Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Neu-Ulm-Gerlenhofen: Zornige Spontandemo am Bahnübergang: Plötzlich provoziert ein Zugführer

Neu-Ulm-Gerlenhofen

Zornige Spontandemo am Bahnübergang: Plötzlich provoziert ein Zugführer

    • |
    Zornige Anwohner
Überraschend viele Menschen kamen am Dienstagabend zu einer SPD-Veranstaltung am Bahnübergang Gerlenhofen - und fühlten sich von einem Zugführer provoziert.
    Zornige Anwohner Überraschend viele Menschen kamen am Dienstagabend zu einer SPD-Veranstaltung am Bahnübergang Gerlenhofen - und fühlten sich von einem Zugführer provoziert. Foto: Ronald Hinzpeter

    Der Ärger ist überwältigend: Rund 60 Anwohnerinnen und Anwohner stehen am Gerlenhofer Bahnübergang und fassen ihren Frust in Worte: Die Pfeiferei an dem unbeschrankten Überweg grenze an Folter, sagt ein Mann. Eine Frau entschuldigt sich dafür, "dass wir alle so schlecht aussehen, denn wir können nicht mehr schlafen". Die SPD-Stadtratsfraktion hat am Dienstagabend kurzfristig zu einer Infoveranstaltung an der umstrittenen Kreuzung eingeladen und zeigt sich überrascht, dass 60 Frauen und Männer jeden Alters zusammenkommen. Der Leidensdruck ist eben groß. Der Ärger und das Unverständnis werden an diesem Abend noch größer, als der Führer eines vorbeifahrenden Zuges nicht nur extra lange tutet, sondern auch noch eine Art Protestnote aus dem Fenster wirft, die nicht wenige als Provokation empfinden. 

    Diese "Protestnote" warf ein Zugführer bei der SPD-Veranstaltung am Gerlenhofer Bahnübergang ab.
    Diese "Protestnote" warf ein Zugführer bei der SPD-Veranstaltung am Gerlenhofer Bahnübergang ab. Foto: Ronald Hinzpeter

    Es ist gegen 18.17 Uhr. Schon seit einiger Zeit stehen die Menschen um die vier SPD-Stadträte herum und fordern, dass die ständigen Warnsignale endlich aufhören müssten. Da blinken erneut die roten Warnlampen am Übergang und aus Richtung Senden rauscht ein Zug heran. Der Mann im Führerstand hält den Arm aus dem Fenster, etwas Weißes flattert im Fahrtwind - und dann segelt ein Zettel ins Schienenbegleitgrün. Was darauf steht, facht den Unmut weiter an. Mit schneller Handschrift steht wörtlich auf dem Blatt: "Liebe Gerlenhofener, wenn Sie ständig Tonaufnahmen machen bleibt uns nichts Anderes als wirklich 3 sek zu Pfeiffen." 

    Protestnote des Zugführers in Gerlenhofen ist "eine Dreistigkeit"

    Wie ist das gemeint? Offenbar nicht freundlich. Stadtrat Rudi Erne findet: "Das ist eine Dreistigkeit." Umstehende mutmaßen nun, was der vermeintlich wirkliche Grund für die Tuterei ist: "Die machen das nicht wegen der Sicherheit, sondern um Leute zu ärgern." Was auch immer der Zugführer mit seiner Aktion bezwecken wollte: Er hat den Ärger eher vergrößert. Warum wusste er von der nicht groß öffentlich bekannt gemachten Versammlung? Vermutlich von einem vorausfahrenden Kollegen, der das per Funk gemeldet hatte. 

    Immer wieder wird bei diesem Treffen deutlich, wie sehr die Menschen unter dem Lärm leiden. Immer wieder bekommt unsere Redaktion zu hören, dass die Züge nicht nur bis nach Mitternacht tuten, sondern auch in den Nachtstunden. Denn da fahren die Güterzüge auf der Strecke, und auch die lassen ihre Warntöne ins Dunkel steigen. "Das ist unregelmäßig, aber wenn da einer um vier Uhr pfeift, dann ist die Nacht vorbei." Wobei es offenbar die Zugführer unterschiedlich halten. Manche verzichten ganz auf das vorgeschriebene Signal - was auch während der SPD-Veranstaltung zumindest einmal passiert - andere hupen lange und wieder andere sogar durchgehend, also nicht nur, wenn sie sich dem Übergang nähern, so zumindest berichten es Anwohnerinnen und Anwohner.

    Anwohner in Gerlenhofen: Das Pfeifen der Bahn muss aufhören

    Alle sind sich bei der Versammlung einig, dass die Pfeiferei sofort aufhören müsse. Die meisten befürworten auch, den Übergang bis zum Einbau der Schranken - in vermutlich zwei Jahren - ganz dichtzumachen. Und dann gibt es aber auch Stimmen, die fragen, was denn dann die Leute auf der "anderen Seite" tun sollen, denn östlich vom Schienenstrang leben auch Menschen. Die Sozialdemokraten haben sich jedenfalls festgelegt: Der Überweg müsse dicht gemacht werden. Das hatten sie im Herbst 2021, als bereits darüber beraten wurde, so noch nicht gesehen. Mittlerweile sagen auch die Blaulichtorganisationen, sie bräuchten den Übergang nicht.

    Gerlenhofer sauer auf zwei FWG-Stadträte

    Am heutigen Mittwoch wird der Ferienausschuss des Neu-Ulmer Stadtrates ab 16.30 Uhr über den Umbau des Übergangs debattieren. Dabei soll auch erörtert werden, ihn vorübergehend dicht zu machen - was auch die Warnsignale der Bahn stoppen würde. Wem die zu verdanken sind, darüber sind sich manche Anwohner einig: den FWG-Stadträten Roland Prießnitz und Andreas Schuler. Sie hatten im Juni eine Strafanzeige "gegen unbekannt" wegen „Unterlassung der Verkehrssicherungspflicht“ gestellt. Danach wurden die Sicherungsmaßnahmen um Schilder und Bodenmarkierungen erweitert - und die Bahn wies wenig später die Zugführer an, aus Sicherheitsgründen ein Warnsignal ertönen zu lassen. Deshalb fragt ein Anwohner bei Erne nach: "Kommen die zwei morgen zur Sitzung? Dann kommen wir auch." 

    Was bei der Versammlung mehreren Leuten unangenehm auffiel: Während der Dreiviertelstunde fuhren zwei Radler über den Bahnübergang, obwohl die Warnlichter bereits rot blinkten. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden