habe, sagte er. Am liebsten wäre ihm jedoch ein stilles Gedenken gewesen, wie es die Jusos am Tatort gemacht haben.

    Alle Artikel zum tödlichen Angriff in Illerkirchberg finden Sie hier.

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