"Samuel Fosso – Der Mann mit tausend Gesichtern." Das ist der Titel der neuen Ausstellung, die ab diesem Sonntag in der Walther Collection gezeigt wird. "Tausend Gesichter" mag zunächst wie eine Übertreibung klingen, doch wer sich Zeit nimmt für Fossos Bilder merkt schnell: Der Titel ist sehr passend gewählt. In Burlafingen wird nun die weltweit erste breite Retrospektive zum Werk des afrikanischen Fotografen gezeigt.
Fosso macht Selbstporträts. Er verwandelt sich für seine Serien in Ikonen der afrikanischen Geschichte und ihrer Diaspora oder schlüpft in die Rolle seines Großvaters als traditioneller Heiler und Vorsteher seines Dorfes. Für das Pariser Kaufhaus Tati wurde er zum Golfer, Rocker, einer Frau aus der Mittelschicht, Geschäftsmann und vieles mehr. Er scheint keine Figur zu geben, die Fosso nicht verkörpern könnte.
Für Kunstsammler Arthur Walther, der viele Werke bedeutender zeitgenössischer Künstler sein Eigen nennen darf, spielt Samuel Fosso eine besondere Rolle. Seine Fotografien faszinieren ihn. Walther, der in New York lebt, bezeichnet ihn als einen der "Key-Künstler Afrikas", eine Schlüsselfigur der afrikanischen Kunst also. Obwohl der Sammler einige Bilder Fossos besitzt, die teils auch schon in Burlafingen zu sehen waren, findet sich keines davon in der aktuellen Ausstellung wieder. Walthers Fosso-Fotografien hängen derzeit in anderen Museen.
Die Retrospektive beginnt im ersten Stock
Chronologisch beginnt die Retrospektive im oberen Stockwerk des Weißen Cubus. 50 Drucke von Fossos ersten Selbstporträts, die er als Teenager für seine Großmutter gemacht hat, sind dort zu sehen. Die ersten Lebensjahre des Fotografen waren geprägt von Krieg, Unsicherheit und vielen Umzügen. Geboren wurde er 1962 in Kamerun, zwei Jahre später bringt die Mutter ihn zu den Großeltern nach Nigeria. 1967 beginnt der Biafra-Krieg, Fosso geht für kurze Zeit zurück nach
![Samuel Fosso, 70's Lifestyle, 1976
Samuel Fosso, 70's Lifestyle, 1976](https://images.mgpd.de/img/100893130/crop/c1_1-w100/1041623758/1508077221/sf-129fossosamuelselfportraitflowers1977.jpg)
Die Bilderserie, die jetzt unter dem Titel "70's Lifestyle" im Burlafinger Campus der Walther Collection hängt, zeigt nicht nur, dass Fosso nicht nur die technische Seite der Fotografie früh meisterte. Auch vor der Kamera zeigt er sein Talent. Cooler Blick, ausgefallene Posen, eine beeindruckende Wandlungsfähigkeit und der Drang, sich immer neue Rollen zu erschließen. Inspiration holte sich der Teenager aus der Popkultur, aus Magazinen und von Plattencovern. Der Bruch in Fossos Leben kommt dann 1993, als er den französischen Fotografen Bernard Descamps trifft, der ihn gewissermaßen entdeckt hatte. Ein Jahr später nimmt er an seiner ersten großen Ausstellung Bamako teil. Erst ab da beginnt er, sich auch als Künstler zu begreifen, erklärt Clara Stratmann, eine der Kuratorinnen dieser Ausstellung.
Fossos Bilder sind perfekte Inszenierungen
Wer dann die Treppen des Burlafinger Gebäudes hinabsteigt, macht einen Sprung in die Gegenwart. Man geht dort auf das jüngste Werk der gesamten Ausstellung zu. "Black Pope" entstand 2017. Drei großformatige Fotografien zeigen Fosso als schwarzen Papst – etwas, dass sich viele Katholiken in Afrika schon lange wünschen. "Black Pope" ist auch ein Beispiel für die Perfektion und Genauigkeit, mit denen der Künstler solche Projekte angeht. Die leuchtend weiße Soutane, die er auf den Bildern trägt, habe er vom Schneider des echten Papstes in Rom anfertigen lassen, sagt Kuratorin Stratmann. "Fosso weiß genau, wie das fertige Bild aussehen soll und weiß auch, wie er das erreichen kann", so Stratmann.
![Samuel Fosso, Black Pope, 2017
Samuel Fosso, Black Pope, 2017](https://images.mgpd.de/img/100220752/crop/c1_1-w100/1362200617/558663189/sf-685503sfbp27441fossoblackpope2017.jpg)
Von dem Schnappschusshaften, das Fossos ersten Bildern teils anhaftet, ist im unteren Stockwerk kaum noch etwas zu sehen. Der Fotograf ist Perfektionist, seine Bilder detailgenaue Inszenierungen. Nachdem er als Künstler Beachtung gefunden hatte und er es sich leisten konnte, arbeitete Fosso mit Produktionsteams zusammen. Profis helfen ihm, in die verschiedenen Verkleidungen und Rollen zu schlüpfen. Mit dem entsprechenden Make-up gelingt es Fosso auch, chinesische Mao-Propaganda überzeugend nachzuahmen. "Emperor of Africa" heißt diese Serie von 2013, in der der Fotograf das neokolonialistische Treiben Chinas anprangert.
Intimere Einblicke zeigt Samuel Fosso in "Le rêve de mon grand-père", eine Hommage an seinen früh verstorbenen Großvater oder in "Mémoire d'un ami". Darin versucht der Samuel Fosso die letzte Nacht im Leben eines Freundes nachzufühlen, der 1997 bei gewaltsamen Aufständen in Bangui von Milizen erschossen wurde.
![Samuel Fosso, Serie: Mémoire d’un ami, 2000
Samuel Fosso, Serie: Mémoire d’un ami, 2000](https://images.mgpd.de/img/100028730/crop/c1_1-w100/727068359/1086150358/memoire09.jpg)
Termin: Die Ausstellung "Samuel Fosso – Der Mann mit tausend Gesichtern" wird am Sonntag, 29. Mai, eröffnet. Um 11.30 Uhr begrüßt Artur Walther die Besucherinnen und Besucher, Führungen gibt es um 12.30, 14 und 15.30 Uhr. Die Ausstellung läuft bis zum 18. November, Öffnungszeiten sind Donnerstag bis Sonntag, jeweils von 14 bis 17 Uhr.