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Tödlicher Angriff in Illerkirchberg: Gemeinde reagiert mit Entsetzen

Illerkirchberg

Der Morgen nach der tödlichen Attacke: Entsetzen und Trauer am Schulweg

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    Die Polizei war die ganze Nacht vor Ort in Illerkirchberg. Zahlreiche Kerzen, Blumen und Botschaften wurden vor Ort niedergelegt.
    Die Polizei war die ganze Nacht vor Ort in Illerkirchberg. Zahlreiche Kerzen, Blumen und Botschaften wurden vor Ort niedergelegt. Foto: Michael Kroha

    Am Morgen danach herrscht dichter Nebel. Es ist kalt. Eigentlich ein normaler Dezembermorgen im Ulmer Umland. Doch an diesem Morgen des Nikolaustages ist alles anders. Der Weg zur Schule oder in den Kindergarten ist nicht mehr so, wie er einmal war. Mit ihren Kindern an der Hand ziehen Eltern vorbei an zahlreichen Kerzen, Blumen und letzten Botschaften. Sie halten inne, lesen, weinen und legen selbst etwas nieder. 24 Stunden zuvor war es in der Stichstraße im ansonsten beschaulichen Örtchen Illerkirchberg im Alb-Donau-Kreis zu einer schrecklichen Attacke auf zwei Mädchen gekommen. Sie waren auf dem Weg zur Bushaltestelle und in die Schule. Eine 13-Jährige wurde schwer verletzt, eine 14-Jährige starb im Krankenhaus. Das Entsetzen und die Trauer sind enorm.

    "Weißt du noch, als ich dir dieses Bild gemalt habe ... Leider bin ich nie dazu gekommen, es dir persönlich zu geben, aber jetzt wird es leider sowieso nicht mehr dazu kommen", steht auf einem Blatt Papier in Klarsichtfolie am Tatort. Darauf ist ein Auto, gezeichnet mit rosa Fensterscheiben und rosa Herzchen. "Ich werde dich sehr vermissen und auch im zukünftigen Leben noch an dich denken", heißt es weiter. Es ist eine letzte Botschaft an das getötete Mädchen, das am Montag wie alle anderen auch eigentlich nur in die Schule wollte. Doch sie kam nie an. Ihre 13-jährige Freundin kam schwer verletzt ins Krankenhaus.

    Vater bringt Sohn am Morgen nach der tödlichen Attacke zur Bushaltestelle in Illerkirchberg

    Gegen 7.30 Uhr an diesem Dienstag bringt auch ein 45-Jähriger aus Senden seinen Sohn mit dem Fahrrad zur Bushaltestelle in Illerkirchberg. "Normal machen wir das nicht. Nur heute", sagt er. Eine Kerze und Blumen legen sie am Tatort ab, bevor der Zwölfjährige in Richtung Bus geht. Sein Rad steht jeden Tag dort. Am Montagmorgen wäre er eigentlich auch durch die Stichstraße geradelt. Weil aber die Schule eine Sammelaktion für einen Tafelladen organisierte, begann der Unterricht erst eine Stunde später. Glück im Unglück, meint der Vater. Er berichtet, dass er viele Eltern kenne, die nun ihre Kinder lieber mit dem Auto in die Schule bringen, anstatt sie mit dem Bus fahren zu lassen. "Aber was soll das", sagt er. "Das wird hier nie mehr passieren." 

    Auch zahlreiche Mütter bringen an diesem Morgen ihre Kinder in den katholischen Kindergarten St. Franziskus nebenan. Sprechen wollen aber nur die wenigsten darüber. "Schlimm", sagt eine. Mit ihrem Jungen habe sie zwar schon darüber gesprochen, aber nicht über alles. Ihr ist das Gespräch sichtlich unangenehm, sie läuft schnell weiter. Eine andere Mütter stellt unter Tränen eine Kerze ab. Sie habe die betroffenen Familien gekannt. Mit der Familie der schwer verletzten 13-Jährige sei sie befreundet. Es sei schlimm. Mehr will sie nicht sagen. Ein Mann, der mit einem Hund den Weg passiert, will mit der Presse ebenfalls nicht sprechen. "Das ist zu traurig", sagt er.

    Anwohner direkt neben Flüchtlingsheim "kann nichts Schlechtes" über Asylbewerber sagen

    Anders ein Anwohner, der unmittelbar neben dem Tatort und das schon seit 40 Jahren wohnt. Auch er geht mit seinem Hund Gassi – wie eigentlich jeden Morgen. Den Vorfall am Montag habe er gar nicht wirklich mitbekommen, erzählt er. Nur als plötzlich viel Blaulicht von Polizei und Rettungsdienst zu sehen war, wollte er kurz nach draußen gucken. Da habe einer vom Spezialeinsatzkommando in seinem Garten gestanden und ihn wieder nach drinnen geschickt. 

    Die betroffenen Familien kenne er nicht, die Mädchen vielleicht vom Sehen. Schließlich wären sie täglich an seinem Haus vorbei. Ohne danach zu fragen, sagt er: "Über die Asylbewerber kann ich nichts Schlechtes sagen." Es sei einmal nachts laut gewesen wegen einer Feier. Da habe er sich einen der Bewohner geschnappt und gesagt, dass das so nicht geht. "Dann war auch gut." 

    Fernsehteam berichtet seit 5 Uhr live vom Tatort in Illerkirchberg

    Die Polizei war, nachdem die Spurensicherung ihre Arbeit am Tatort beendet hatte, die ganze Nacht über vor Ort mit mehreren Streifen. Ein Kastenwagen vor der Asylunterkunft, zwei an den Einfahrten zur Stichstraße. Immer wieder fahren Polizeiautos durch die Straßen. Der Anwohner mit dem Hund wollte ihnen nachts Kaffee herausbringen, die Beamten hätten aber keinen Bedarf gehabt. Viele Schulkinder sollen an diesem Morgen den Weg nicht genutzt haben.

    Stattdessen sind mehrere Medienvertreter vor Ort. Fotografen, Zeitungsjournalisten und Fernsehteams. Eines bereits seit dem frühen Morgen ab 5 Uhr, um mehrere Liveberichte im TV zu sehen. Bundesweit ist er zum Thema geworden. "Was ist da?", fragt ein kleiner Junge mit freudiger Stimme. Mit seinem Vater läuft er in Richtung Kindergarten. Der Vorfall wird die Menschen noch lange beschäftigen.

    Alle Artikel zum tödlichen Angriff in Illerkirchberg finden Sie hier.

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