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Altenstadt: Interview mit einem Masken-Kritiker: „Es wird zu wenig hinterfragt“

Altenstadt

Interview mit einem Masken-Kritiker: „Es wird zu wenig hinterfragt“

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    Marion und Robert Wiedemann aus Altenstadt sind Kritiker der Anti-Corona-Maßnahmen. Wir sprachen mit Robert Wiedemann, Chef des Dampfreiniger-Herstellers Beam über seine Sicht der Dinge.
    Marion und Robert Wiedemann aus Altenstadt sind Kritiker der Anti-Corona-Maßnahmen. Wir sprachen mit Robert Wiedemann, Chef des Dampfreiniger-Herstellers Beam über seine Sicht der Dinge. Foto: Ronald Hinzpeter

    Sie waren am vergangenen Wochenende – wie Anfang August – auf der Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen. Wie waren Ihre Eindrücke?

    Wiedemann: Ich war ja früher nie auf Demos. Als es etwa um Kernkraft ging, da hatte ich andere Sachen im Kopf. Im Vorfeld der Demo in Berlin war die Stimmung sehr angespannt, weil sie ja zunächst verboten worden war. Wir sind dann auf der Straße des 17. Juni gestanden – ich habe noch nie so eine friedvolle Demo gesehen, das war absolut beeindruckend. Aber wenn Sie dann am Abend oder am nächsten Tag überall die Bilder sehen, in denen nur dieser Angriff von Vollidioten auf den Reichstag gezeigt wird, mit einem kurzen Schwenk, um zu zeigen, dass ein paar normale Menschen auch da waren, dann denkt man sich: Hey, war ich auf der falschen Veranstaltung?

    Aber ist es nicht so, dass die Bilder von dem vielfach verurteilten Sturm in den Medien präsenter sein müssen?

    Wiedemann: Die Medien müssen objektiv berichten. Man kann nicht die schlimmen Bilder zeigen und die guten weglassen. Das sind 50 und auf der anderen Seite sind 700000 oder eine Million. Warum zeigt man das Eine eine Viertelstunde und das Andere nur ein paar Minuten? (Anmerkung der Redaktion: Das Magazin Der Spiegel hat mithilfe von Luftaufnahmen 43000 Teilnehmer an der „Querdenken“-Demo ermittelt.)

    Auf den Demos sammeln sich neben den Querdenkern auch Reichsbürger

    Man sieht aber, dass in der Masse viele Reichsbürger und Neonazis dabei sind. Ist das für Sie okay, zusammen mit Rechtsradikalen für Ihre Sache zu demonstrieren?

    Wiedemann: Wenn das ein Aufmarsch von Rechtsradikalen ist, dann ist das für mich nicht okay. Wenn da aber in dem Bereich, in dem ich gelaufen bin, unter 5000 Menschen nur einer so eine Fahne schwenkt, dann finde ich das nicht gut. Aber deshalb verlasse ich nicht die Demo.

    Wenn man sich von solchen Leuten nicht distanziert, schadet das doch Ihrem Anliegen und gibt ihm einen Anstrich, den Sie ja nicht wollen.

    Wiedemann: Ich distanziere mich ganz klar. Aber bei dieser Kulisse in Berlin können Sie nichts machen. Ich habe eine Distanz zu allen extrem Gesinnten.

    Die Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen sind doch schon sehr weitgehend. Warum muss man noch so massiv demonstrieren?

    Wiedemann: Fangen wir mit der Maske an. Ich kann keine Dinge tun, deren Sinn ich nicht nachvollziehen kann. Es gibt genug Wissenschaftler, die sagen, das hat überhaupt keinen Wert. Die werden aber nicht gehört. Die normalen Masken sind für Viren so, als würden Sie durch eine Haustür durchgehen. Würden die Masken vor Viren schützen, dann könnten Sie nicht mehr atmen, so engmaschig wären die.

    Da gibt es unterschiedliche Ansichten. Etwa der TÜV oder das Robert-Koch-Institut sagen, dass Masken durchaus schützen. Ich setze doch lieber etwas auf, das zu 70 oder nur zu 50 Prozent schützt, als gar nichts zu tun.

    Wiedemann: Sie dürfen doch eine tragen! Aber wenn Sie sich wirklich schützen möchten, müssten sie eine FFP2 oder FFP3-Maske tragen. Da haben Sie ein Ventil. Hier geht es um eine vorgetäuschte Sicherheit. Aber trotzdem: Eine Maske zu tragen ist Ihre persönliche Entscheidung. Ich ziehe keine auf. Aber Sie werden heute schon gebrandmarkt, wenn Sie keine aufhaben. Meine Geräte werden nach Norm getestet, aber für Alltagsmasken gibt es keine Norm. Es ist auch absurd, wenn jemand das T-Shirt kurz hochzieht und damit in den Laden geht. Was mir nicht passt, ist, dass Angst gemacht wird.

    Manche sehen das Coronavirus nur als harmlose Grippe

    Wer macht Ihrer Meinung nach die Angst?

