Einst existierte ein derber Spruch: „Weberle, Weberle, wib, wib, wib, d‘Elle um an Batze. Und wenn du it so wirke witt, na kascht mir am Fiedle kratze.“ Von Letzterem wäre jedoch dringend abzuraten gewesen: Denn Herr über die Weber im Rothtal war niemand anders als die reichen Fugger zu Augsburg.
Nachdem zu Beginn des 16. Jahrhunderts bereits die Herrschaft Weißenhorn, zu der damals auch der Markt Buch zählte, in Fuggerischen Besitz überging, wechselte 1551 auch Bubenhausen den Ortsherrn. Zuvor konnte dort ein lokaler Adel nachgewiesen werden, von dessen Vertreter Ulrich Laidolf angenommen wird, dass er die ehemalige Burg nahe der Kirche bewohnte. Im Übrigen lag der gesamte mittelalterliche Ort abseits der Landstraße, dort, wo die Höfe nicht mit der Giebelseite Spalier standen. Ein mittelschwäbisches Haufendorf eben. Das sollte sich jedoch mit Übernahme der Fuggerischen Regentschaft ändern.
In Bubenhausen hat sich die Bauweise hervorragend erhalten
Schon zu jener Zeit lieferten sich in den Städten das Patriziat und die Räte Auseinandersetzungen mit den erstarkten Zünften. Repräsentativ seien hier nur die beiden Ulmer Schwörbriefe des 14. Jahrhunderts genannt, in welchen den Zunftleuten weitreichende Rechte zugestanden wurden. Die Territorialherren beabsichtigten diese Form des vormodernen Arbeitskampfes zu umgehen, indem sie ihre Produktion nach Möglichkeit außerhalb des Einflussbereiches der Zünfte ansiedelten. In der Folge entstanden im 16. Jahrhundert mit Buch und Bubenhausen zwei typische Weberansiedlungen. Charakteristisch dafür sind die sägezahngeformten Häuserzeilen, die Anwesen mit dem Giebel zur Straße weisend.
Gerade in Bubenhausen hat sich die einstige Bauweise hervorragend erhalten, zumal das Ensemble vor Jahren unter Denkmalschutz gestellt wurde. Sicherlich erfuhren die Gebäude im Laufe der Zeit mancherlei Umgestaltung, so dass wir beim heutigen Bestand nicht mehr von den original Weberhäusern sprechen können. Dennoch bietet der Blick auf die links und rechts der Hauptstraße gesäumten Anwesen ein eindrucksvolles Beispiel für die frühneuzeitliche Textilproduktion.
Die Arbeit am Webstuhl wurde zunehmend unrentabel
Dabei dürfte sich hinter so mancher heute verputzten Fassade durchaus noch Fachwerk verbergen, wie beispielsweise alte Aufnahmen des Gasthofes Adler dokumentieren. Zwar zählte das Weberhandwerk gerade in ländlichen Regionen zu den verhältnismäßig konstanten Einnahmequellen, davon allein konnte jedoch kaum einer leben. Auch wenn die Fugger selbst von Webern abstammten, die es in der Reichsstadt Augsburg zu einem unvorstellbaren Vermögen gebracht hatten – der gewöhnliche Kleinhandwerker kämpfte nicht selten mit der Armut. So urteilte bereits 1816 der Volkswirtschaftler Friedrich List: „Ein halber Bauer und ein halber Gewerbsmann ist ein elendes Zwitterding.“ Dennoch erging es den Landwebern in schlechteren Zeiten um einiges besser als den Gewerbekollegen in der Stadt, zumal der stark krisenanfällige Fernhandel außerhalb der urbanen Zentren keine so bedeutende Rolle spielte.
Als in der napoleonischen Ära die Ortsherrschaften aufgelöst und das Territorium bayerisch wurde, bedeutete dies keineswegs das Ende dieses Handwerks. Bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts übte so mancher Weber noch seine Tätigkeit aus. Doch diese Form der Textilproduktion wurde zunehmend unrentabel. Auch hatten die jüngeren Generationen andere Vorstellungen und Ziele, als ihr Leben tagaus, tagein hinter dem Webstuhl zu verbringen. Die letzten hölzernen Geräte ihrer Art sind zwischenzeitlich fast nur noch in Museen zu besichtigen. Bedienen könnte sie heute kaum einer mehr.
An einem ruhigen Abend aber kann sich der Spaziergänger durchaus noch in die Zeit versetzt fühlen, als hinter jeder Fassade die Weberschiffchen klapperten. Man braucht dafür nur ein wenig Fantasie.
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