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Ulm: Ulm: Tatort Einkaufsmeile

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Ulm: Tatort Einkaufsmeile

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    Innenstadt als Gefahrenzone? Auch der Bereich zwischen dem Textilfiliallisten C&A sowie Galeria Kaufhof gilt am Wochenende nach Schilderung von Händlern als ein Gebiet mit unfreundlicher Atmosphäre.
    Innenstadt als Gefahrenzone? Auch der Bereich zwischen dem Textilfiliallisten C&A sowie Galeria Kaufhof gilt am Wochenende nach Schilderung von Händlern als ein Gebiet mit unfreundlicher Atmosphäre. Foto: Alexander Kaya

    Vergangenen Samstag in Ulm: Fünf junge Männer aus Nordafrika gehen in die Peek & Cloppenburg-Filiale in der Bahnhofstraße. Sie stopfen die Taschen mit teuren Klamotten voll und verlassen zügig das Haus - ohne Blickkontakt und ohne zu bezahlen. Drei der Diebe kann das verdutzte Personal stellen. Nur einen Steinwurf weiter treffen sich regelmäßig „Jugendbanden“, wie Beobachter berichten, im Bereich Ende der Mühlengasse im Schutze der Sedelhöfe-Baustelle. Und pöbeln Passanten an. Immer öfter suchten am Samstagabend Familien mit Kindern Schutz im Sport-Sohn, um nicht in Berührung mit den Zuständen rund um die

    Schlägereien in der Bahnhofstraße

    Dass diese Zustände nicht frei erfunden ist, untermalte am Dienstag Sertan Cem, der bei Sport-Sohn für die Sicherheit zuständig ist, bei einer Veranstaltung der CDU per Videos. Darauf zu sehen waren wüste Schlägereien direkt auf der Bahnhofstraße, offensichtlicher Drogenhandel im Bereich der begrünten Rondelle direkt davor und auf frischer Tat gefilmte Autoknacker im Bereich der Ulmer Diagonale.

    Die Fraktion der Christdemokraten im Ulmer Gemeinderat hatte im Vorfeld zweier Sicherheitsgipfel mit Vertretern aus dem Rathaus, der Polizei und dem Gemeinderat Ulmer Händler eingeladen, um über ihre Erfahrungen zu berichten. „Das ist eine untragbare Situation“, sagte Ute Dieterich von Peek & Cloppenburg. Oft würden sich die Mitarbeiter des Textil-Filialisten am Samstagabend nicht mehr aus dem Haus trauen, weil sie am Personalausgang beleidigt, angemacht oder bedrängt würden. Auch Autos würden beschädigt.

    Dubiose Spendensammler gehören zum Straßenbild in der Fußgängerzone.
    Dubiose Spendensammler gehören zum Straßenbild in der Fußgängerzone. Foto: Alexander Kaya

    Christoph Holbein, der Sport-Sohn-Chef, spricht ebenso von verängstigten Mitarbeitern, die sich tagtäglich mit aggressiven, zugedröhnten Ladendieben auseinandersetzen müssten. „Die Gegend ist total verkommen.“ Alkohol- und Drogenabhängige nehmen nach Einschätzung der Händler auch Tag für Tag die Sitzgelegenheiten auf dem kleinen Platz an der Dreikönigsgasse in Beschlag.

    Zwei Stunden, nachdem Sport-Sohn-Ladendetektiv Cem die Täter – die fast ausschließlich einen Migrationshintergrund hätten, der Polizei übergebe, stünden sie wieder vor der Tür und würden Drohgebärden in Richtung der Mitarbeiter schicken. Falls die Polizei überhaupt komme. Denn das ist nach Aussage von Cem nicht immer der Fall: „Ich will der Polizei nichts Böses, aber das ist Fakt.“

    Ein schwerer Vorwurf, den Wolfgang Jürgens, der Pressesprecher der Polizei Ulm, weit von seiner Behörde weist. Das sei Unsinn. Allerdings sei bekannt, dass sich die Situation im Bereich der Bahnhofstraße verschärft habe. Die Baustelle vor dem Hauptbahnhof habe zu einer Verlagerung einer gewissen Szene in die Fußgängerzone geführt. Zudem würde eine Praxis in der Wengengasse, die Menschen mit Opiatabhängigkeit als Zielgruppe hat, die Drogenszene anziehen.

    Die Sitzgelegenheiten in der Bahnhofstraße vor Sport-Sohn gelten als Drogenumschlagplatz.
    Die Sitzgelegenheiten in der Bahnhofstraße vor Sport-Sohn gelten als Drogenumschlagplatz. Foto: Alexander Kaya

    Thomas Kienle, der Fraktionschef der Ulmer CDU, spricht sich angesichts öffentlicher Exzesse für eine härtere Hand aus: „Wir haben einen Punkt erreicht, ab dem es keine Toleranz mehr gibt.“ Das habe nichts mehr mit unliebsamen aber letztlich unvermeidlichen Begleiterscheinungen einer Großstadt zu tun. Teile der Innenstadt seien zu einem Gefahrenschwerpunkt geworden. Da dürfe der Staat sich als Ordnungsmacht nicht zurück ziehen.

    Längst habe die kritisierte Sicherheitslage auch wirtschaftliche Auswirkungen. Um „ein gewisses Klientel“ aus dem Laden zu haben, verzichtet etwa das DER-Reisebüro in der Glöcklergasse auf den Verkauft von Fernbustickets. Einen sechsstelligen Betrag investierte allein Sport-Sohn heuer in Ladendiebstahlprävention. Von „exorbitant“ steigenden Diebstählen berichtet Dieterich von Peek & Cloppenburg. Und dass aufgrund einer Atmosphäre, die von Betrunkenen und aggressiven Bettlern geprägt werde, die Kunden wegbleiben, hat Ulms Citymanager Henning Krone längst notiert. Es müsse etwas geschehen: „Wir müssen dafür sorgen, dass sich die Kunden wohlfühlen.“ Helfen könnten seiner Meinung nach ein Alkoholverbot und mehr Platzverweise der Polizei in Richtung der Störer.

    Verwundert über schlimme Zustände, die Teile der Händler schilderten, zeigte sich die Ulmer CDU-Stadträtin Karin Graf, die bewusst einen Gegenpol dazu setzen wollte: Noch nie sei sie in Ulm belästigt worden, obwohl sie oft am Abend unterwegs sei.

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