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#rückblick: Feuerwerk und Schüsse: Ärger über Jagd auf Vögel am Plessenteich

#rückblick

Feuerwerk und Schüsse: Ärger über Jagd auf Vögel am Plessenteich

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    Im Vogelschutzgebiet Plessenteich leben viele Tiere, auch Graugänse machen hier Station. Am Freitagmorgen hat es eine große Jagd auf sie gegeben.
    Im Vogelschutzgebiet Plessenteich leben viele Tiere, auch Graugänse machen hier Station. Am Freitagmorgen hat es eine große Jagd auf sie gegeben. Foto: Roland Furthmair (Archivbild)

    Mitte September hat beim Plessenteich in Gerlenhofen eine große Gänsejagd stattgefunden. Sie war mit 40 Jägern bei der Polizei angemeldet. In der Nachbarschaft und beim

    Eine Anwohnerin berichtet, gegen 6 Uhr am morgen seien die Tiere erst mit einem Feuerwerk aufgescheucht und dann von Jägern um den ganzen See beschossen worden. "Das kann doch nicht sein, dass das in einem Naturschutzgebiet passiert", schimpft sie. Die Frau hatte sich am Freitag verärgert an unsere Redaktion gewandt. "Wir freuen uns über die Tiere, die sich hier ansiedeln. Und dann kommen diese Leute, die nur ans Abknallen denken", sagt sie. Eine andere Frau berichtet: "Um 6 Uhr bin ich im Bett gestanden. Es hat geballert, es hat geschossen, es hat getan. Ich hab' wirklich gedacht, was ist denn jetzt los, ist der Krieg ausgebrochen?" Eine dritte Frau schildert: "Das hat gar nicht mehr aufgehört, es hat sich angehört wie ein Maschinengewehr." Sie habe richtig Angst gehabt.

    Jagd auf Graugänse am Plessenteich weckt Sorgen und ruft Ärger hervor

    Der Plessenteich ist Vogelschutzgebiet, Jagen ist zulässig. Das Bejagen von Graugänsen ist derzeit erlaubt, die Schonzeit beginnt am 15. Januar, wie aus der Übersicht des Bayerischen Jagdverbands hervorgeht. Wolfgang Gaus ist Geschäftsführer des GAU, er kümmert sich um das Vogelschutzgebiet am Plessenteich und hat beispielsweise Beobachtungstürme eingerichtet. Gaus befürwortet die ökologische Jagd auf Graugänse. Wenn es zu viele dieser Vögel gebe und sie Schaden anrichten, sei das sinnvoll. In der Vergangenheit sei aber nicht direkt am See gejagt worden, es habe ein entsprechendes Übereinkommen mit der Jägerschaft gegeben. Über die Vorgänge am Plessenteich ist Gaus wütend.

    Der See, um den es im im Frühjahr wegen der Vogelgrippe Sorgen gegeben hatte, sei dicht besetzt gewesen – und nach der Jagd am Freitagmorgen komplett leer. Geschossen worden sei vor Sonnenaufgang, sagt Gaus. Auch er sei vom Lärm geweckt worden. Der Naturschützer bezweifelt, dass die Jäger im schlechten Licht erkannt haben, worauf sie schießen. Er fürchtet, dass auch geschützte Vögel getroffen worden sein könnten. In den nächsten Tage müsse man beobachten, welche Tiere an den See zurückkehren.

    Ludwig Botzenhardt ist Vorsitzender der Jagdgenossenschaft Reutti. In dieser haben sich die Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer des Gebiets zusammengeschlossen, auf dem gejagt werden darf. Viele Mitglieder sind wie Botzenhardt in der Landwirtschaft tätig. Die Gänse, so der Jagdvorstand, richteten seit Jahren großen Schaden an: zum einen durch Fraß, zum anderen durch ihren Kot, der Viehfutter unbrauchbar mache. Doch anders als bei Wildverbiss zum Beispiel durch Rehe oder Wildschweine müssen Jäger keinen Ersatz für die Schäden leisten. Und die Zahl der Tiere sei groß: Vier bis fünf Hektar gelten als angemessener Lebensraum für ein Grauganspaar. Am etwa 23 Hektar großen Plessenteich seien bei der Jagd 300 der Vögel aufgestiegen. Deswegen, sagt Botzenhardt, sei man der Jägerschaft dankbar, dass sie so viel Einsatz zeige.

    Reutti, Gerlenhofen: Landwirt berichtet von Schäden durch Kot und Fraß

    Andere Versuche wie das Vergrämen der Vögel durch Lärm oder durch Vogelscheuchen wirkten allenfalls ein paar Tage lang, manchmal auch nur für ein paar Stunden. In der Reuttier Jagd sowie in Jedelhausen, Finningen und Schwaighofen gelte bei der Jagd auf Wildgänse eine Schonzeitverkürzung – wegen der Probleme und der großen Population. 

    Mehrere Naturschutzverbände in der Region Donau-Iller meldeten sich zu Wort. Sie verurteilen die Aktion "auf das Schärfste", wie es in einer Erklärung heißt. Ihrer Ansicht nach war sie in keiner Weise geeignet, "den lokalen Graugansbestand dauerhaft zu beeinflussen und Flurschäden in Zukunft zu verhindern oder zu reduzieren". Vielmehr habe sie zu einer massiven Störung in einem bedeutsamen Rückzugs- und Fortpflanzungsraum für zahlreiche Tierarten und einem wichtigen Rastgebiet für Zugvögel "mitten in der Zugzeit" geführt. 

    Die Jagdaktion führte wochenlang zu lebhaften Diskussionen und Anfeindungen auf beiden Seiten. 

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