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Ulm: Trostpflaster statt Forschungsfabrik

Ulm

Trostpflaster statt Forschungsfabrik

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    Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, hat am Montag Ulm besucht und sich ein Bild über die Batterieforschung am Standort gemacht.
    Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, hat am Montag Ulm besucht und sich ein Bild über die Batterieforschung am Standort gemacht.

    Mit gemischten Gefühlen blieb Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch nach dem Besuch von Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) in Ulm zurück. Über den grünen Klee lobte sie zwar den Batterie-Forschungsstandort. Dieser sei exzellent und es sei auch nie die Rede von einem Nebenstandort gewesen. „Ulm ist einer der wichtigsten Standorte für die Batterieforschung in Deutschland mit großer Zukunft.“ Aber warum Münster und nicht Ulm den Zuschlag für eine 500 Millionen Euro schwere Batterie-Forschungsfabrik erhielt, konnte sie nach Czischs Überzeugung nicht lückenlos erklären. „Viele Fragen bleiben offen.“

    Lesen Sie Auch: Schlappe für Ulm irritiert Rathauschef: 500 Millionen machen Bogen um das Münster

    Auch die nach der Höhe der Fördergelder für den Ulmer Standort. Etwas Konkretes hätte sich Czisch gewünscht. Von einem „zweistelligen Millionenbetrag“ sprach zwar die Ministerin, CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart kolportierte jedoch jüngst öffentlich 50 Millionen Euro, die bereits zugesagt seien.

    Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut, ebenfalls CDU, meldete sich prompt schriftlich zu Wort: „Wir nehmen Frau Karliczek beim Wort: Ulm und Karlsruhe müssen beim Dachkonzept zur Batteriezellforschung auf Augenhöhe einbezogen werden. Wir erwarten, dass das Ministerium zeitnah erklärt, wie dies konkret ausgestaltet werden kann.“ Bereits bestehende Förderzusagen für Projekte nur zu wiederholen, werde nicht ausreichen.

    Die gesamte Entwicklungskette der Batterieforschung

    Einig sind sich zumindest sämtliche Protagonisten, dass in Deutschland wettbewerbsfähige Batteriezellen produziert werden müssen, weil sonst Arbeitsplätze in Gefahr geraten. Der internationale Wettbewerb um die Mobilität der Zukunft ist voll im Gange.

    „Die Entscheidung für Münster ist eine Entscheidung gegen die Schnelligkeit“, sagte die Leiterin der Batterieforschung am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW), Margret Wohlfahrt-Mehrens. Eine Forschungsplattform für die industrielle Produktion von großen Lithium-Ionen-Zellen ist bereits seit fünf Jahren in Betrieb und sei einzigartig in Europa.

    „Eine merkwürdige Entscheidung“, kommentierte Professor Werner Tillmetz, der 14 Jahre als Vorstandsmitglied und Leiter des Geschäftsbereichs Elektrochemische Energietechnologien am ZSW in Ulm war. Denn vieles, was in Münster noch gebaut werden müsse, sei in Ulm bereits vorhanden. Auf dem Ulmer Campus decken die Universität Ulm und das ZSW die gesamte Entwicklungskette der Batterieforschung ab.

    Karliczek bekam vor Augen geführt, wie in Ulm aus 30 Jahren angewandter Batterie- und Brennstoffzellenforschung die Brücke in die Praxis geschlagen wird. Vom Material bis zur Zelle, von der Labor- bis zur Pilotproduktion automobiltauglicher Lithium-Ionen-Zellen, von der Systemtechnik bis zum Batteriefunktions- und Sicherheitstestzentrum hat sich am Eselsberg eine in weiten Teilen in Europa einzigartige Forschungs- und Entwicklungskompetenz etabliert.

    Etwas angenehmer als der Termin bei enttäuschten Batterieforschern war für Ministerin Karliczek der Termin im Rathaus. Nachdem im Stadthaus Maultaschen gereicht wurden, servierte die Westfälin Karliczek Czisch das Ortsschild „Zukunftsstadt Ulm“. Und war wieder voll des Lobes. „Sie zeigen, wie eine Stadt den digitalen Wandel selbst in der Hand halten kann.“ 200 schriftlich eingereichte Ideen aus der Bürgerschaft rund um das Thema Digitalisierung seien ein Zeichen von Innovationsgeist. Wie berichtet, gehört Ulm zu den Gewinnern der Ausschreibung „Modellprojekte Smart Cities“. Die Stadt konnte mit ihrer Bewerbung neben den Städten Solingen und Wolfsburg in der Kategorie „Großstädte“ als einzige in Süddeutschland überzeugen. Die nun bewilligte Fördersumme von knapp acht Millionen Euro entspricht einer Förderung von 65 Prozent der Gesamtsumme; die restlichen gut vier Millionen Euro steuert die Stadt bei.

    Czisch betonte, dass eines der wichtigsten Anliegen dieser Aktivitäten sei, auch die eine Hälfte der Bevölkerung mit ins Boot zu holen, die dem Ganzen skeptisch gegenüberstehe. „Wir müssen aufzeigen, was es nützt.“ Und wenn es die digitale Antwort auf die Frage sei, wie die Karotten vom Markt zur Oma, die nicht mehr gut laufen kann, besser in die Küche kommen.

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