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Ulm: So beschreibt der Freidenker Heinz Feuchter das Leben in Marokko

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So beschreibt der Freidenker Heinz Feuchter das Leben in Marokko

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    Der Freidenker Heinz Feuchter hatte einst in Ulm die Jugendgruppe „Die Falken“ gegründet. In Böfingen ist ihm eine Straße gewidmet.
    Der Freidenker Heinz Feuchter hatte einst in Ulm die Jugendgruppe „Die Falken“ gegründet. In Böfingen ist ihm eine Straße gewidmet. Foto: Dagmar Hub

    Vor fast 16 Jahren starb Heinz Feuchter in Ulm. Vor kurzer Zeit entdeckte seine Tochter Claudia ein in der zweiten Hälfte der 60er-Jahre geschriebenes Manuskript ihres Vaters über die Zeit in Marokko, wo Feuchter mit seiner Frau Hilde 1962 bis 1965 lebte – und wo seine erste Tochter Claudia geboren wurde. Feuchter hatte als Geometer in Marokko gearbeitet, in einer Region, wo große Vorkommen von Kobalt entdeckt worden waren. Claudia Feuchter hat das Manuskript bearbeitet, Siegfried Späth brachte „Braunes Gold & Roter Wein“ nun heraus. Es erschien bei Books on Demand Norderstedt.

    Heinz Feuchter war Mitbegründer der Ulmer "Falken"

    Heinz Feuchter, geboren 1927 in Günzburg, kam aus dem Umfeld der sozialistischen Arbeiterbewegung und war in Ulm Mitbegründer der sozialistischen Jugendgruppe „Die Falken“, Mitgründer des „Arbeiterchores 1. Mai“ und Gründer der Ulmer Ortsgruppe des Deutschen Freidenkerverbandes. An der Ulmer Volkshochschule wird an Heinz Feuchter in der Dauerausstellung „Wir wollten das andere“ erinnert. Feuchter hatte mit Freunden gegen Ende des Zweiten Weltkrieges widerständische Aktionen ausgeführt, zum Beispiel am Theater Ulm ein Plakat angebracht „Geschlossen zum Zweck der Kriegsverlängerung“. Eine Straße im Ulmer Stadtteil Böfingen wurde nach ihm benannt.

    Roter Wein im Titel bei einem Tatsachenroman über Marokko, wo sich fast 99 Prozent der Bevölkerung zum Islam bekennen? Doch, historisch ist das korrekt. Bereits die Phönizier und die Römer hatten auf dem Boden des heutigen Marokko Wein angebaut, was mit der Islamisierung des Maghreb im siebten Jahrhundert völlig zum Erliegen kam. Französische Kolonisten begründeten den Anbau guter Rotweine nach dem Ersten Weltkrieg in Marokko neu. Die französischen Winzer in Marokko wurden 1973 enteignet. Diese Fakten geben einen Eindruck der Zwischen-Zeit, aus der der Roman stammt. Muhammad V. hatte das Frauenwahlrecht eingeführt; sein Sohn Hassan II., der 1961 an die Macht kam, war stark westlich und europäisch orientiert. Insofern geben sowohl die Erzählung als auch Feuchters gelungene Zeichnungen einen vermutlich sehr authentischen Eindruck in die Lebensumstände jener Kolonialzeit. Der Alkohol – vom Champagner über Rotwein bis hin zu Bier und Whiskey – fließt beispielsweise in der Erzählung unter den Europäern reichlich, aber auch marokkanische Männer umgehen das Alkoholverbot, wenn sie sich unbeobachtet von möglichen Petzern wähnen. Die hohe Unfallgefahr durch falsche Berechnungen und schlechten Bau der Abbauminen wird geschildert; sie bedroht in der Erzählung Leben und Gesundheit der einheimischen Arbeiter. Ein Unglück am Ende, das die Europäer trifft – an einen Zufall mag man nicht glauben.

    Heinz Feuchters Roman spiegelt den Blick der Europäer auf die Kolonialzeit

    Die Erzählung, in der das Ehepaar Heinz und Hilde Feuchter als Karl und Inge Wieser auftritt und der ein Lektorat gutgetan hätte, spiegelt die Sprache und Denkweise der Europäer gegenüber der arabischen Bevölkerung des Landes zur damaligen Zeit wider: Der Gehilfe Ahmed wird „Faultier“ genannt, Yussuf „du Gurke“. Heute würde wohl kein Autor mehr die marokkanischen Frauen generalisierend „Fatimas“ nennen, wie es Feuchter selbst tut. Sätze wie „Die Liebe ist doch hier in allererster Linie sinnlich. Wann einer Fatima gleich von vorn herein sagst, dass eben nur des Bestimmt von ihr willst, dann beleidigst sie damit net“ werfen ein Schlaglicht auf die Denkweise der Zeit. Die Schilderung der Verhältnisse ist zugleich Kolonialismus-Kritik: „Euch macht man glauben, was Ihr Franzosen hier aufgebaut habt, das sei Eure Leistung zu Nutzen des marokkanischen Volkes. Aber man verschweigt Euch, wer welche Gewinne dadurch erzielt hat und dass das nur geschaffen wurde, um diese Gewinne zu erzielen“, schreibt Feuchter. Jede Regierung habe es leicht, wenn ein Volk gut religiös ist, denn sie brauche nur zu behaupten, sie sei von Gott eingesetzt – in solchen Sätzen findet sich der konsequente Atheismus Heinz Feuchters wieder. Am Ende des Buches gibt es eine Erklärung zu seiner Lebenssicht vom früheren Freidenker-Vorstand Walter Schmid: Feuchter sei Günther Anders´ These zugeneigt gewesen, dass sich seiner Menschenwürde entäußere, wer zu einem Gott betet, „der Auschwitz nicht verhindert hat“. Feuchter habe für „die ethischen und humanen Werte des Sozialismus“ gesprochen.

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