Lange hatte Ulm auf eine solche Bautätigkeit warten müssen: In den 1990er-Jahren wurde ein ähnliches Volumen investiert wie derzeit auf dem Ex-Kasernenareal. Und zwar für den damals "neuen" Eselsberg. "Mit der Ulmer Heimstätte zusammen verbauen wir hier fast 100 Millionen Euro", berichtet OB Gunter Czisch auf dem Richtfest am Weinbergweg. Die städtische Ulmer Wohnungs- und Siedlungs- Gesellschaft (UWS) investiere pro Jahr gerade 60 Millionen Euro. "Das Doppelte vom langjährigen Schnitt."
UWS baut in Ulm ein Modellquartier
Das sind aus Sicht von Czisch beeindruckende Zahlen, die deutlich machen würden, wie sehr sich die Stadt auf dem Sektor des Wohnungsbaus anstrenge. 18 Monate sind dem jüngsten Richtfest der UWS vergangen. 18 schwierige Monate in Corona-Zeiten. Die Verzögerungen durch gestörte Lieferwege und daraus resultierende Materialknappheit hätten sich in Grenzen gehalten.
Unter dem Titel "Weinberg" wird nun in Ulm Richtfest für ein "Modellquartier" gefeiert, so Czisch. Es sei sehr, sehr spannend die Themen Mobilitäts- und Energiewende hier bei diesen zunächst 137 Wohnungen in die Praxis umzusetzen. In relativ zentraler Lage zwischen der Wissenschaftsstadt und der Altstadt, direkt an der neuen Linie 2.
Die Mischung stimmt aus Sicht von Czisch: Geförderter Wohnungsbau, freier Wohnungsbau, eine Kindertagesstätte, Polizeidienststelle, ein Kinder- und Familienzentrum plus Ladenzeile sollen ein Viertel bilden, das irgendwann mit dem Rest vom Eselsberg zusammenwachsen werde. "Wir wollen zeigen, wie wir uns solche Quartiere vorstellen."
Wie das aussieht, wird auch beim Richtspruch deutlich: "Beton und Stahl, für den Architekten erste Wahl." Aber nicht nur, wie Frank Pinsler, der Geschäftsführer der UWS präzisierte. So werden beispielsweise recycelte Klinker ("Ressourcen-Schonung") bei der Verkleidung der Fassade verwendet. Pinsler spricht von einem Innovationsquartier: So seien sämtliche 139 Tiefgaragenstellplätze für die Installation von Ladeterminals für Elektromobilität vorbereitet. 20 Prozent seien sofort einsatzbereit. Der Energieverbrauch des Komplexes sei zeitgemäß niedrig (KfW-Effizienzhaus 55). Das bedeutet: Im Vergleich zu einem Haus, das früher als normal galt, benötigt ein nach diesem Standard errichtetes Gebäude nur 55 Prozent der Primärenergie.
40 Prozent der 127 Wohnungen unterliegen den Richtlinien des geförderten Wohnungsbaus. Hier liegen die Mieten voraussichtlich nur bei sieben Euro pro Quadratmeter. "Unsere Zielgruppe sind hier insbesondere alleinerziehende Mütter mit unteren Einkommen", sagt Pinsler. Aus den medizinischen Pflegeberufen etwa. Um eine ausgewogene Sozialstruktur sicher zu stellen, werden die anderen Wohnungen dem allgemeinen Mietwohnungsmarkt zur Verfügung gestellt. Die fertiggestellten Wohnungen werden ausschließlich durch die UWS vermietet.
Die Mieten im Weinberg in Ulm sollen niedrig sein
Die "normalen" Mieten der 2- bis 4-Zimmer-Wohnungen sollen unter elf Euro pro Quadratmeter liegen. Auch das sei günstig, im Schnitt würden in Ulm 13 bis 14 Euro pro Quadratmeter im Neubau verlangt. 44 Millionen investiert die UWS hier, auf dem Nachbargrundstück entsteht in Zusammenarbeit mit der genossenschaftlich organisierten Wohnungsbaugesellschaft "Ulmer Heimstätte" ein Komplex für 54 Millionen Euro. Hier ist das Richtfest für Februar kommenden Jahres geplant. Dort werden 161 Wohnungen sowie 950 Quadratmeter gewerbliche Nutzfläche entstehen.
Gemeinsam haben die beiden Gebäude eine in Beton gegossene Erinnerung an die militärische Vergangenheit des Geländes vor den Eingängen. "Ich bin gespannt, was aus der Panzerhalle wird, wie sie belebt werden wird", sagt Czisch.
Die Gewinner des Architektenwettbewerbs setzten sich unter anderem mit der Idee durch, an der Panzerhalle einen Quartiers- und Festplatz zu planen, der über eine Quartierspromenade mit der ÖPNV-Haltestelle verbunden sein soll. Etwa 2000 Menschen sollen dort künftig wohnen. Mehr als 900 neue Wohnungen sind insgesamt vorgesehen.