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Volkertshofen/Memmingen: Armbrust-Schütze muss mehr als sieben Jahre ins Gefängnis

Volkertshofen/Memmingen

Armbrust-Schütze muss mehr als sieben Jahre ins Gefängnis

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    Ein Angeklagter steht wegen versuchten Mordes vor Gericht.
    Ein Angeklagter steht wegen versuchten Mordes vor Gericht. Foto: Karl-josef Hildenbrand

    Nachdenklich wirkt der Armbrust-Schütze im Verhandlungsraum am Memminger Landgericht. In wenigen Minuten wird das Urteil erwartet, die erste Strafkammer um Vorsitzenden Richter Christian Liebhart hat sich kurz zuvor für eine abschließende Besprechung zurückgezogen.

    Der 42-Jährige ist angeklagt, weil er versucht haben soll, den neuen Partner seiner Ex-Freundin in Volkertshofen mit einer Armbrust zu töten. Der Geschädigte hat nur überlebt, weil der Pfeil an einer Rippe stecken blieb, zeigten Gutachten. Den Schuss hat der Angeklagte bereits am ersten Prozesstag über eine von seinem Rechtsanwalt Thorsten Storp verlesene Erklärung gestanden, weist jedoch von sich, aus Eifersucht gehandelt zu haben. Die Beweislast indes war von vornherein groß: Polizisten fanden die Armbrust samt DNA-Spuren im Auto des 42-Jährigen, in

    Richter: Angeklagter war mit der Armbrust vertraut

    Dann geht die Tür auf und Richter Liebhart verkündet das Urteil: Sieben Jahre und sechs Monate muss der 42-Jährige ins Gefängnis. Das Gericht sieht es als bestätigt an, dass der Mann versucht hat, den jüngeren Nebenbuhler zu töten. Er habe den tödlichen Ausgang billigend in Kauf genommen. „Dass der Schuss zum Tod führen kann, war dem Angeklagten bekannt“, sagt der Richter. Bei den vorherigen Versuchen mit der Armbrust habe er sich von der Wucht der Schüsse überzeugt. Richter Liebhart begründet das Urteil ausführlich. Unter anderem sei es versuchter Mord, weil der 42-Jährige heimtückisch gehandelt hat. „Die Tat war geplant und der Geschädigte hatte keine Möglichkeit, dem Angriff zu entgehen“, so Liebhart. Ein zweites

    Liebhart stellt dies anders dar: Das Motiv war Frust und Wut. Der 42-Jährige trauerte der Beziehung zu seiner Ex-Freundin nach, das haben die Chats ergeben. Und die Ex hat seinen Hoffnungen mal Nahrung gegeben und ihn an anderen Tagen klar abgewiesen. „Sie hat ihn in ein Wechselbad der Gefühle gestürzt“, sagt der Richter. Nachdem die Ex die Trennung als endgültig bezeichnete, wollte der 42-Jährige seine Wut an dem Geschädigten auslassen, da er diesen als Grund dafür sah. Zugunsten des Armbrust-Schützen wertet das Gericht dessen von der Ex-Freundin mitverursachte psychische Situation. Die Strafe wird unter anderem dadurch gemildert. Zudem gab es einen Täter-Opfer-Ausgleich.

    Die 32-jährige Ex-Freundin, die an den meisten Prozesstagen zuhörte, rückte begleitend zum eigentlichen Tatgeschehen immer wieder in den Fokus. Staatsanwalt, Nebenklage-Anwalt und sogar Verteidiger des Angeklagten empfanden es als unglücklich, wie die 32-Jährige als Zeugin vor Gericht versuchte, den 29-Jährigen schlechtzumachen (wir berichteten). Dies sah das Gericht offenbar ähnlich: Es sei nicht zu verkennen, wie sie sich bemüht habe, den 29-Jährigen in möglichst schlechtem Licht darzustellen. An dessen detaillierten Aussagen zum Tatablauf gebe es jedoch keinen Grund zu zweifeln, urteilt das Gericht und folgt damit weitgehend der Argumentation der Staatsanwaltschaft.

    Der Angeklagte hört sich die Begründung still an. Er hat einen Teil seiner Haftstrafe schon hinter sich, da er seit rund neun Monaten in Untersuchungshaft sitzt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig..

