Vielleicht ist das allererste Baby im neuen Ulmer Geburtshaus in der Schülinstraße 8 schon geboren, ehe dieser Text erscheint: Man warte quasi stündlich auf den Anruf der werdenden Mutter, sagt Hebamme Ines Paschke. Ab sofort können dort Babys in kuscheliger Atmosphäre zur Welt kommen. Ein Geburtszimmer samt anschließendem Badezimmer mit Entspannungswanne wartet auf die erste werdende Mama. Geburtsbegleitung bietet das derzeit fünfköpfige Hebammenteam des Geburtshauses – die sechste im Team erwartet selbst ein Baby – bereits seit September an.
Auf rund 300 Quadratmetern entstand in der Schülinstraße 8 in etwa zweijähriger Vorbereitung ein Angebot, das angesichts von geschlossenen Geburtsabteilungen in kleineren Krankenhäusern immer wichtiger wird. Anmeldungen hat das Team des Geburtshauses bereits bis in den August 2025 hinein, erzählt Ines Paschke.
Das neue Geburtshaus in Ulm befindet sich in der Schülinstraße
Manche werdende Mutter meldet sich bereits an, kurz nachdem sie von ihrer Schwangerschaft weiß. Hier auf zwei Stockwerken in der Schülinstraße, wo sich früher die Büros eines Steuerberatungsunternehmens befanden, bieten die Hebammen des Teams unter anderem Kurse an; andere Räume sind beispielsweise Räume zur offenen Begegnung oder zur Vorsorge da. Es gibt Küche, Büro und Toiletten. Die Farben der Räume vermitteln den Eindruck, man befinde sich mitten in Goethes Farbenlehre – und diese Farben sorgen ganz nach dem individuellen Geschmack für eine Wohlfühlatmosphäre.
„Babys sollten so kuschelig auf die Welt kommen, wie sie hoffentlich entstehen“, sagt Hebamme Sabine Ndukwu, die viel Geburtshaus-Erfahrung mitbringt, denn sie hatte bereits 1997 das erste Geburtshaus in Ulm gegründet, das sieben Jahre lang mit Erfolg lief. Geschlossen wurde es, weil sich kein Hebammennachwuchs fand. Sabine Ndukwu hat auch zehn Jahre lang als Hebamme in Afrika gearbeitet – und ist zudem selbst sechsfache Oma. So unterschiedlich die Hebammen des Teams sind, so vielfältig sind die Angebote des Hauses: Hebamme Paula Hornung beispielsweise leitet Kurse zum „Blessingway“, der positiv auf die Geburt einstimmen soll, andere Angebote reichen von Stillberatung bis zu Tipps für Mütter, die ihr Baby windelfrei großziehen möchten.
Allerdings ist die Alternative einer außerklinischen Geburt nicht für alle werdenden Mütter geeignet. Eine zentrale Voraussetzung ist, dass das Baby aller Voraussicht nach im Zeitraum zwischen Schwangerschaftswoche 37 und 42 geboren wird. Wenn eine Schwangerschaft aber problemlos verlief und sich die Geburt ankündigt, ruft die werdende Mutter, die sich im Geburtshaus angemeldet hat, die Nummer der diensthabenden Hebamme aus dem Team an – und dann kann das Baby dort zur Welt kommen.
Auch wenn die Hebammen des Teams auch Hausgeburten begleiten – eindeutige Präferenz ist eine Geburt im Geburtshaus, denn es ist jederzeit möglich, dass die angemeldeten Geburten zweier Babys zufällig parallel ablaufen. Gerade in solchen Fällen können die den Hebammen eingesparten Fahrtwege hilfreich sein. „Hausgeburten wird es immer geben“, sagt Sabine Ndukwu. „Aber das Setting dazu gibt es nicht mehr.“ Sabine Ndukwu meint damit die weggefallenen Geburtsstationen kleinerer Krankenhäuser auf dem Land, die früher dann schnell erreichbar waren, wenn nach begonnener Geburt dann doch ein Wechsel ins Krankenhaus notwendig wurde.
Auch das Universitätsklinikum Ulm setzt auf Innovation
Weil die Aufwendungen für die Handwerkerarbeiten und die Einrichtung der Räume kostspielig war, gibt es derzeit eine Crowdfunding-Aktion. Mehr dazu auf der Homepage des Geburtshauses geburtshaus-ulm.de.
Wer doch lieber sein Kind in der Klinik bekommt: Seit Kurzem darf sich die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Ulm offiziell als „babyfreundliche Geburtsklinik“ bezeichnen. Die weltweit erfolgreiche Zertifizierung durch die Weltgesundheitsorganisation WHO und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF hebt die eng an die Bedürfnisse der Mütter, Babys und Familien angepassten Strukturen in der Klinik hervor, die die Bindung, Entwicklung und das Stillen fördern.
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