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Ulm: Sophie Scholl: Mahnungen aus der Ulmer Fußgängerzone zum 100. Geburtstag

Ulm

Sophie Scholl: Mahnungen aus der Ulmer Fußgängerzone zum 100. Geburtstag

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    Die beiden Wanderausstellungen werden in den Schaufenstern der pandemiebedingt angemieteten Räume der Ulmer Volkshochschule gezeigt.
    Die beiden Wanderausstellungen werden in den Schaufenstern der pandemiebedingt angemieteten Räume der Ulmer Volkshochschule gezeigt. Foto: Alexander Kaya

    Gegenüber eines Last-Minute-Reisebüros in der Hafengasse wird es jetzt ernst. Ein Zitat von Sophie Scholl, deren Geburtstag sich am 9. Mai zum 100. Mal jährt, hängt im Schaufenster eines anderen, ehemaligen Reisebüros, das die Corona-Krise nicht überstand. "Ich kann nicht begreifen, dass nun dauernd Menschen in Lebensgefahr gebracht werden von anderen Menschen. Ich kann es nie begreifen und ich finde es entsetzlich. Sag nicht, es ist für's Vaterland." Diese Zeilen schrieb Sophie Scholl im September 1939 an ihren Freund Fritz Hartnagel. Nun sind sie Teil einer Wanderausstellung, die in Ulm zu sehen ist.

    Zur Eröffnung kam Hildegard Kronawitter, die lange für die SPD im Bayerischen Landtag saß und jetzt die "Weiße Rose Stiftung" führt. Gerade weil die aus 14 Ausstellungsbannern bestehende Ausstellung nicht in Museen hängt - sondern zwischen Angeboten für Kreta-Reisen und Duftkerzen um Aufmerksamkeit buhlt - sieht die 74-Jährige eine "unglaubliche Chance" in der Aktion. Denn so würden auch Menschen mit einem Teil deutscher Geschichte konfrontiert, die sich sonst kaum freiwillig derartigen Themen stellen.

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    Ulm: "Querdenker" und die Scholls

    Seit Monaten versuchen so genannte "Querdenker" und andere Kritiker der Corona-Maßnahmen in ihren Protesten immer wieder einen Bezug zum Widerstand der Weißen Rose herzustellen, um die eigene Legitimität zu erhöhen. Kronawitter hält das kaum aus. Die Wanderausstellung könne mithelfen nun "niederschwellig im Vorbeigehen" zu zeigen, dass ein Vergleich der Bundesrepublik mit einer "mörderischen Diktatur" völlig unangebracht ist. Es gehe darum, wertzuschätzen, wie wichtig es ist, seine Meinung vertreten zu können.

    Sophie Scholl hatte viele Verbindungen nach Ulm

    Neben den Bannern aus München ist im Hafenbad 35, unweit des Ulmer Gerichts, auch ein "Zwilling" der Schautafeln zu sehen, die im Ulmer Einsteinhaus hängen. Die vergangenen 15 Jahre verbrachte die Schau in Kisten, um im In- und Ausland ab und an wieder gezeigt zu werden. 28 Jugendliche werden hier porträtiert, die während der Zeit des Nationalsozialismus in Ulm lebten.

    Christoph Hantel, der Leiter der Ulmer Volkshochschule (Vh) weiß, dass aus museumspädagogischer Sicht eine derart schriftlastige Ausstellung nicht auf der Höhe der Zeit ist. Deswegen werde an der Vh derzeit an einer neuen Dauerausstellung gearbeitet. Das Ziel: eine moderne, interaktive Scholl-Schau mit bewegten Bildern. "Wir sind noch auf der Suche nach Filmmaterial", sagt Hantel. Auch die Finanzierung sei - nicht zuletzt wegen Corona-Verzögerungen - noch nicht gesichert.

    Bis dahin bleiben Filmsequenzen zum 100. Geburtstag der Sophie Scholl Mangelware. Die dennoch professionelle Wanderausstellung ist so in den Schaufenstern der pandemiebedingt angemieteten Räume der Ulmer Volkshochschule zu sehen. Die erste Station beginnt im Hafenbad 35, die zweite ist im Hafenbad 18, die dritte im Hafenbad 18/1 und die vierte und letzte Station endet in der Hafengasse 15.

    Die Weiße Rose und die Facetten der Sophie Scholl

    Auf 14 Ausstellungsbannern werden Sophie Scholls Kindheit, Familie, ihre Jugend in Ulm präsentiert. Ebenso werden auch Sophies Aktivitäten im Bund Deutscher Mädel (BDM) und der Reichsarbeitsdienst thematisiert. Wie Kronawitter erläutert, sei es spannend zu sehen, wie die extrem couragierte Sophie Scholl zuerst von der Nazi-Vereinigung BDM angezogen wurde, weil ihr die Aktivitäten gefielen. Schnell habe sie jedoch gemerkt, dass der BDM in Wahrheit aber nur die Mädchen missbrauche, indem er sie auf eine unmenschliche Ideologie ausrichte.

    Viele Facetten der Persönlichkeit Sophies, ihre künstlerische Begabung, die Liebe zu Fritz Hartnagel sowie ihre Nähe zur Natur, zur Sprache werden thematisiert. Die Ausstellung informiert zudem über das Studium in München, den dortigen Freundeskreis und auch über Sophie Scholls Beitrag zum Widerstand der Weißen Rose sowie Verhaftung, Prozess und Ermordung durch die NS-Diktatur.

    Vh in Ulm wurde von Inge Aicher-Scholl gegründet

    Die letzte Tafel zeigt die vielfältige Erinnerung an Sophie Scholl und veranschaulicht, wie sie gewissermaßen zur Ikone werden konnte. Das habe lang gedauert, wenngleich bereits im Dezember 1945 eine Schule in Sophie-Scholl-Schule umbenannt wurde. Auf Vorschlag der Amerikaner. "Es hat in Deutschland Jahre gedauert, bis die Weiße Rose als bedeutsam anerkannt wurde", sagt Hantel. Ulm sei dafür immer ein Vorkämpfer gewesen. Aus familiärer Verbundenheit: Denn die Vh wurde von Inge Aicher-Scholl gegründet. Sie war die ältere Schwester von Hans und Sophie Scholl.

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