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Illerkirchberg: Illerkirchberger begrüßen Abschiebe-Ansage von Scholz

Illerkirchberg

Illerkirchberger begrüßen Abschiebe-Ansage von Scholz

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    Der wegen einer Vergewaltigung einer 14-Jährigen verurteilte Afghane lebt offenbar weiterhin in Illerkirchberg. Er wurde bislang nicht abgeschoben.
    Der wegen einer Vergewaltigung einer 14-Jährigen verurteilte Afghane lebt offenbar weiterhin in Illerkirchberg. Er wurde bislang nicht abgeschoben. Foto: Christoph Schmidt, dpa (Archivbild)

    Ob dieses Mal Taten folgen? Nach der tödlichen Messerattacke auf einen Polizisten in Mannheim hat Bundeskanzler Olaf Scholz eine klare Ansage gemacht: Die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien soll wieder möglich werden. "Solche Straftäter gehören abgeschoben", sagte er. Eine ähnlich deutliche Ansage machte der SPD-Politiker bereits im vergangenen Oktober: "Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben." Dass sich binnen dieser acht Monate aber nichts getan hat, wissen Menschen aus Illerkirchberg genau. In der Gemeinde im Alb-Donau-Kreis (Baden-Württemberg) wartet der Bürgermeister noch immer auf die Vergewaltigung einer 14-Jährigen in der Halloween-Nacht 2019 verurteilt worden. Nach seiner Haft wurde er aber nicht in sein Heimatland Afghanistan abgeschoben. Der Mann kehrte vielmehr in den Ort zurück, wo die Tat passierte und wo er offenbar noch immer lebt.

    Zwei Jahre und zwei Monate hat Mohtajar N. damals bekommen. Bis Ende März 2022 befand sich der Afghane in Haft. Zunächst in Strafhaft, anschließend für drei Monate in Abschiebehaft. Doch die Rückführung in das von den Taliban regierte Land erfolgte nicht. Auch dann nicht, als im Dezember 2022 - ebenfalls in Illerkirchberg - die 14-jährige Ece von einem Asylbewerber aus Eritrea bei einem brutalen Messerangriff auf dem Weg zur Schule getötet und ihre 13-jährige Freundin schwer verletzt wurde. Als kurz nach dieser brutalen Tat bekannt wurde, dass Mohtajar N. wieder im Ort ist, war das Entsetzen in der Gemeinde nahe der Grenze zu Bayern riesig. "Blamabel", nannte das der parteilose Bürgermeister Markus Häußler.

    Straftäter-Abschiebung nach Afghanistan? "Hoffen, dass jetzt auch tatsächlich Taten folgen"

    Nach Scholz' Aussage im Oktober hatte auch er sich persönlich ans Bundesinnenministerium gewandt. Vom Staatssekretär aber sei eine Absage gekommen: Man könne nach Afghanistan weiter nicht abschieben. "Das war sehr ernüchternd für uns", sagt Häußler. Und nun? Häußler begrüßt die Aussagen von Bundeskanzler Scholz "ausdrücklich". "Wir hoffen, dass jetzt auch tatsächlich Taten folgen." Und was, wenn nicht - so wie beim letzten Mal? "Uns bleibt nichts anderes übrig, als darauf zu vertrauen, dass etwas passiert." Häußler hofft, dass es nicht bei einer "Worthülse" bleibt. Ansonsten werde abermals Vertrauen in die Politik verspielt. Doch wie soll das funktionieren? Über eine Zusammenarbeit mit einer Terrororganisation? "Ich schreibe niemandem vor, wie er das konkrete Problem lösen soll. Es gibt auch andere Lösungswege. Aber zu sagen: 'Es geht nicht, wir machen nichts', das ist die schlechteste der Alternativen."

    Das baden-württembergische Justizministerium hat der Bürgermeister längst auf seiner Seite. Seit 2021 setzt sich das Ministerium nach eigenen Angaben für Abschiebungen nach Afghanistan ein. "Mit der Bundesinnenministerin haben wir hart darum gerungen, schwere Straftäter und Gefährder nach Afghanistan abschieben zu können. Mehrfach haben wir leider eine Absage bekommen", so Justizministerin Marion Gentges gegenüber unserer Redaktion. Der Sonderstab Gefährliche Ausländer bearbeite derzeit Fälle von 41 afghanischen und vier syrischen Staatsangehörigen. Diese seien vollziehbar ausreisepflichtig. Aufgrund der erforderlichen, aber fehlenden Mitwirkung des Bundes könnten diese derzeit nicht abgeschoben werden. "Immerhin jetzt kommen erste Signale vom Bundeskanzler in dieser Frage, die in die richtige Richtung gehen", so die CDU-Politikerin Gentges: "Jetzt gilt es!"

    Abschiebungen nach Afghanistan? "Nur ein Wunsch des Kanzlers ohne konkrete Perspektiven"

    Christoph Käss ist der Rechtsanwalt von Mohtajar N. und koopertiert mit dem Ulmer Flüchtlingsrat. Die aktuelle Debatte findet er "unsinnig": "Das ist nur ein Wunsch des Kanzlers ohne konkrete Perspektiven", sagt Käss. Der "Mörder von Mannheim" sei bis zur Tat ein "unbeschriebenes Blatt" gewesen und hätte nicht abgeschoben werden können, auch die kommenden Jahre werde das bei ihm nicht relevant sein. Schließlich müsse er erst einmal seine Strafe absitzen - vermutlich lebenslänglich. "Es will ja wohl keiner, dass Mörder sofort abgeschoben werden ohne Strafverbüßung?", fragt der Anwalt. Und sein Mandant aus Illerkirchberg? Der werde "immer noch gemobbt und schikaniert und legt keinen Wert darauf, immer und immer in der Öffentlichkeit als Gewaltverbrecher angeprangert zu werden". Käss nennt den medialen Umgang eine "Hetzjagd" und spricht von "Rassismus". Mohtajar N. wolle nicht zurück in sein Heimatland, auch nicht für Geld, das ihm seitens der Behörden für eine freiwillige Rückkehr angeboten worden sei. In Afghanistan drohe ihm quasi der Tod. Vielmehr wolle er in Deutschland arbeiten.

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