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Weißenhorn: Filiale plötzlich geschlossen: Postbank verärgert Kunden in Weißenhorn

Weißenhorn

Filiale plötzlich geschlossen: Postbank verärgert Kunden in Weißenhorn

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    Die Postbank will bis 2025 alle ihre Partnerfilialen schließen. Seit Freitag ist die Partnerfiliale in Weißenhorn zu, Senden und Illertissen sollen folgen.
    Die Postbank will bis 2025 alle ihre Partnerfilialen schließen. Seit Freitag ist die Partnerfiliale in Weißenhorn zu, Senden und Illertissen sollen folgen. Foto: Marijan Murat/dpa

    "Eine bodenlose Unverschämtheit" sei das Vorgehen der Postbank, sagt Marion Stepanescu. Ihr über 80-jähriger Vater lebe in Weißenhorn, wo er seit Jahrzehnten Kunde der Postbank ist. Nun sei die Filiale von heute auf morgen geschlossen worden. Vorgewarnt wurden die Kunden nicht, sagt sie. Ihr Vater sei am Freitag praktisch vor geschlossenen Schaltern gestanden. Geld abheben, Überweisungen tätigen - alles nicht mehr möglich. 

    Will die Postbank Kunden zum Onlinebanking zwingen?

    Stepanescu ist von der Bank, bei der ihr Vater seit seiner Lehre Kunde war, tief enttäuscht. Sie habe das Gefühl, dass die Bank die teuren Filialen loswerden wolle, um die Kunden zum Onlinebanking zu zwingen, sagt sie. Die Leidtragenden seien die Senioren, die mit dieser Technik nichts mehr anfangen können. Auch technikaffine Menschen stoßen beim Onlinebanking immer wieder auf Probleme. Dinge wie Zwei-Faktor-Authentifizierung sind längst nicht jedem ein Begriff.

    Ein Sprecher der Postbank bestätigt auf Nachfrage unserer Redaktion, dass in Weißenhorn tatsächlich seit dem 28. Juni, also seit vergangenem Freitag, keine Bankdienstleistungen mehr angeboten werden und erklärt, dass es sich bei der Filiale in Weißenhorn nur um eine Partnerfiliale der Deutschen Post gehandelt habe. "Diese Partnerfilialen der Deutschen Post befinden sich meist in Geschäften des Einzelhandels wie Schreibwarengeschäften, Getränkemärkten, Kiosken oder Lebensmittelgeschäften. Vertragspartner sind hier der jeweilige Betreiber und die Deutsche Post, die Mitarbeitenden dort sind Beschäftigte des jeweiligen Partners der Deutschen Post", so der Postbanksprecher. Über die Schließung seien die Kunden durch dort ausliegende Handzettel informiert worden. Dass die nicht bei jedem Kunden und jeder Kundin ankamen, sei möglich. Dafür entschuldige sich die Postbank.

    Partnerfilialen in Senden und Illertissen sollen ebenfalls geschlossen werden

    Auch Marion Stepanescus Verdacht, dass sich die Postbank auf das Onlinegeschäft fokussiert, bestätigt sich im Statement des Sprechers. Man beobachte in den Partnerfilialen schon länger, dass Kundinnen und Kunden ihre Bankgeschäfte zunehmend online durchführen und der Anteil bargeldloser Zahlungen - auch bei Kleinbeträgen - steige. "Mit Blick auf das geänderte Kundenverhalten haben wir uns entschieden, in den Partnerfilialen der Deutschen Post Bankdienstleistungen der Postbank schrittweise bis Ende 2025 nicht mehr anzubieten", schreibt der Sprecher. Für Kundinnen und Kunden in der Region bedeutet dies weitere Einschränkungen: Auch die Partnerfilialen in Senden und in Illertissen werden geschlossen. Ein genauer Termin liege dem Sprecher noch nicht vor. 

    Wie Postbankkunden in Weißenhorn noch an Bargeld kommen

    Der Postbanksprecher weist auf alternative Möglichkeiten hin, Geld abzuheben und Überweisungen zu tätigen. Postbankkunden könnten auch an Automaten der Deutschen Bank, der Commerzbank und der HypoVereinsbank abheben, zudem bieten einige Geschäfte den Cashback-Bargeldservice, der an den Kassen Abhebungen bis 200 Euro ermöglicht. In Weißenhorn nennt er zum Beispiel Edeka, Aldi, Müller und Penny als Anlaufstellen. Überweisungen könnten Menschen, die kein Online- oder Smartphonebanking nutzen, mit sogenannten Girobriefumschlägen tätigen, die einfach in den nächsten Postkasten eingeworfen werden können. Ein Service, der allerdings auch kostet und die Briefumschlägen müssen dann doch in einer Filiale abgeholt werden. Auch kostenloses Telefonbanking biete die Postbank an. 

    Frau kritisiert: Senioren bleiben auf der Strecke

    Stepanescu ist 60 Jahre alt und mit Computer und Smartphone vertraut, ihr Vater mit über 80 nicht. Vor allem die Senioren würden durch das Verhalten der Bank in arge Bedrängnis gebracht, kritisiert sie. Denn sie sind es, die vor allem auf die Ansprechpartner und die Filialen vor Ort angewiesen sind, weil sie nicht so einfach auf Onlinebanking ausweichen können. "Mein Vater hatte bis vor Kurzem nicht einmal ein Handy", sagt sie. Es ärgert sie, dass den Menschen wie ihrem Vater ihre Autonomie genommen werde, wenn sie plötzlich nicht mehr allein in der Lage sind, Bankgeschäfte selbst zu erledigen und Rechnungen zu bezahlen. Weitere Strecken mit dem Auto zu fahren, etwa zur Bankfiliale in Illertissen, sei für viele ältere Menschen schlicht nicht mehr möglich. 

    Nicht jeder hat Familienangehörige und Freunde, die einen in solchen Situationen unterstützen können. Marion Stepanescu wohnt zum Glück nicht allzu weit von Weißenhorn entfernt, nur ein paar Orte weiter. Sie konnte ihrem Vater am Wochenende zunächst mit Bargeld aushelfen, damit er die wichtigsten Einkäufe erledigen konnte. Anschließend habe sie sich mit dem Auto auf den Weg gemacht, um zu Filialen zu fahren, an denen sie Bargeld für ihren Vater abheben und Überweisungsträger holen konnte, berichtet Stepanescu. "Um die 70 Kilometer kamen da zusammen", sagt sie. Eine Freundin der Eltern, ebenfalls Postbankkundin, habe sich anders behelfen müssen. Um an Bargeld zu kommen, habe sie extra in einem Supermarkt eingekauft, der die Kunden an der Kasse auch Geld abheben lässt, also Cashback anbietet. Um auf den dafür nötigen Mindesteinkaufswert zu kommen, musste die Frau allerdings mehr kaufen, als sie eigentlich wollte. 

    Stepanescu und ihr Vater haben nun jedenfalls Konsequenzen aus der Schließung der Partnerfiliale in Weißenhorn gezogen. Der Vater bekommt nach vielen Jahrzehnten bei der Postbank nun ein Konto bei einem anderen Geldhaus, das noch Ansprechpartner vor Ort beschäftigt.

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