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Ulm: Prozess: Bundeswehr-Mitarbeiter hortet Kriegswaffen in seiner Werkstatt

Ulm

Prozess: Bundeswehr-Mitarbeiter hortet Kriegswaffen in seiner Werkstatt

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    Der Angeklagte hatte Zugang zum Munitionsdepot einer Bundeswehr-Kaserne im Raum Ulm.
    Der Angeklagte hatte Zugang zum Munitionsdepot einer Bundeswehr-Kaserne im Raum Ulm. Foto: Benedikt Siegert

    Ein Schlosser hat im Munitionsdepot einer Bundeswehrkaserne im Raum Ulm über mehrere Jahre scharfe Gefechtspatronen an seinem Arbeitsplatz in Spinden gehortet. Jetzt musste sich der Handwerker vor dem Ulmer Schöffengericht wegen vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs und Besitzes von Kriegswaffen und scharfer Munition verantworten.

    Der Mann wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Einen Bewährungshelfer benötigt der nicht vorbestrafte Bundeswehrangehörige laut Auffassung des Gerichts nicht, weil es so gut wie ausgeschlossen sei, dass er rückfällig werde.

    Wer unerlaubt Kriegswaffen erwirbt und besitzt, macht sich einer Tat schuldig, die mit hohen Strafen bewehrt ist. In der Regel werden in solchen Fällen die scharfen Waffen und die Übungsmunition gestohlen, um sie auf illegalen Märkten weiterzuverkaufen. Immer wieder wird bundesweit die heiße Ware für Verbrechen missbraucht.

    Bundeswehr-Mitarbeiter hortet Kriegswaffen in mehreren Spinden in Ulm

    Bei dem jetzt Angeklagten war von Verkauf und eigenem Missbrauch der Kriegsgeschosse in den sechs Jahren nie die Rede – die Kriegswaffen hortete er in seiner Bundeswehrschlosserei zuhauf in mehreren Spinden. Er hatte Zugang zu dem Munitionsdepot der Kaserne, wo die funktionstüchtigen, aber mehr als zehn Jahre alten Waffen für die Entsorgung durch eine Spezialfirma aufbewahrt wurden.

    Im Lauf der Jahre sammelte sich so in der Werkstatt ein stattliches Kriegswaffenarsenal an. Vergangenes Jahr im September kam die Bundeswehr dem Mann auf die Schliche und informierte die Polizei. Nach einer kurzen Beurlaubung arbeitet der tüchtige Schlosser wieder in der Kaserne.

    Er ist der Einzige, der Zugang zu der Schlosserei hat. Nach jedem Arbeitstag gibt er den Schlüssel auf der Wache ab, wo er über Nacht aufbewahrt wird. Am nächsten Tag hat nur der Angeklagte Zugang zu seinem Arbeitsplatz.

    Gleich zu Beginn der Beweisaufnahme stellte die Vorsitzende Richterin die alles entscheidende Frage an den Angeklagten: Welches Motiv er für die schwerwiegende Straftat hatte und was er mit den gesammelten Kriegswaffen anstellen wollte. Seine Antwort: „Das ist schwer zu erklären und nicht logisch“, sagte er und schüttelte mit dem Kopf. Er sagte, er sei nie und nimmer ein Waffennarr und war auch nie in einem Schützenverein. „Keiner kann das nachvollziehen, was ich getan habe. Auch ich nicht.“

    Der leidenschaftliche Handwerker war bei der Bundeswehr arbeitsmäßig nicht ausgelastet

    Wie die Verteidigerin sagte, sei der leidenschaftliche Handwerker bei der Bundeswehr arbeitsmäßig nicht ausgelastet gewesen. Möglich, dass Langeweile der Antrieb für seine sinnlose Sammelleidenschaft gewesen sei. Einen hochkriminellen Hintergrund habe es nie gegeben. So hat sich in den Schränken der Bundeswehrschlosserei binnen sechs Jahren viel scharfe Munition, für die Übungseinsätze gedacht, angesammelt.

    Ein Polizeikommissar, der die ersten Ermittlungen geführt hatte, sagte im Zeugenstand, man habe auch eine scharf geladene Pistole in einem Schrank in der Schlosserei gefunden. Die gehörte einem Nachbarn, der sie vor einem Krankenhausaufenthalt dem Angeklagten zur Aufbewahrung übergeben hatte. Er hatte einen Waffenschein. Die halb automatische Waffe nahm der Schlosser mit zu seinem Arbeitsplatz und deponierte sie dort scharf geladen, nachdem der Nachbar in der Klinik zwischenzeitlich gestorben war.

    Die Staatsanwältin forderte in ihrem Plädoyer nach der Beweisaufnahme eine Strafe von einem Jahr und zehn Monaten. Sie betonte, dass es sich hier um keinen minderschweren Fall handele. Gleichwohl hielt sie eine Bewährungsstrafe für angemessen. Einen Bewährungshelfer brauche der Angeklagte nicht, weil eine Tatwiederholung nicht zu erwarten sei. Die Verteidigerin sprach von einem minderschweren Fall, der mit einem Jahr zur Bewährung ausreichend geahndet sei. Mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten entließ das Schöffengericht den Bundeswehrbediensteten in die Freiheit.

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