Frieden kann, ja sollte auch trotz Corona herrschen. Und so lassen sich 31 Organisationen nicht davon abhalten, auch dieses Jahr wieder trotz der Pandemie vom 1. bis 30. September die Ulm/Neu-Ulmer Friedenswochen zu veranstalten. Sollte nicht die Doppelstadt noch zu einem Corona-Hotspot werden, sollen alle 33 geplanten Events durchgezogen werden – natürlich unter Berücksichtigung der Hygieneregeln mit Abstand und Maskenpflicht.
Eingeschränkte Besucherzahl wegen Corona-Regeln
Das bedeutet, dass es an den meisten Veranstaltungsorten eine eingeschränkte Zahl von Besucherplätzen geben wird. Und so kommt es, dass wohl der Doppeldeckerbus, in dem Interessierte bei einer dreistündigen Stadtrundfahrt militärische und militärstützende Einrichtungen zu sehen bekommen (Freitag, 4. September, 18 Uhr, Abfahrt am Parkplatz Westbad), mit 74 Plätzen wohl der besucherfreundlichste Veranstaltungsort sein wird.
Wie das Organisationsteam mit Reinhard Köhler, Lothar Heusohn und Reinhold Thiel betont, gehe es bei den Friedenswochen nicht nur um die „Abwesenheit vom Krieg“, wie es Köhler bezeichnet, sondern auch um die Bekämpfung von „struktureller Gewalt und ums „Schaffen von gerechten sozialen Zuständen im Innern unserer Gesellschaft sowie international“. So ist das Programm der Friedenswochen nicht nur sehr umfangreich, sondern auch sehr vielfältig. Einen wirklichen Höhepunkt werde es nicht geben, „alle 33 Veranstaltungen sind der Höhepunkt“, so Heusohn. Herausragend für Veranstalter und Besucher dürfte am Ende der Wochen das gemeinsame Friedensfest sein.
Quo vadis, Europa? Tübingerin referiert im Ulmer Weinhof
Die Friedenswochen gehen, so erläutert Lothar Heusohn, auf die späten 70er-Jahre und die frühen 80er-Jahre zurück, als auch Ulm und Neu-Ulm im Zeichen der Friedensbewegung standen. Die Auftaktveranstaltung kommt wieder der guten alten Tradition gemäß vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Der DGB hatte unter anderen 1957 einen Antikriegstag eingeführt, der stets am 1. September war, also dem Tag, als die Truppen des Deutschen Reichs 1939 Polen angriffen und es damit zum Zweiten Weltkrieg kam. Auch, als die Friedenswochen später bis 2017 ausgesetzt waren, wurde der Antikriegstag weiter begangen.
Am Eröffnungstag der diesjährigen Friedenswochen, Dienstag, 1. September, 18 Uhr, referiert die Tübingerin Claudia Haydt, die seit vielen Jahren bei der Informationsstelle Militarisierung engagiert ist, im Haus der Gewerkschaften am Ulmer Weinhof über das Thema „Quo vadis, Europa?“. Es geht darum, was vom Friedensprojekt der europäischen Staatengemeinschaft geblieben ist und was passieren muss, um friedenspolitische Lösungen wieder in den Vordergrund zu rücken.
Neu dabei ist unter anderem das Roxy
Zu den Veranstaltern sind die Bewegung „Fridays for future“ und das Roxy neu dazu gekommen, Gleis 44 ist zum zweiten Mal dabei. Für die Finanzierung der Friedenswochen sorgen die Veranstalter selbst, teils aus eigenen Mitteln, viel auch über Spenden. Man habe sich bewusst nicht an die Städte gewandt, denn die Wochen seien eine „zivilgesellschaftliche Geschichte“, wie es Reinhold Thiel ausdrückt. Schirmherr ist Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch.
Zum ersten Mal wird es eine Kunstausstellung mit Werken von 20 Künstlern aus ganz Deutschland geben, die unter dem Titel „Friede, Freude, Eierkuchen“ in der Galerie Kunstpool am Ehinger Tor zu sehen sein wird. Spannend dürfte eine Gesprächsrunde im Gleis 44 mit regionalen Bundestagsabgeordneten – nur CSU-Mann Georg Nüßlein hat abgesagt – über Wirtschaft und Menschenrechte unter dem Titel „Das Lieferkettengesetz“ werden.
Mit im Programm unter anderem auch die Fotoausstellung „Barriere: Zonen“ im Roxy, „Auschwitz als Steinbruch – Was von den NS-Verbrechen bleibt“, ein Vortrag im Haus der Gewerkschaften, ein Friedenssong-Marathon von Radio Free FM, „Verhandlungsspiel Klimakonferenz“ von Fridays for Future Ulm, ein Bücherflohmarkt der Tibet-Initiative im Pfaffenhofer Rathaus oder Wortschatzübungen #8: „Hoffnung“ in der Ulmer Stadtbibliothek.
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