    Wiedemann: Bei uns sind es das Robert-Koch-Institut (RKI) und die Politiker, die das übernehmen. In einer Sendung von Markus Lanz hat der Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zusammen mit dem Virologen Jonas Schmidt-Chanasit ganz klar gesagt, die Masken haben keinen Wert. Er hat wörtlich von „Gesichtsfetzen“ gesprochen – und trotzdem werden sie aufgesetzt.

    Was sollten wir dann Ihrer Meinung nach tun? Gar keine Maßnahmen ergreifen, weil die nichts bringen? Es gibt ja Menschen, die sagen, das Virus mache überhaupt nichts.

    Wiedemann: Das wären ja sogenannte Leugner. Corona ist ein ansteckendes Virus, das für mich aber in die Kategorie Grippe gehört.

    An der Spanischen Grippe sind zwischen 1918 und 1920 mehr Menschen gestorben als im Ersten Weltkrieg.

    Wiedemann: Ja, eine Grippe kann stark sein, aber man hat noch nie solche Lockdown-Maßnahmen ergriffen. Es ist auch immer eine Frage, wie Zahlen aufbereitet werden. Das amerikanische CDC (Zentrum für Krankheitskontrolle und -Prävention) hat jetzt die Statistik der Covid-19-Toten korrigiert und festgestellt, dass in den USA nur sechs Prozent an Corona gestorben sind. Das macht Angst, wie Zahlen aufbereitet werden. (Anmerkung der Redaktion: Diese Meldung wurde von der Zeitung USA Today einem Faktencheck unterzogen. Das Ergebnis: Sie sei irreführend und basiere auf einer ungenauen Schlussfolgerung aus einer jüngst veröffentlichten Statistik zu Folgeerkrankungen: „Da Begleiterkrankungen oft die Erkrankung einer Person verschlimmern, ist es unkorrekt zu behaupten, dass sie die Todesursache seien und nicht die Virusinfektion.“). Bei der RKI-Grafik der positiv getesteten Personen fehlt die Angabe, wie viel Testungen durchgeführt werden, um objektive Zahlen zu bekommen.

    Viele Demonstranten vertreten die Ansicht, die Maßnahmen seien bewusst so gesteuert, um uns leichter regieren zu können. Sehen Sie das auch so?

    Wiedemann: Ich kann Ihnen nicht genau sagen, was wirklich dahinter steckt. Was ich weiß, wenn ich so in der Geschichte zurückschaue: Menschen, die Angst haben, sind leichter zu regieren. Was passiert aus dieser Angst heraus? Freundschaften trennen sich, unsere Kultur trennt sich. Jemand, den du früher in den Arm genommen hast, sagt heute: Wahnsinn!

    Manche Kritiker behaupten, wir leben in einer Corona-Diktatur.

    Wiedemann: Nein, wir sind noch keine Diktatur, man muss nur die Frage aufwerfen, in welche Richtung wir gehen.

    Das Corona-Thema schürt auch Streit zwischen langjährigen Freunden

    Haben Sie schon gespürt, dass sich Leute von Ihnen distanziert haben?

    (In diesem Moment schaltet sich seine Ehefrau ein) Marion Wiedemann: Ja! Das kann ich ganz klar beantworten. So leid uns das tut, es sind sehr sehr gute Freunde. Seit Mai haben wir keinen Kontakt mehr.

    Robert Wiedemann: Aber nicht, weil die eine Maske aufgehabt haben und bei uns gesessen sind, sondern aufgrund so einer Diskussion, wie ich Sie mit Ihnen gerade führe.

    Wie haben die Einschränkungen eigentlich Ihre Firma getroffen?

    Wiedemann: Für uns ist ein wichtiger Vertriebskanal weggebrochen, die Ausstellungen. Die wurden komplett verboten. Weil Sie vorhin gesagt haben, die Lockerungen seien sehr weitgehend: 50 Prozent der Messegesellschaften haben ihre Veranstaltungen abgesagt, weil sie die Hygieneauflagen nicht stemmen können. Von 25 Messen haben wir nur noch 6 oder 7.

    Wenn Sie die Anti-Corona-Maßnahmen kritisieren: Was hätten Sie eigentlich damals im März gemacht, wenn Sie Bundeskanzler gewesen wären? Wären Sie von Anfang an auch gegen einen Lockdown gewesen?

    Wiedemann: Als Bundeskanzler hätte ich zuerst mal Probleme mit meiner Frau gekriegt, weil ich aus der Politik nach sechs Jahren im Gemeinderat ausgeschieden und froh drüber bin. Aber wahrscheinlich hätte ich zu Beginn ähnliche Maßnahmen ergriffen. Und ich hätte auch kritische Wissenschaftler um Ihre Meinung gefragt. Der Lockdown hat uns gewaltig Geld gekostet, ich bin mit Tränen vor meinen Mitarbeitern gestanden, weil ich damals nicht wusste, ob wir den Laden halten können. Im Laufe der Zeit habe ich gelernt, Dinge zu hinterfragen. Wenn ich feststelle, dass etwas nicht so ist, korrigiere ich mich. Das bemängle ich: Es wird einfach nicht hinterfragt, sondern stur weitergemacht. Und ich wünsche mir einen faireren Umgang vonseiten der Presse. Warum findet so ein Gespräch, wie wir es führen, nicht öfter statt?

    Das Interview führten: Ronald Hinzpeter und Franziska Wolfinger

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