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Ulm: Von der Stärke, Hilfe zu suchen

Ulm

Von der Stärke, Hilfe zu suchen

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    Christine Lübbers (links) und Lydia Ringshandl vom Selbsthilfebüro Korn in Ulm
    Christine Lübbers (links) und Lydia Ringshandl vom Selbsthilfebüro Korn in Ulm Foto: Sebastian Mayr

    Seit Herbst treffen sich Männer und Frauen, die an Tinnitus leiden, also störende Ohrgeräusche hören. Am 7. Februar tauschen sich erstmals Suchtkranke aus, die Probleme mit Bei-Konsum haben, also mit Ersatz-Drogen. Und bald will sich eine Gruppe von Stalking-Opfern gründen. Etwa 250 Selbsthilfegruppen gibt es in Ulm, im Kreis Neu-

    Da gibt es zum Beispiel eine Frau aus der Region, sie besucht die Gruppe Soziale Phobie. Dort treffen sich Menschen, für die Begegnungen mit anderen eine große Hürde darstellen – zum Beispiel, weil sie fürchten, auf Ablehnung zu stoßen. Wer die Gruppe besucht, kann selbst entscheiden, wie viel er sprechen möchte, ganz ohne Druck. Die Frau aus der Region sagt von sich, dass sie dadurch Selbstbewusstsein gewonnen habe und daran gewachsen sei. Sie will anderen Mut machen, eine Selbsthilfegruppe zu besuchen. Die entlaste schon allein dadurch, dass die Betroffenen erfahren, wie viele Menschen sich in einer ähnlichen Situation befinden.

    Das Selbsthilfebüro Korn will den Gruppen Handwerkszeug mitgeben

    Christine Lübbers und Lydia Ringshandl arbeiten für das Selbsthilfebüro Korn. Sie unterstützen Gruppen bei der Gründung und begleiten sie am Anfang, wenn das gewünscht ist. Im vergangenen Jahr gingen fast 1500 Anfragen bei den beiden Frauen ein. Von Leuten, die Gruppen gründen wollen, von solchen, die Gruppen suchen und von solchen, die Gruppen bekannter machen möchten. Die Selbsthilfekreise werden ehrenamtlich und ohne professionelle Leitung organisiert.

    Lübbers, seit Kurzem 52 Jahre alt, ist Diplom-Sozialarbeiterin. Ihre Kollegin Lydia Ringshandl, 35, ist Diplom-Sozialpädagogin. Die beiden bieten nicht nur kostenfreie Beratung, sondern auch Schutz. Wenn Gruppenmitglieder anonym bleiben wollen, übernimmt das Büro die Aufgabe, neue Anfragen vertraulich anzunehmen.

    Den beiden Frauen ist das Bild von Selbsthilfekreisen wichtig. „Wir wollen, dass es als Stärke angesehen wird, in eine Gruppe zu gehen“, sagt Ringshandl und Lübbers ergänzt: „Was einem im Leben widerfährt, darauf hat man oft keinen Einfluss. Aber man muss nicht in der Opferrolle verharren, sondern kann aktiv werden.“

    Außensprechstunden in Ulm und Neu-Ulm

    Um eben das zu erleichtern, bietet Korn seit einiger Zeit auch sogenannte Außensprechstunden an – beim Verein Engagiert in Ulm in der Ulmer Radgasse und im Familienzentrum in der Neu-Ulmer Kasernstraße. Die Wege dorthin sind kürzer als auf den Eselsberg, wo das Büro Räume in der Klinik für Psychosomatik nutzt. Ein weiterer Grund für die

    Das Spektrum der Gruppen ist groß. Suchtkranke treffen sich genauso wie Rheumakranke. Ein wesentlicher Aspekt eint alle: die gemeinsame Betroffenheit. „Nur jemand, der gleich betroffen ist, kann das größte Verständnis aufbringen“, sagt Christine Lübbers. Freunde und Angehörige seien dagegen in vielen Fällen mit der Situation überfordert. In den Gruppen könnten Kranke Vorbilder finden und sehen, wie andere, die mit ähnlichen Problemen kämpfen, ihr Leben gestalten. „Selbsthilfe ist nie ein Ersatz für eine Therapie. Aber es ist eine ganz wichtige Ergänzung“, sagt Geschäftsführerin Lübbers. „Der Therapeut muss nicht damit leben, er weiß nicht, wie es sich anfühlt“, beschreibt sie.

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