Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Gerlenhofen/Reutti: Ärger über Schüsse auf Gänse am Plessenteich: Die Jäger verteidigen sich

Gerlenhofen/Reutti

Ärger über Schüsse auf Gänse am Plessenteich: Die Jäger verteidigen sich

    • |
    Im Vogelschutzgebiet Plessenteich leben viele Graugänse, wie hier im Bild zu sehen. 33 Jäger haben am Freitagmorgen auf sie geschossen.
    Im Vogelschutzgebiet Plessenteich leben viele Graugänse, wie hier im Bild zu sehen. 33 Jäger haben am Freitagmorgen auf sie geschossen. Foto: Roland Furthmair (Symbolbild)

    Noch immer ist die Verärgerung im Neu-Ulmer Süden groß. In den frühen Morgenstunden des Freitags hat es am Plessenteich eine große Gänsejagd gegeben. Anwohnerinnen und Anwohner in den umliegenden Orten wurden von den Schüssen geweckt. Schilderungen zufolge war der Lärm bis ins Wiley zu hören. 33 Jäger schossen auf Grau- und Nilgänse. Die Tiere sind nicht zum ersten Mal ins Visier der Jäger geraten. Seit Beginn des Jagdjahres am 1. April wurden nach Angaben der Jagdgenossenschaft Reutti mehr Gänse geschossen als in den vergangenen zehn Jahren zusammen. Bei vielen Menschen löst dies Wut und Unverständnis aus, für Jäger und Landwirte ist es ein logischer und wichtiger Schritt.

    Bei der Polizei war eine große Gänsejagd mit rund 40 Jägern angemeldet gewesen. Nötig ist das eigentlich nicht. Man habe das "in weiser Voraussicht" getan, erklärt ein beteiligter Jäger. Denn dass so viele Schüsse in kurzer Zeit fallen, sei für die Menschen ungewohnt. Der Name des Mannes soll nicht genannt werden, denn die Anfeindungen und persönlichen Beleidigungen nach der Jagd seien massiv gewesen, schildert er.

    Jagd auf Graugänse am Plessenteich: Jäger erklären sich

    Um etwa 5.30 Uhr hätten sich die 33 Beteiligten in Reutti und Gerlenhofen getroffen. Nach einer Kontrolle der Jagdscheine und einer Einweisung habe man sich auf den Weg zum Plessenteich gemacht. Laut Handy-App habe es um 5.57 Uhr Büchsenlicht gegeben – also günstige Lichtverhältnisse für die Jagd. Um 6.25 Uhr seien die Gänse mit einem ersten Schuss aufgeschreckt worden. Rund 300 Vögel seien aufgeflogen, die Jäger hätten mit Stahlschrot auf sie geschossen. Schilderungen, man habe ein Feuerwerk eingesetzt, um die Tiere zu wecken, weist der beteiligte Jäger zurück: "Das haben wir natürlich nicht gemacht, das wäre eine Ordnungswidrigkeit gewesen. Wir haben nichts Verbotenes getan." Auch gegen Vorwürfe, die Jäger hätten in dem Licht nicht erkennen können, worauf sie eigentlich schießen, wehrt er sich. Man erkenne die Tiere am Aussehen und am Flugbild: "Keiner schießt auf ein Tier, wenn er sich nicht sicher ist, was es ist."

    Ludwig Botzenhardt ist Vorsitzender der Jagdgenossenschaft Reutti. In dieser haben sich die Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer des Gebiets zusammengeschlossen, auf dem gejagt werden darf. Viele Mitglieder sind wie Botzenhardt in der Landwirtschaft tätig. Die Gänse, so der Jagdvorstand, richteten seit Jahren großen Schaden an: zum einen durch Fraß, zum anderen durch ihren Kot, der Viehfutter unbrauchbar mache. Doch anders als bei Wildverbiss zum Beispiel durch Rehe oder Wildschweine müssen Jäger keinen Ersatz für die Schäden leisten. Und die Zahl der Tiere sei groß: Vier bis fünf Hektar gelten als angemessener Lebensraum für ein Grauganspaar. Am etwa 23 Hektar großen Plessenteich seien bei der Jagd 300 der Vögel aufgestiegen. Deswegen, sagt Botzenhardt, sei man der Jägerschaft dankbar, dass sie so viel Einsatz zeige.

