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Ulm: Ulmer Forscher finden Verunreinigungen im AstraZeneca-Impfstoff

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Ulmer Forscher finden Verunreinigungen im AstraZeneca-Impfstoff

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    Forscher aus Ulm haben Verunreinigungen im AstraZeneca-Impfstoff gefunden:  Proteine könnten Qualität des Vakzins beeinträchtigen.
    Forscher aus Ulm haben Verunreinigungen im AstraZeneca-Impfstoff gefunden: Proteine könnten Qualität des Vakzins beeinträchtigen. Foto: Stefan Sauer/dpa

    Forscher der Uni Ulm haben Verunreinigungen im Impfstoff AstraZeneca festgestellt. Konkret geht es bei den Verunreinigungen im Covid-Impfstoff des Pharmakonzerns AstraZeneca um menschliche und virale Eiweiße – darunter insbesondere so genannte Hitzeschock-Proteine. Die Ergebnisse geben Hinweise darauf, wie der Pharmakonzern seine Herstellungs- und Qualitätssicherungsprozesse optimieren könne. Die Studie durchläuft derzeit ein Review-Verfahren bei einem anerkannten Fachjournal, heißt es in einer Mitteilung dazu.

    Beeinflussung der Impfreaktionen von AstraZeneca ist unklar

    Ob diese Verunreinigungen die Wirksamkeit des Impfstoffs beeinflussen oder mit Impfreaktionen zusammenhängen, könne die Studie allerdings nicht beantworten.

    Bei dem Vakzin „Vaxzevria“ des britisch-schwedischen Pharmakonzerns AstraZeneca handelt es sich um einen so genannten Vektorimpfstoff. Als Vektor dient ein für Menschen ungefährliches Adenovirus: Diese „Genfähre“ schleust ein Oberflächeneiweiß des neuen Coronavirus (SARS-CoV-2) in die körpereigenen Zellen. Im Zuge der darauf folgenden Immunreaktion werden Antikörper gebildet, die Impflinge gegen COVID-19 schützen sollen.

    Grippeähnliche Symptome nach der AstraZeneca-Impfung

    Kurze Zeit nach der Immunisierung mit „Vaxzevria“ (ChAdOx1 nCoV-19) treten bei Impflingen relativ häufig grippeähnliche Symptome als Impfreaktion auf; in sehr seltenen Fällen entwickelten vor allem jüngere Frauen bis zu 16 Tage nach der Impfung lebensbedrohliche Sinusvenenthrombosen. Vor diesem Hintergrund haben Forschende um Professor Stefan Kochanek, Leiter der Abteilung Gentherapie der Ulmer Universitätsmedizin, drei Chargen des AstraZeneca-Impfstoffs mit biochemischen Methoden und Proteomanalysen untersucht.

    Neben Proteinen des adenoviralen Vakzins selbst fanden sie beträchtliche Mengen menschlicher Proteine und auch regulatorischer viraler Proteine, die nicht Teil des Impfstoffs sind. Um diese Verunreinigungen aufzuspüren, haben die Studienautorinnen und -autoren unter anderem mit Proteingelen und Silberfärbungen gearbeitet: Konkret verglichen sie die Färbemuster der AstraZeneca-Proben mit denen eines laboreigenen Vergleichsvektors (HAdV-C5-EGFP), der mittels Ultrazentrifugation aufgereinigt worden war. „Das Bandenmuster im Proteingel hat sich in den beiden Proben deutlich unterschieden: Im Vergleich zu dem eigenen Adenovirus-Vektor wiesen die AstraZeneca-Proben deutlich mehr Proteinbanden auf, die nicht durch den adenoviralen Impfstoff erklärbar waren“, erläutert Professor Kochanek. Daraufhin wurde zunächst der Proteingehalt der Vaxzevria-Impfstoffchargen bestimmt – mit eindeutigem Ergebnis. Der Proteingehalt pro Impfdosis lag deutlich über den theoretisch zu erwartenden 12,5 Mikrogramm (μg) und in einer genauer untersuchten Charge betrug er sogar 32 μg.

    Diese Verunreinigungen wurden im Impfstoff AstraZeneca entdeckt

    Doch welche Proteine sind in dem AstraZeneca-Impfstoff in größerer Menge vorhanden? Um diese Frage zu beantworten, wurden massenspektrometrische Untersuchungen durchgeführt. Im Ergebnis war mindestens die Hälfte der Eiweiße menschlichen Ursprungs. Unter den humanen Proteinen, die aus der menschlichen Zelllinie zur Vektorproduktion stammen, fiel insbesondere die Häufung so genannter Hitzeschockproteine auf.

    „Insgesamt haben wir über 1000 Proteine in den Chargen detektiert: Die Mehrzahl dürfte keine negativen Auswirkungen auf Impflinge haben. Extrazelluläre Hitzeschockproteine sind jedoch bekannt dafür, dass sie angeborene und erworbene Immunantworten modulieren und bestehende Entzündungsreaktionen verstärken können. Sie wurden zudem auch schon mit Autoimmunreaktionen in Verbindung gebracht“, erklärt Professor Kochanek. In weiteren Studien muss untersucht werden, inwiefern diese Protein-Verunreinigungen die Wirksamkeit des Vakzins mindern oder mit der oftmals starken Impfreaktion zeitnah nach der Injektion des Impfstoffes in den Muskel zusammenhängen könnten.

    Das ist der Rat der Forscher der Uni Ulm

    In der Pharmaindustrie gilt die möglichst weitgehende Entfernung solcher Verunreinigungen aus biotechnologisch hergestellten therapeutischen Proteinen als ein sehr wichtiges Qualitätsmerkmal. Im Fall des adenoviralen Covid-Impfstoffs von AstraZeneca reicht die Kontrolle mit den bisher verwendeten Standard-Nachweisverfahren offenbar nicht aus. Die Ulmer Forschenden empfehlen ergänzende Methoden wie Gel- und Kapillarelektrophoresen sowie massenspektrometrische Untersuchungen. „Die Vielzahl der gefundenen Verunreinigungen, von denen zumindest einige negative Effekte haben könnten, macht es nötig, den Herstellungsprozess und die Qualitätskontrolle des Impfstoffs zu überarbeiten. Dadurch ließe sich neben der Sicherheit womöglich auch die Wirksamkeit des Vakzins erhöhen“, so Professor Kochanek. (AZ)

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