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Weißenhorn: Streaming-Konzerte aus dem Schloss: „Weißenhorn Klassik“ wird digital

Weißenhorn

Streaming-Konzerte aus dem Schloss: „Weißenhorn Klassik“ wird digital

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    Eine Intendantin, die selbst auf der Bühne steht: Die Sopranistin Esther Kretzinger (hier im Jahr 2017 mit dem Pianisten Antonis Anissegos) hat die Reihe„Weißenhorn Klassik“ gegründet und wagt nun den Schritt ins Internet.
    Eine Intendantin, die selbst auf der Bühne steht: Die Sopranistin Esther Kretzinger (hier im Jahr 2017 mit dem Pianisten Antonis Anissegos) hat die Reihe„Weißenhorn Klassik“ gegründet und wagt nun den Schritt ins Internet.

    Esther Kretzinger hat schon auf den Bühnen dieser Welt gesungen. Alles begann mit ihrem Studium am Salzburger Mozarteum, bald führte sie die Musik nach Norwegen, Spanien, Russland, die Sopranistin gab Liederabende in Slowenien und Taiwan. Ihr kann also nichts fremd sein, könnte man meinen. Aber bald wird die Günzburgerin eine waschechte Premiere erleben – digital: „Ich stand selbst noch nie für ein Streaming-Konzert vor der Kamera“, sagt sie. „Das ist für die meisten Künstler eine neue Erfahrung.“ Und bei „Weißenhorn Klassik“, dem Musik-Festival im Fuggerschloss, ist es so weit. Vom 14. bis 21. November finden dort Konzerte statt – und das Publikum kann sie ausschließlich im Internet live erleben. Kretzinger, die das Festival 2014 gegründet hat und seither leitet, ist gespannt auf Konzerterlebnisse im digitalen Neuland.

    Julian Steckel und Sharon Kam treten bei "Weißenhorn Klassik" 2020 auf

    Ein Programm von Bach und Beethoven bis Messiaen und Ligeti hat das Team um Kretzinger auf die Beine gestellt. Klassische Konzerte, aber auch zeitgenössische Klänge, visuelle Installationen und Soundexperimente – all das soll seinen Platz im Netz finden. Regionale Größen wie der Trompeter Joo Kraus (Streaming-Konzert am Freitag, 20. November, 20 Uhr), Hochkaräter wie der Cellist Julian Steckel (20. November, 18 Uhr) und die Klarinettistin Sharon Kam (14. November, 19 Uhr) sollen Zuschauer an die Computer und Laptops locken. Und das Motto des Festivals ist eine Frage, die sich über die Datenkanäle direkt ans Publikum richtet: „Wie nimmst du wahr?“ Das Festival will in diesem Jahr die Vernetzungen zwischen den Sinnen erkunden – mit Musik für Ohren und Augen.

    Die Streaming-Idee kam Kretzinger in den Sinn, als Kulturgänger in Bayern noch die Freiheiten der Sommermonate genießen konnten, eine Corona-Atempause bei Freiluftkonzerten, in Autokinos und Kulturbiergärten: „Da haben wir aber schon geahnt, dass sich die Situation vom Frühjahr im Herbst wiederholen könnte und dass wir deshalb einen Plan brauchen, wie wir damit umgehen können“, sagt die Sängerin heute.

    Streaming-Konzerte als innovative Antwort auf die Corona-Kulturkrise

    Der Plan entstand aus der Not, im Angesicht des Shutdowns aller Bühnen. Doch er bietet Vorteile: Ursprünglich waren Konzerte mit Publikum geplant, direkt und analog. Die 50 erlaubten Plätze im Renaissance-Saal seien aber schnell ausverkauft gewesen, erklärt die Festival-Chefin. Dafür gibt es jetzt, für einen geringeren Preis, ein unerschöpfliches Kontingent an Online-Karten – kein Kampf um die besten Plätze, Streaming sei Dank. Es ist für Kretzinger ein Plan B mit Potenzial: „Wir können uns vorstellen, auch zukünftig mit Streaming-Angeboten zu arbeiten. Die ganze Kulturbranche muss sich jetzt noch intensiver mit der Digitalisierung befassen – und Streaming ist für uns im Moment die innovative Antwort auf diese Krise.“

    Der Aufwand ist beachtlich: Ein professionelles Technikteam soll für eine reibungslose Übertragung sorgen, die Ulmer Produktionsfirma „The Third Eye“ und das Tonstudio Lorenzen aus Biberach. Wie haben die teilnehmenden Künstler auf dieses neue Konzept reagiert? „Jeder war sehr froh über die Chance, auftreten zu können.“ Am Programm wird allerdings jetzt noch etwas getüftelt, das namhafte Minetti-Quartett musste absagen – jede Neuerung im Konzert-Plan wird aktuell auf der Homepage veröffentlicht.

    "Weißenhorn Klassik" befasst sich im Fuggerschloss mit Synästhesie

    Corona ändert vieles, aber längst nicht alles: Ein Vortrag eröffnet das erste Festival-Konzert am 14. November. Musik und mehr, das ist ein Prinzip von Weißenhorn Klassik, nicht nur 2020. Kretzinger sagt:„Es geht uns um Inhalte, das ist uns wichtig. Und gerade in Zeiten, wo wir Konzerte nicht unmittelbar erleben können, rückt die Frage der Wahrnehmung in den Vordergrund: Wie nehmen wir Musik wahr? Und welche Bedeutung hat sie für uns?“

    Die Synästhesie-Forscherin Christine Söffing wird über „Feuerwerk der Sinne – Synästhesie und Musik“ sprechen. Synästhesie? „Es geht um die Zusammenhänge zwischen Klangwelten und Farbwelten, um die Vernetzung von vielen Formen der Wahrnehmung“, erklärt Kretzinger. Töne, die sich mit Farben verbinden, Farben mit Klängen. Söffing wird am 21. November dazu auch eine Melange aus Kunst, Musik und Installation mit Georges-E. Schneider im Stream präsentieren.

    Der Kontakt zum Publikum ist für Musiker in Corona-Zeiten kompliziert

    Der Kontakt zum Publikum in Corona-Zeiten bleibt kompliziert und ein Smiley in der Kommentarspalte ist nicht dasselbe wie ein satter Live-Applaus. Trotzdem – oder gerade deshalb – will Kretzinger jede Chance nutzen, Musikerlebnisse zu vermitteln: „Das Publikum ist wichtig. In dieser Krise bleibt es unsere Aufgabe, den Kontakt zum Publikum bestmöglich zu erhalten.“

    Streaming-Tickets für die Konzerte gibt es unter www.weissenhornklassik.de. Dort werden auch Programm-Änderungen und Ergänzungen bekannt gegeben.

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