    Staatsanwalt: Angeklagter war eifersüchtig

    Eine Woche zuvor liefen die Plädoyers. Der Staatsanwalt war da davon überzeugt, dass der Angeklagte auf den neuen Freund seiner Ex, mit der er zehn Jahre lang zusammen war, eifersüchtig war. Beide bedauerten das Ende der Beziehung und keiner ging auf Distanz zum anderen. Daher habe der Angeklagte auch gewusst, dass seine Ex mit ihrem Neuen nicht glücklich sei. Mehrfach habe sie geschrieben, dass sie nur den 42-Jährigen geliebt habe – nur, um dann im August auf Abstand zu gehen. Da habe sich der Ton geändert, der Angeklagte habe beharrlich Kontakt gesucht. Der Staatsanwalt ist überzeugt: Der 42-Jährige wollte seine Ex zurück. Ein bei ihm gefundener Liebesbrief, der nie abgeschickt wurde, „offenbart genau deswegen seine wahren Gefühle“, so der Staatsanwalt. Dort stehe etwa, die neue Beziehung sei wie ein „Dolch ins Herz“.

    Als er bemerkt habe, dass er seine Ex nicht mehr zurückbekommt, habe er den Entschluss gefasst, den Nebenbuhler zu töten. Er habe alles geplant, etwa, als er am Tattag stundenlang die Lage auskundschaftete. Hörmann bewertete das Teilgeständnis und die Reue des Mannes positiv, die Folgen für den Geschädigten und die „kaltblütige Tat“ nicht. Er forderte noch vor einer Woche eine Gesamtstrafe von acht Jahren und vier Monaten, später reduzierte er um zwei Monate. Das Gericht hielt nun sieben Jahre und sechs Monate für angemessen.

    Das Gericht hatte vor den Plädoyers einen Hinweis verkündet. Als Motiv komme auch Frustration infrage, so Vorsitzender Richter Christian Liebhardt. Dies ergebe sich durch das Wechselbad der Gefühle, in dem sich der Angeklagte befunden – und in das ihn seine Ex gestoßen habe. Sie habe ihm abwechselnd Nahrung gegeben und ihn weggestoßen. Deswegen könnte es auch sein, dass er die Wut und Frustration daraus an dem 29-Jährigen habe herauslassen wollen.

    Schießt man aus Frust mit einer Armbrust?

    Der Vertreter der Nebenklage, Anwalt Mihael Milosevic, schloss einen Kauf der Armbrust für ein Hobby aus. Nicht zufällig habe der Angeklagte die Waffe zwischen zwei emotionalen Sprachnachrichten erworben, so der

    Verteidiger Thorsten Storp sagte zu Beginn seines Plädoyers, das Kerngeschehen sei klar. Doch das vom Staatsanwalt genannte zweite Mordmotiv der niederen Beweggründe sei nicht gegeben. Der Angeklagte sei über Jahre ein „Schaffer“ gewesen, die psychische Belastung sei jedoch so immer mehr geworden. Doch generell sei er liebevoll und herzensgut. Die Tat passe nicht zu seinem Charakter.

    „Den Nebenbuhler ausschalten zu wollen, setzt voraus, dass ich selber buhle“, sagte er. Das habe sein Mandant vielleicht um Aufmerksamkeit, aber nicht um die Beziehung – obwohl ihm die Ex viele Möglichkeiten gegeben habe, wenn sie oft schrieb, sie habe nur ihn geliebt. Der 42-Jährige habe niemals geschrieben „Ich will dich zurück“. Deswegen sei er auch nicht eifersüchtig gewesen. „Er hat Schuld auf sich geladen, das ist völlig klar“, sagte Storp. Und der Heimtücke sei wohl nichts entgegenzusetzen, das sei jedoch nur ein Mordmotiv und müsse sich bei der Strafe auswirken. Zudem sei Resozialisierung wichtig. An das Gericht gewandt sagte Storp: „Geben Sie ihm die Perspektive, nehmen Sie sie ihm nicht.“ Er plädierte auf nicht mehr als fünf Jahre Haft. Das Urteil liegt nun jedoch deutlich darüber.

    Die Vorgeschichte lesen Sie hier:

    Armbrust-Fall: War es versuchter Mord?

    Armbrust-Attacke: Opfer konnte lange Zeit nicht am Fenster stehen

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