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Ulm: Sebastian Lehmann im Kabarett: Meine Eltern sind die besten

Ulm

Sebastian Lehmann im Kabarett: Meine Eltern sind die besten

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    Lehmann – schwarz gekleidet auf schwarzer Bühne.
    Lehmann – schwarz gekleidet auf schwarzer Bühne. Foto: Dagmar Hub

    Sebastian Lehmanns Eltern haben es nicht leicht: Herr und Frau Lehmann sind Projektionsfläche eines großen Teils der Comedy ihres Sohnes. Der Freiburger Sebastian Lehmann, der in Berlin lebt und 20 Semester Neuere Deutsche Literatur, Philosophie und Geschichte hinter sich hat, amüsierte die Zuschauer im fast ausverkauften Roxy mit einer Erzähl-Lesung „Andere Kinder haben auch schöne Eltern“. Und vorab: Was den Abend lang nach Hassliebe klingt – Sohn und Eltern schenken sich an bissiger Ironie und an Provokationen bei den Telefonaten zwischen Freiburg und

    Lehmann ist 38, sagt Wikipedia, und so deutet er selbst es auch an. Wenn er eher klein und schmal, mit schwarzer Hose und schwarzer Jacke am Bistrotisch auf der Roxy-Bühne sitzt, wirkt er mehr als zehn Jahre jünger, und gerade deshalb funktioniert seine Comedy. Da nimmt man ihm ab, dass er – gefühlt täglich – mit seinen Eltern telefoniert, gleichzeitig von der Mutter besorgt umhegt und sich vergeblich zu befreien suchend, oft ratlos-ungeschickt im Alltag und deshalb von den Eltern auch als stets Geld brauchender schwarzer Fleck der Familie betrachtet. „Meine Mutter ruft aus meiner Heimatstadt Freiburg an“, so beginnen die Kurzgeschichten, die Lehmann als mitgeschriebene Telefonate vorstellt. Sind sie natürlich nicht, denn so nervig kann eigentlich keine Mutter, so tumb kein Vater um die 60 sein.

    Telefonate zwischen Lehmann und den Eltern

    Zwischen den Telefonaten gibt es die andere Art Lehmann-Comedy: In jeder der Geschichten ist er anders unterwegs – im eigenen Auto, von dem er nicht weiß, dass es gelegentlich einen Ölwechsel braucht und das deshalb kaputt geht, Flugzeug, Schiff im schweren Wellengang und in Todesangst bei der halbstündigen Spreerundfahrt, Fahrrad, Berliner S-Bahn und auf dem Elektroroller. Die Dinge, die ihm da widerfahren, sind zumeist selbstironisch – Lehmann gibt gern ein bisschen den, dem alles schief geht. Beim Kontrolleur in der S-Bahn ist es Lionel-Heinrich, ein Knabe, den Lehmann erst ein bisschen belächelt, um dann genau vom Mut des Kleinen vor dem Kontrolleur, gerettet zu werden. Lionel-Heinrich schreit einfach „Papa“, und Lehmann darf mit dem Familienticket von Lionel-Heinrichs Mama mitfahren, auch wenn die das weniger goutiert.

    Eine andere Kinderfigur zieht sich durchs Abendprogramm: Tristan-Maria, der von seinen Eltern geschlechtsneutral erzogen wird und der an Heiligabend im trauten Freiburg in der Kirche ruft „Darth Vader ist besser als Gott“ und den Pfarrer mit dem Lego-Todesstern trifft. Wen wundert es, dass Tristan-Maria um Rettung vor seinen Eltern bittet und Lehmann seinen Eltern für seine schöne Kindheit dankt. Nein, so schön sind die Eltern anderer Kinder vielleicht doch nicht, kommt er ins Überlegen. Auch, wenn sein Vater bei jenem Gottesdienst eine Tupperbox mit Kartoffelsalat aus der Tasche zieht und schon mal zu futtern anfängt, weil es an

    Lehmanns Comedy: Jeder bekommt sein Fett weg

    Das Schöne an Lehmanns Comedy: Bei ihm bekommen alle seine Typen ihr Fett ab, und er selbst ebenso. Junge und Ältere, Jägerschnitzelesser und Flugscham-mit-Geld-Kompensierer, SUV-Fahrer und hippe Großstädter, die ihre Stadt gern autofrei hätten, aber die Zutaten fürs Mittagessen einzeln von den Paketboten verschiedener Paketdienste bringen lassen. Und Eltern, die sich nicht zu sagen trauen, dass ihr Sohn nicht Rechtsanwalt, Arzt oder Gymnasiallehrer wurde, sondern Comedian. Herrlich ist, wie jener Sohn am Ende dann selbst in die gleiche Biografielüge verfällt und sich als Jurist ausgibt. Sein Geld auf der Bühne zu verdienen ist halt nicht so einfach, zumindest nicht, wenn man nicht einer der Großen war, deren Songs Lehmann dazwischen als Lyrik zum Besten gibt wie bei Udo Jürgens’ „Aber bitte mit Sahne“ mit dem automatischen Übersetzer ins Chinesische übertragen und im nächsten Durchgang rückübersetzt.

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