Nach dem mutmaßlich rassistischen Angriff auf einen Deutschen nigerianischer Herkunft vor dem Bürgerhaus Mitte hat Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch, der sich derzeit noch im Urlaub befinde, auf den offenen Brief der Nachbarn an die Stadt reagiert. Darin stellt er klar – auch im Namen der Fraktionen des Ulmer Gemeinderats – „dass es für Hass und Rassismus keinen Platz in Ulm gibt“.
Wie berichtet, bedrohte ein 50-Jähriger eine Gruppe gebürtiger Nigerianer, von denen einige – wie das spätere Opfer – die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, vor dem Bürgerhaus in der Schaffnerstraße. Der aggressive Anwohner ließ sich nicht beruhigen, sondern zog ohne Vorwarnung auf einmal eine Gaspistole und schoss zweimal auf einen 51-Jährigen. Die vermeintliche Relativierung, dass es sich um eine Luftpistole handelte, könne „nicht darüber hinweg täuschen, dass mit einer Waffe gezielt gegen einen Menschen vorgegangen wurde, schlimmer noch: dass der Täter vermutlich aus rassistischen Motiven gehandelt hat“, so Czisch.
Ulms OB Czisch zum Thema Rassismus: "Schweigen der Mehrheit hat eine fatale Konsequenz"
Es sei Sache der Polizei, den Tathergang zu konstruieren und den Täter festzunehmen sowie Sache der Justiz, ihn zu verurteilten. „Aber es ist Sache der Stadtgesellschaft, sich deutlich gegen rassistisches Gedankengut zu stellen“, schreibt Czisch weiter. Auch jeder einzelne ist demnach gefragt, vor allem aber dürfe man Rassismus nicht einfach schweigend hinnehmen. „Denn das Schweigen der Mehrheit hat eine fatale Konsequenz: Es könnte als stillschweigende Zustimmung ausgelegt werden“, so der Oberbürgermeister und weiter: „Wir dürfen also nicht schweigend zusehen, wenn Scharfmacher und geistige Brandstifter mit Worten und Parolen zündeln.“
Lesen Sie hier, unserem Brief vom Treffen der Nachbarn und dem offenen Brief an die Stadt: Nach Angriff vor Bürgerhaus: Aufruf gegen Rassismus in Ulm
Czisch lobt das Verhalten der Nachbarn des Bürgerhauses, die Haltung gezeigt haben: „Sie haben deutlich gemacht, wofür die Mehrheit der Ulmerinnen und Ulmer steht: Für ein friedliches Zusammenleben und einen respektvollen Umgang miteinandern – selbst in der Austragung von Konflikten.“ Gerade die Bürgerzentren stehen laut Czisch auch für die Internationalität, Vielfalt und Offenheit der Stadt Ulm. „Diese halten wir für einen Gewinn. Es liegt an uns, dass dies so bleibt.“
Auch der Bitte nach einem Gespräch zur aktuellen Lage und zur Aufarbeitung des Angriffs, wie es im offenen Brief geäußert wird, will die Stadt nachkommen: Dieses soll am heutigen Freitag stattfinden. (az)
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