Mit 668 Jahren ist die Schranne das älteste, im Kern erhaltene Gebäude in Weißenhorn. Einzigartig ist der Umstand, dass an dem Baudenkmal seit 200 Jahren kaum Änderungen vorgenommen wurden. Nur selten wird der Zutritt zum oberen Stockwerk ermöglicht. Aber gerade dort befinden sich besonders geschichtsträchtige Ecken. Am vergangenen Samstag konnten Besucher bei einer Führung durch den ehemaligen Stadtbaumeister von Weißenhorn, Burkhard Günther, Zugang erhalten.
Die Einladung des Ortsvereins der SPD nahmen rund 50 interessierte Besucher an. Zunächst erhielten sie durch Günther eine Vorstellung der wechselhaften Geschichte der Schranne in Form eines ausführlichen Vortrags: Im süddeutschen Raum wurde die Bezeichnung „Schranne“ meist für einen Getreide- oder Lebensmittelmarkt verwendet. Die erste urkundliche Erwähnung wird auf das Jahr 1160 datiert. Den eigentlichen Baubeginn, etwa 1356/57, kann man recht genau bestimmen, da man über Holzproben und Jahresringe die verwendeten Materialien einordnen kann. Kurz nach Baubeginn gewährte der Herzog Stephan von Bayern der Stadt Zollfreiheit für Nahrungsmittel, Getränke und Vieh auf dem Markt.
Die Schranne diente über Jahrhunderte als Verkaufsfläche in Weißenhorn
Allerdings war die Verkaufsfläche zunächst eine zugige Angelegenheit, denn das Erdgeschoss hatte keine Wände. Es bestand gewissermaßen aus „Stelzen“, die das Obergeschoss hielten. Dies genügte etwa 130 Jahre als Verkaufsfläche für die Händler, ab 1584 nahm die Schranne durch eine Reihe von Umbaumaßnahmen Gestalt an: Das Erdgeschoss erhielt Wände, oben wurde der Bürgersaal ausgebaut, ein Arbeitszimmer für den Stadtschreiber eingerichtet und die Ratsstube verschönert. Lagerraum für Getreide bot das Dachgeschoss.
Mitte des 19. Jahrhunderts begannen die Planungen für einen Rathausneubau, der am Schrannenplatz entstehen sollte. Durch den Einsturz der Stadtpfarrkirche 1859 wurden die Vorhaben allerdings nicht weiter verfolgt. Auch spätere Entwürfe und Konzepte erreichten nie das Stadium der Umsetzung, sodass – abgesehen von Instandsetzungen oder Arbeiten an der Fassade – der jahrhundertealte Zustand bis heute erhalten blieb.
Es ist unklar, was mit der 668 Jahre alten Schranne passieren soll
Nach dem Vortrag konnten die Besucher das obere Stockwerk selbst in Augenschein nehmen. Vorbei an dem „Steuerstüble“, das Arbeitszimmer für den Stadtschreiber, ging es in die Ratsstube. Vertäfelungen und Bänke an den Wänden erweckten die Erinnerungen an Zeiten, in denen altehrwürdige Räte in entsprechender Kleidung die Geschicke der Stadt lenkten. Die große Ofennische weist Inschriften auf, die bisher nicht entziffert wurden. Auch eine Arreststube konnten die Teilnehmer in Augenschein nehmen, die für kleinere Vergehen gedacht war. Wenn man etwa alkoholisiert an der Fronleichnamsprozession teilnahm, konnte es zu einem entsprechenden Aufenthalt kommen.
Der Vortrag von Burkhard Günther trug die Überschrift „Quo vadis Schranne?“ Die Frage der künftigen Nutzungsmöglichkeiten der Schranne ist nicht einfach zu beantworten, meinte der Redner. Die Ergänzungen der Voruntersuchungen seien unabdingbar, wolle man der Schranne gerecht werden. Man dürfe das Gebäude nicht einfach einem vorgefertigten Konzept anpassen. „Das Gebäude muss uns sagen, was es mit sich machen lässt!“, schloss Günther seine Überlegungen.
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