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Weißenhorn: Helau und Kuttelmaß: Selbstversuch beim Faschingszug

Weißenhorn

Helau und Kuttelmaß: Selbstversuch beim Faschingszug

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    Beim Faschingsumzug in Weißenhorn ging es hoch her, mehr als 8000 Menschen feierten am Dienstag in den Straßen der Fuggerstadt. Unser Volontär (Mitte) hat einen Selbstversuch gewagt und ist auf dem Wagen des LCV Waldstetten mitgefahren. Als Belohnung gab es eine waschechte Narrenkappe und einen Orden.
    Beim Faschingsumzug in Weißenhorn ging es hoch her, mehr als 8000 Menschen feierten am Dienstag in den Straßen der Fuggerstadt. Unser Volontär (Mitte) hat einen Selbstversuch gewagt und ist auf dem Wagen des LCV Waldstetten mitgefahren. Als Belohnung gab es eine waschechte Narrenkappe und einen Orden. Foto: Alexander Kaya

    Noch keine Minute stehe ich auf dem Faschingswagen am Weißenhorner Hauptplatz, da sitzt schon eine kunterbunte Narrenkappe auf meinem Kopf. „Na also, passt doch wie angegossen. Dass wir uns nicht für dich schämen müssen“, sagt Anton, rückt seine eigene Kappe zurecht und lacht. Ich, bis eben noch vollständig unmaskiert, bin etwas überrascht, lache aber fröhlich mit – die gute Stimmung auf dem Wagen ist irgendwie ansteckend. Was ich zum Glück noch nicht ahne: Die „Mütze“, wie ich sie nenne und dafür ein mitleidiges Augenrollen von Anton kassiere, habe ich mir letztlich teuer erkaufen müssen.

    Dann setzt sich der Wagen des LCV Waldstetten zusammen mit 81 weiteren Gruppen langsam in Bewegung. Begleitet von lauter Faschingsmusik geht es durch die Weißenhorner Innenstadt, vorbei an mehr als 8000 Maschkerern am Straßenrand. So viele waren es, nach Schätzungen des Veranstalters, der Interessengemeinschaft Weißenhorner Fasnacht. Anton und die beiden LCV-Vorsitzenden Robert und Klaus greifen von Anfang an ohne Unterlass in kleine Kisten am Rand des Wagens und zaubern allerlei Süßigkeiten hervor. Ebenso fleißig gehen die acht weiteren Narren auf dem Wagen zu Werke – der älteste unter ihnen ist übrigens 81. Mit einem lang gezogenen „Helauuu“ werfen sie allesamt in hohem Bogen zahllose Leckereien über Bord.

    82 Gruppen beim Faschingsumzug in Weißenhorn

    „Gar nicht so einfach. Da muss man den Wind gleich mit einberechnen“, sagt Anton und zwinkert schelmisch – seine nächsten drei Schokoladen landen prompt exakt in den kleinen Hände dreier Eisbären, die sich mit einem strahlenden Lächeln bedanken. Ich versuche, nachzuziehen – und versage kläglich. Meine Bilanz: einmal Hauswand, einmal Gartenhecke und einmal direkt in den Gulli. Beschämend, aber Übung macht eben den Meister. Und Anton und seine Vereinskollegen sind schon seit knapp dreißig Jahren beim Umzug in Weißenhorn dabei. Kein Wunder, dass da trotz teils stürmischer Böen fast jeder Wurf sitzt. Ich halte mich derweil lieber dezent zurück und verzichte darauf, noch mehr wertvolle Fracht ins Niemandsland zu befördern. Stattdessen widme ich meine Aufmerksamkeit nochmals Sonne, Stimmung und Aussicht.

    Vor und hinter unserem Wagen tummeln sich schließlich noch viele weitere interessante Gruppen. Von Schokobons, über Krümelmonster bis hin zu kreativen Motivwagen – für die Zuschauer ist einiges geboten. Kaum verwunderlich, dass ich am Straßenrand kein einziges miesepetriges Gesicht erspähen kann – und ich habe ganz genau hingesehen. Sogar als wir gegen 11 Uhr am Unteren Tor ankommen und die Süßigkeiten tatsächlich alle sind – Anton hatte das gleich zu Beginn prophezeit –, winken uns die Kinder trotzdem eifrig und gut gelaunt zu.

    Zur Feuertaufe gibt es eine Kuttelmaß

    Für die zielsicheren Werfer und mich geht es ab hier zu Fuß weiter durch das Getümmel in Richtung Kirchplatz. Dort wartet das Narrentreiben auf uns – bis spät in den Nachmittag hinein tanzen die Faschingsfans und feiern den Höhepunkt der fünften Jahreszeit. Mir hingegen blüht vor den Toren der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt eine ganz spezielle Feuertaufe. „Das gibt’s nur in Weißenhorn“, kündigt Anton an. Zuvor bekomme ich allerdings noch einen Orden verliehen. Eine große Ehre, wie mir versichert wird. Stolz trage ich die Medaille über das Kopfsteinpflaster, verschwende keinen Gedanken an das, was mir als finale Probe droht.

    Ein grober Fehler. Zielsicher steuern Anton und Robert auf die Metzgerei zu. Wenige Minuten später kommen sie mit einem breiten Grinsen und drei Halbe-Liter-Bechern mit undefinierbarem, braunem Inhalt zurück. „Kuttelmaß“, sagt Robert und drückt mir einen der Becher in meine Hand. Ich stoße mit den beiden an und nehme vorsichtig, weil unwissend, einen kleinen Schluck. „Und, schmeckt’s?“, fragt Anton. Säuerlich, mehlig und irgendwie auch etwas zum Kauen – nur schwer gelingt es mir, das einzuordnen, was sich da in meinem Mund befindet. „Hab’s mir schlimmer vorgestellt“, antworte ich. Als Belohnung werde ich umgehend zum Umzug im nächsten Jahr eingeladen.

    Einen Bericht unseres Volontärs vom Gumpigen Donnerstag in Weißenhorn lesen Sie hier: Wild, wilder, Weißenhorn: So war der Gumpige Donnerstag 2019

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