    Reutti, Gerlenhofen: Landwirt berichtet von Schäden durch Kot und Fraß

    Andere Versuche wie das Vergrämen der Vögel durch Lärm oder durch Vogelscheuchen wirkten allenfalls ein paar Tage lang, manchmal auch nur für ein paar Stunden. In der Reuttier Jagd sowie in Jedelhausen, Finningen und Schwaighofen gelte bei der Jagd auf Wildgänse eine Schonzeitverkürzung – wegen der Probleme und der großen Population. Dass auch andere Orte betroffen seien, zeige eine geplante noch größere Jagd: Sieben Jägervereine, darunter die Kreisgruppe Neu-Ulm des Bayerischen Jagdverbands, beteiligen sich am Samstag, 30. September, an einer landkreisübergreifenden Wildgänsejagd, die im Morgengrauen beginnen soll. Ob Jäger aus Reutti dabei sein werden, ist unklar – nach den Anfeindungen seit Freitag sei man noch unschlüssig, sagt einer der an der Gänsejagd beteiligten Männer.

    Bei einem Ortstermin erklärt er, warum am Plessenteich geschossen wurde, wo geschützte Vogelarten brüten: Gänse könne man nur beim Aufsteigen treffen – beim Landen seien sie zu schnell. Mit Schrot erreiche man höchstens 30 Meter Höhe – um überhaupt treffen zu können, müsse man nah ans Ufer herangehen. In eine andere Richtung zu zielen, sei zu gefährlich – dort stehen Häuser oder es verläuft eine Straße.

    Neu-Ulm: Ärger beim Naturschutzverein Gau und bei Anwohnern

    Wolfgang Gaus hat viele Rückmeldungen bekommen. Ausschließlich von Menschen, die über die Jagd wütend sind, wie er sagt. Gaus ist Geschäftsführer des Gerlenhofener Arbeitskreises Umweltschutz (Gau), auch er wurde von den Schüssen am Freitagmorgen geweckt. Wenn es Schäden gebe und direkt dort gejagt werde und wenn die geschossenen Gänse verwertet werden, dann befürworte er die Jagd auf Graugänse. Wie am Freitag vorgegangen worden sei, mache ihn fassungslos. Eigentlich habe man eine mündliche Vereinbarung getroffen, dass am Plessenteich nicht gejagt werde, auch wenn es offiziell erlaubt ist. Schäden durch Gänse seien nach seinem Kenntnisstand im laufenden Jahr im Reuttier Gebiet noch überhaupt nicht gemeldet worden.

    Gaus verweist auf eine Resolution des Deutschen Jagdschutz-Verbandes (heute Deutscher Jagdverband) von 1998 und auf einen Beitrag in der Mitgliederzeitung "Unsere Jagd" aus dem Jahr 2009. In beiden Schriftstücken steht, dass nahe an Schlafgewässern von Gänsen nicht gejagt werden darf. Gaus spricht von "Autojägern", die den Aufwand scheuten und deswegen frühmorgens am Plessenteich auf die Vögel geschossen hätten. In diesem Jahr sei teilweise auch am helllichten Tag auf Gänse geschossen worden, während Naturfotografinnen und Tierfreunde den See und die Vögel beobachtet hätten. Er verstehe den Ärger der Menschen in Gerlenhofen, Jedelhausen und Reutti, sagt Gaus. Es tue ihm auch um andere Jäger leid, die wegen der Jagd vom Freitagmorgen nun in einem schlechten Licht stünden. Er verstehe nicht, warum man ihn als Geschäftsführer der Naturschutzorganisation Gau nicht wenigstens vorab informiert habe – immerhin sei auch die Polizei im Vorfeld verständigt worden.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden