Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Weißenhorn: Was hier liegt, ist ein Geschenk für die Nachwelt

Weißenhorn

Was hier liegt, ist ein Geschenk für die Nachwelt

    • |
    Ein kleines Christuskind, aber ohne Arme: Dieses Stück wird im Depot des Heimatmuseums verwahrt.
    Ein kleines Christuskind, aber ohne Arme: Dieses Stück wird im Depot des Heimatmuseums verwahrt. Foto: Andreas Brücken

    Klein und fein gearbeitet ist es, das Jesuskind auf der Hand von Yvonne Schülke. Natürlich nicht auf der blanken Haut, sondern auf dem weißen Stoff ihrer Handschuhe. Objekte einfach so anfassen – das geht im komplett erneuerten Depot des Weißenhorner Heimatmuseums nicht. Zu sensibel, zu wertvoll sind manche der Objekte. Und die aus Bein geschnitzte Knabenfigur mit der Inventarnummer 3912, entstanden wohl um das Jahr 1800 herum, ist so ein empfindliches Stück. Die Arme fehlen dem heiligen Kind schon. Sie hielten einst, vermutet die Kunsthistorikerin, eine Fahne mit dem Kreuz. Eine Erinnerung daran, dass es heilsgeschichtlich ein kurzer Weg von der Geburt Jesu bis zu Tod und Auferstehung ist.

    Aber erst einmal ist Weihnachten, doch so richtig ruhig und besinnlich ist es in den Tagen um das Fest in dem etwas versteckt gelegenen Gebäude im Eschach nicht. Warum auch, schließlich sind alle glücklich, dass sich dort nun richtig arbeiten lässt. Im Frühjahr 2017 musste das Depot nämlich komplett ausgeräumt und sogar begast werden – Holzwurmbefall. Das Problem: In der Vergangenheit war das Lager einfach immer weiter vollgestellt worden, bei den Möbeln konnte man zu manchen Stücken gar nicht mehr vordringen. Matthias Kunze, der 2016 die Leitung des Museums übernommen hatte, war damals der Verzweiflung nah.

    Das neue Rollregal bietet Platz für ganze Bauernschränke

    Wenn er jetzt durch die Räume geht, sieht man in seinen Augen Zufriedenheit. Vielleicht sogar so etwas wie Glück. Denn das Depot ist verglichen mit dem, Pardon, Chaos von früher kaum mehr zu vergleichen. Geblieben ist die Zuganlage, mit der sich Gemälde platzsparend und trotzdem leicht zugänglich verstauen lassen. Ganz neu ist einen Raum weiter ein Rollregal, der ganze Stolz von Kunze und seiner Kollegin Schülke. Die einzelnen Regalelemente sind hoch und tief genug, um ganze Bauernschränke aufzunehmen. Zwischen 150000 und 200000 Euro hat die Stadt Weißenhorn in die Hand genommen, um das Depot auf Vordermann zu bringen, Personalkosten inklusive. „Es hat sich absolut gelohnt“, sagt Kunze.

    Im Eschach lagert, was in den Räumen des Heimatmuseums am Kirchplatz keinen Platz hat oder nur selten gebraucht wird. Die Krippensammlung hingegen wird im Dachgeschoss des Haupthauses verwahrt. Doch wer zwischen den Regalen im Depot herumgeht, findet dort Weihnachtliches – oder Dinge, die sicher einmal unter einem Christbaum lagen. Spielzeugautos, Puppenhäuser, eine Dampfmaschine, sogar eine hölzerne Miniatur-Pferdekutsche aus Holz. Die meisten Stücke, sagt Museumsleiter Kunze, haben schon eine Inventarnummer, doch jetzt sollen alle auch fotografiert und digital gespeichert werden. Im Museumsdepot gilt die gleiche Regel wie im Archiv oder in der Bibliothek: Wenn etwas nicht richtig erfasst ist, kann man es auch nicht finden. Das Projekt Inventarisierung läuft in Weißenhorn seit drei Monaten auf Hochtouren. Rund 600 Objekte sind inzwischen durch die behandschuhten Hände von Yvonne Schülke und ihrem Team gegangen. Die Vollzeitkraft bekommt dabei Hilfe von einer Riege von acht Ehrenamtlichen. Angesichts Tausender Stücke, die bei der Erfassung teilweise auch noch gereinigt werden müssen, was bis zu einer halben Stunde dauern kann, sei das „eine Aufgabe für Jahre“, sagt Kunze. „Aber wir sind auf einem guten Weg.“ Um die Arbeitsbedingungen weiter zu verbessern, wird 2019 in Trockenbauweise noch ein Inventarisierungsbüro mit zwei Computer-Arbeitsplätzen eingebaut.

    Das klingt nach stumpfer Büroarbeit – ist es aber nicht. Weil das Team im Depot eben nicht nur mit Daten und Zahlen zu tun hat, sondern mit Objekten, die Geschichten erzählen. Und manche davon sogar Geschichten von Weihnachten. So wie das kleine Jesuskind ohne Arme. Oder wie das Stück, das die ehrenamtlich mitarbeitende Stefanie Warkus zeigt: ein „Thalia-Theater“ im Kleinformat, bei dem sowohl Bühne als auch Figuren aus Papier ausgeschnitten und auf Karton aufgeklebt wurden, produziert wahrscheinlich zwischen 1890 und 1900. Mit ein paar Handgriffen lässt sich das Theater abbauen und in einer flachen Kiste verstauen. Was wichtig war, wie Warkus vermutet: „Das ist so ein Stück, das man wahrscheinlich nur an Weihnachten aus dem Schrank holte.“

    Das Weißenhorner Heimatmuseum hat von Donnerstag bis Sonntag jeweils von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Dort läuft noch bis 6. Januar die Ausstellung „2017 musste das Depot nämlich komplett ausgeräumt und sogar begast werden – Holzwurmbefall“.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden