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Herrlingen: Herrliche Sommerkomödie: „Ein Tisch für Zwei“ feierte Premiere in der Theaterei

Herrlingen

Herrliche Sommerkomödie: „Ein Tisch für Zwei“ feierte Premiere in der Theaterei

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    Ulf Deutscher und Ursula Berlinghoff treten als extrem wandlungsfähiges Duo in der Sommerkomödie „Ein Tisch für Zwei“ auf.
    Ulf Deutscher und Ursula Berlinghoff treten als extrem wandlungsfähiges Duo in der Sommerkomödie „Ein Tisch für Zwei“ auf. Foto: Florian L. Arnold

    Mit „Ein Tisch für Zwei“ hat sich Theaterdirektorin und Regisseurin Edith Erhardt endlich aus der Deckung getraut. Nachdem sie seit vielen Jahren erfolgreich in der von Wolfgang Schukraft übernommenen „Theaterei Herrlingen“ Bücher in Theaterstücke umgeformt hat, bringt sie nun mit „Ein Tisch für Zwei“ das erste Stück aus eigener Feder auf die Bühne. Mehr noch: Auch die Songs zu diesem gutgelaunten Sommerstück – das bei guten Bedingungen im Hof der Theaterei statt findet – sind von Edith Erhardt geschrieben. Stück und Lieder machen im besten Sinne Lust auf Sommer – und auf das Zwischenmenschliche, das uns die Pandemie verleidet hat.

    Zwei Schauspieler, 17 Rollen, 1 Stück

    Zwei wandlungsfähige Darsteller, Ursula Berlinghoff und Ulf Deutscher, schlüpfen in insgesamt 17 Rollen. Zentrum der Handlung ist das „Café Niedlich“ mit der tatkräftigen Wirtin und einem tiefenentspannten Kellner. Hier ist alles ein wenig wie Vorgestern. Es geht ruhig und gemächlich zu, aus dem Radio dröhnen keine Plastiklieder und für jeden Gast gibt es die richtige Sorte Kaffee, mit Sahnehäubchen oder ohne, schwarz oder mit Zucker. Es scheint fast, als ließe sich an der Art des Getränks etwas von der Persönlichkeit dieser Gäste ablesen.

    Gleich zu Beginn des Stücks stolpert Maria ins Café, telefonierend. Ihre Reisegruppe hat sie auf dem Parkplatz vergessen, für ihren Mann in erste Linie ein Ärgernis. Mitgefühl und Empathie: Fehlanzeige. So sitzt Maria dann mit leerem Akku im Café. „Raus, raus, raus, ich brauche Luft zum Atmen“, singt Ursula Berlinghoff und geht ab, um sogleich wieder auf die Bühne zu kommen – als resoluter Berliner Bauarbeiter im grell orangefarbenen Überzieher, der seinem Kumpel zuraunt: „Ran an die Buletten!“ Denn dieser ist schwer in die Café-Betreiberin verschossen, findet aber nicht die richtigen Worte, um sich ihr zu offenbaren. Was tun? Er testet eine Handvoll Anmachsprüche. Nichts taugt. Endlich fasst er sich ein Herz – und alle dummen Sprüche purzeln kunterbunt durcheinander aus seinem Mund. Macht aber nichts – die Herzdame hat es auch so verstanden.

    Der bunte Reigen unterschiedlichster Figuren hält den Handlungsfaden stets in Spannung. Da ist das mondäne Paar, er ein gestresster, überpedantischer Geschäftsmann, sie gestylt und genervt – von ihm. Denn er schlürft seinen Kaffee. Was folgt, ist eine Loriot-reife Szene. Das Schlürfen entwickelt sich zum Ehekrach, denn wer schlürft, schnarcht auch. Schließlich lässt sie die Bombe platzen: „Ich habe soeben beschlossen, dass Du ab sofort im Gästezimmer schläfst!“. Da ist der sonst nicht maulfaule Egomane platt. Und ihr bleibt ein melancholisches Lied zu singen: „Wo ist nur alles hin? / Ich weiß nur, das ist nicht mein Leben“.

    Grandios gespieltes Speed-Dating

    Höhepunkt des Abends ist das Speed-Dating im Cafe, Titel „Spätzle-Suche“. Da tauchen sie dann alle nochmal auf, die vielen (noch) einsamen Herzen, die Anschluss suchen, der Berliner Bauarbeiter trifft auf die Rockerbraut und die gestrandete Maria auf einen testosterongefüllten Labersack. Hinreissend die Szene, in der sich zwei verkrampfte Akademiker einander annähern. Sie wollen alles kontrollieren – bis die Gefühle die Regie übernehmen. Nicht minder gelungen auch die von Ursula Berlinghoff und Ulf Deutscher wechselweise gespielte „Influencerin“, die im Grunde nur über Nudeln sprechen kann und abseits ihres Handybildschirms hoffnungslos von der Realität überrollt wird.

    Dieses Speed-Dating ist eine furiose schauspielerische Leistung. Beinah im Minutentakt müssen Belringhoff und Deutscher Kostüme, Mundart und Figur tauschen, und immer sitzen Timing, Pointendichte und Ausdruck perfekt. Das Ende des Abends – perfekt. Eine schöne, mit melancholischen Tönen sanft unterlegte Sommerstimmung, die Zeit steht still, ein letztes Lied über den „hohen und hellen Sommer“ macht Lust auf Reisen und Sichverlieben.

    Dieser heitere Abend in der Theaterei Herrlingen hat alles, was man sich von einer Sommerkomödie wünscht: großartige Darsteller, herzenswarme Figuren und Pointen sowie eine Musik, die einem so schnell nicht mehr aus dem Ohr geht. Diese stammt aus der Feder der Kölner Komponistin Julia Klomfass (Band „Toi et moi“). Dieses höchst liebenswerte Typenkarussell hat das Zeug zum Dauerbrenner!

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