Lange Zeit galt das Rathaus der Fuggerstadt noch als Bollwerk gegen die Narretei und letzte Bastion der Vernunft. Während die Verwaltungen in den umliegenden Gemeinden und Städten von den anstürmenden Hästrägern wie Kartenhäuser zum Einstürzen gebracht wurden, hielten die wackeren Mitarbeiter um Bürgermeister Wolfgang Fendt hier die Stellung.
Doch zur Mittagszeit am vergangenen Samstag brach ein gewaltiger Ansturm zahlreicher Narren auf die Stadtschlösser herein. Angesichts der närrischen Übermacht währte der Widerstand des Bürgermeisters nicht lange. Die Zünfte stellten den Rathauschef vor seinem Amtssitz zur Rede und äußerten auch gleich ihre Forderungen. Freilich boten die Geschehnisse der vergangenen Monate eine breite Auswahl an Themen für die fröhlichen Rathauseroberer. So nahmen die Fasnachter auch den Brunnen auf dem Kirchplatz ins Visier. „A scheanes Plätzle isch der Kirchplatz scho immer gweah – aber der Brunna, des isch halt gar it mit a zum seah!“, dichteten die Narren. Seit Längerem sprudelt im Becken vor der Kirche kein Wasser mehr. Die Schelmenschinder brachten deshalb als Alternative ihren Narrenbrunnen ins Spiel, wie er bereits auf der Erfindermesse vor etwa zwei Wochen präsentiert wurde. Alle vier Abteilungen der Weißenhorner Fasnachter sind darauf zu erkennen.
Das närrische Volk in Weißenhorn meldet seine Wünsche
Dauerbrenner beim närrischen Volk in Weißenhorn ist die Frage nach einem Vereinsheim. Das neue Taubenhaus, das vor Kurzem am ehemaligen Busbahnhof aufgestellt wurde, könnte Abhilfe schaffen, weil sich dort eh keine Tauben aufhalten. Mit Blick auf den großen Fasnachtsumzug am Dienstag wiesen die Fasnachtsveranstalter auf eine Charitypremiere hin: Von jedem verkauften Besucherband sollen 33 Cent an gemeinnützige Organisationen gespendet werden.
Als langjährige Tradition pflegen die Buben und Mädchen der Weißenhorner Kinderbetreuungseinrichtungen, ihre Wünsche dem Stadtoberhaupt vorzutragen. Musikalisch präsentierten die Kinder aus Oberhausen ihr Anliegen an den Bürgermeister auf die Melodie von „Alle Vögel sind schon da“: „Wir Kinder lieben Geschichten sehr, drum komm mit dem Lieblingsbuch her und lies uns bitte vor, dann singen wir im Chor.“ Die Buben und Mädchen im Waldkindergarten verkleideten sich, wie es passender nicht sein könnte, als putzige Rehe. Praktisch veranlagt war dagegen ihr Wunsch an den Bürgermeister: Werkzeug, um im Wald mit anpacken zu können, soll angeschafft werden.
Die Kinder laden den Bürgermeister ein
Als grüne Monster verkleideten sich die Kinder aus Biberachzell. So passte Fendt sein Geschenk an die Farbe der Kostüme an: Ein grüner Hunderteuroschein soll die Einrichtung beim bevorstehenden Sommerfest finanziell unterstützen. Für die Buben und Mädchen aus dem Kindergarten der Arbeiterwohlfahrt, die in bunten Regenbogenfarben erschienen, soll ein Magnetspiel die Kreativität fördern. Auch dieser Wunsch solle bald in Erfüllung gehen, sagte Fendt. Auf den Spuren von Peter Pan und seiner Elfe „Glöckchen“ kamen die Mitglieder des Sankt-Maria-Kindergartens. Auch sie dachten an den kommenden Sommer und luden den Rathauschef zum Sandburgenbauen ein. „Eis und einen Zauberer soll er dann auch gleich mitbringen“, waren sich die Kinder einig.
Als märchenhafte Frösche verkleideten sich die Kinder aus Attenhofen. Sie hatten einen Sinnespfad auf dem Wunschzettel stehen. Die Mitglieder des Montessori Kindergartens hatten sich zwar am Rathaussturm nicht beteiligt, aber dennoch äußerten sie auf Nachfrage den Wunsch nach einem Ausbau der Beleuchtungsanlage. Als offensichtlich glückliche Kühe zeigten sich die Kinder von Sankt Christopherus, die dementsprechend wunschlos zufrieden beim anschließenden Umzug durch die Weißenhorner Altstadt teilnahmen.
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