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Witzighausen: Witzighauser Bürger wollen ihre Straße behalten

Witzighausen

Witzighauser Bürger wollen ihre Straße behalten

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    Der landwirtschaftlich genutzte Heusteigweg soll ausgebaut werden.
    Der landwirtschaftlich genutzte Heusteigweg soll ausgebaut werden. Foto: cao

    Gleichmäßiger Asphalt und hohe Leuchten: Der Ziegelstadelweg in Witzighausen macht einen guten Eindruck. Der Meinung sind auch die Anwohner, die die Asphalt-Spritzdecke vor gut zehn Jahren aus eigener Tasche bezahlt haben. Davor lag dort Kies. Jetzt soll der Weg erstmalig erschlossen werden, was bedeutet: Anwohner zahlen 90 Prozent der Kosten, die Verwaltung den Rest.

    Die Bürger wehren sich: Sie wollen keinen Ausbau. Von 20 Haushalten haben 20 eine Unterschriftenliste gegen das Vorhaben unterzeichnet und im Rathaus abgegeben. Neben dem Ziegelstadelweg sollen der Steigfeldweg und der landwirtschaftlich genutzte Heusteigweg erschlossen werden. Für den Heusteigweg gebe es die Überlegung eines Paares, dort zu bauen, aber nicht einmal eine Bauvoranfrage.

    Seit 50 Jahren nichts gemacht - warum jetzt?

    „Seit 1969 gibt es einen Kanal unter der Straße und eine Beleuchtung, wir haben die Spritzdecke selbst bezahlt – das ist für uns eine vollständige Straße und wir möchten diese so behalten“, stellen die Anwohner des Ziegelstadelwegs klar. Denn selbst wenn die Anlieger 90 Prozent der Kosten tragen müssten, seien die restlichen zehn Prozent Verschwendung von Steuergeldern. Auch die summieren sich auf 120000 Euro inklusive neuer Beleuchtung. „Manche Wege im Ort sind gar nicht beleuchtet, warum soll die bei uns ohne Grund erneuert werden?“, fragt René Balmer.

    Die Witzighauser stört auch die Herangehensweise der Verwaltung. Es sei generell unfair, jetzt schnell ein paar Straßen rauszupicken. „50 Jahre ist nichts passiert, und plötzlich muss man dringend die Straße erschließen?“, fragt Balmer. Bei der Kritik nehmen sie die Stadträte ausdrücklich aus. Bei der damaligen Abstimmung im Stadtrat habe man gesetzlich noch Straßen erschließen müssen, doch mittlerweile sei es den Kommunen freigestellt. Mehrere Stadträte hätten sich die Lage vor Ort angesehen und sich die Sorgen angehört. „Das war wirklich toll“, sagt Elmar Betz. Ganz anders Bürgermeister Raphael Bögge. Dieser habe zunächst behauptet, er müsse die Anwohner gesetzlich zur Kasse bitten, bis diese ihn dann über das mittlerweile geänderte Recht aufklärten. Besonders verärgert seien sie aber über die von Bögge unterzeichneten Unterlagen, die die Stadträte bekamen. Diese erweckten den Anschein, dass die Anlieger einverstanden seien – was absolut nicht der Fall sei. Zudem haben die Bürger schon Mitarbeiter der SWU in ihren Gärten beim Vermessen entdeckt, die einen fertigen Plan dabei hatten. Die Verwaltung mache Druck auf Dienstleister, obwohl die Pläne noch nicht beschlossen seien, ärgern sich die Bürger. Das Thema ist am 5. November im Stadtrat.

    Bürger haben einiges selber bezahlt

    Mit am Tisch in Witzighausen sitzen auch Anna und Tobias Rainer. Sie wohnen im unteren, nördlichen Teil des Ziegelstadelwegs. Weil es bis zu ihrem Haus nicht mal einen Kanal gibt, haben sie und ihre Nachbarn auf eigene Kosten eine Hebeanlage installiert, die das Abwasser nach oben in den vorhandenen Kanal pumpt. Sie wollen auch keinen Neubau der Straße – doch der jetzt von der Verwaltung geplante Bau enthalte nicht einmal einen Kanal. „Als wir nachgefragt haben, hieß es nur, die Themen Abwasser und Oberflächenentwässerung seien kompliziert und überdies in der kurzen Zeit nicht zu schaffen“, sagen die Eheleute.

    Kurz bedeutet in dem Zusammenhang der Zeitraum bis April 2021. Im Rahmen einer Änderung des Kommunalabgabengesetzes wurde das Recht, Erschließungsbeiträge für alte Straßen zu erheben, zeitlich begrenzt (wir berichteten). Konkret betrifft das Straßen, bei denen an einer Stelle mit der Erschließung begonnen wurde, die jedoch noch nicht abgeschlossen ist. Sind seit dem Baubeginn mehr als 25 Jahre vergangen, ohne dass die Straße fertig ist und abgerechnet wurde, können Städte dann keine Beiträge mehr erheben. Die plötzliche Eile stört die Anwohner allesamt. Denn: Der nördliche Teil der Straße, der nur noch wenige Meter beträgt, soll „aus terminlichen Gründen“ erst in einigen Jahren erschlossen werden. Die Anwohner möchten aber nicht zweimal eine Baustelle vor ihrer Tür und befürchten, dass dann die zuvor hergerichtete Straße womöglich in Teilen wieder aufgerissen werden soll. In diesem Bereich existiert auch eine Senke, in der sich Wasser sammelt. Dort, so habe es die Verwaltung gesagt, müsse auch eine Hebeanlage eingebaut werden – aber ebenso erst später, denn dies bedarf einer Absprache mit dem Wasserwirtschaftsamt in Donauwörth, was auch lange dauert.

    Verwaltung: Straße ist nicht erschlossen

    Die Verwaltung argumentiert, für den Ziegelstadelweg seien bis heute noch nie Erschließungsbeiträge erhoben worden. Denn eine endgültige Herstellung der Straße habe bisher noch nicht stattgefunden, die Spritzdecke genüge laut Satzung nicht den Merkmalen der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen.

    Dass der nördliche Teil des Ziegelstadelwegs nicht mit geplant sei, ergebe sich daraus, dass für diesen Bereich eine komplette Baulanderschließung stattfinden müsse. Dabei handle es sich um komplett andere technische Voraussetzungen, im Vergleich zum südlichen Teil, bei dem eine reine Straßenbauerschließung ausreicht. Gleichzeitig sei für die Erschließung des nördlichen Teils ein rechtskräftiger Bebauungsplan notwendig.

    Da dieser jedoch noch nicht vorliege und der südliche Teil aufgrund der vom Freistaat Bayern vorgenommenen Herstellungsfiktion bis zum 1. April 2021 endgültig hergestellt sein müsse, wenn die Verwaltung noch Geld von den Anliegern für die Erschließung bekommen will, sei eine zeitgleiche Erschließung der kompletten Anlage nicht möglich.

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