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Ulm: Polizei: Rechtsextremismus nimmt massiv zu

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Polizei: Rechtsextremismus nimmt massiv zu

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    Derart offen wie auf diesem Foto eines Aufmarschs in Saalfeld (Thüringen) tritt der Rechtsextremismus in der Region selten zu Tage. Dennoch stellt das Ulmer Polizeipräsidium einen deutlichen Anstieg von „politisch motivierter Kriminalität“ fest. Und zwar von rechts.
    Derart offen wie auf diesem Foto eines Aufmarschs in Saalfeld (Thüringen) tritt der Rechtsextremismus in der Region selten zu Tage. Dennoch stellt das Ulmer Polizeipräsidium einen deutlichen Anstieg von „politisch motivierter Kriminalität“ fest. Und zwar von rechts.

    Einen deutlichen Anstieg der politisch motivierten Kriminalität (PMK) in seinem Bereich meldet jetzt das Polizeipräsidium Ulm. Demnach hat die Zahl der Fälle im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr um rund ein Viertel zugenommen. Zuwächse seien in erster Linie im Bereich Rechts feststellbar.

    224 politisch motivierte Straftaten registrierte die Polizei im Jahr 2019 in den Landkreisen Alb-Donau, Biberach, Göppingen, Heidenheim und in der Stadt Ulm. Für diesen Bereich ist das

    Viele Propagandadelikte wie etwa Hakenkreuzschmierereien

    73 dieser Fälle waren so genannte Propagandadelikte, etwa Hakenkreuzschmierereien oder dessen Abbildung im Internet. Weitere 54 Fälle sind Gewaltdarstellungen oder Volksverhetzung, oftmals auch im Internet begangen. In 74 Fällen sei von einem fremdenfeindlichen Hintergrund auszugehen. Deutliche Zunahmen (von 15 auf 50 Straftaten, plus 35 Fälle, plus 233 Prozent) sind auch bei den Fällen zu verzeichnen, die keiner politischen Strömung zuzuordnen waren. 44 dieser 50 Straftaten waren Sachbeschädigungen, Beleidigungen und sonstige Fälle wie Diebstähle, insbesondere zur Zeit der Europa- und Kommunalwahlen.

    Deutlich weniger Fälle (von 23 auf sechs Straftaten, minus 17 Fälle, minus 74 Prozent) sind ausländischen Ideologien zuzuordnen. Es handelt sich hier um vier Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und zwei Sachbeschädigungen.

    Auch mehr linksextremstisch motivierte Straftaten

    Die Zahl linksextremstisch motivierten Straftaten stieg ebenfalls an: von 16 auf 22 Straftaten, plus sechs Fälle, plus 38 Prozent. Darunter allein 18 Sachbeschädigungen.

    Bei einer genaueren Analyse fällt der Polizei auf, dass die Steigerung der PMK insbesondere durch deutlich mehr Fallzahlen in den Monaten April und Mai 2019 begründet ist.

    Im Mai 2019 fanden Europa- und Kommunalwahlen statt, die eine Plattform für politisch motivierte Straftaten boten. Allein in diesen beiden Monaten wurden 44 Straftaten mehr begangen als im Vorjahr. Dieser Zuwachs war überwiegend keiner politischen Strömung nicht zuzuordnen (31 Fälle).

    Weniger politisch motivierte Gewaltdelikte

    Erfreulich sei der Rückgang der politisch motivierten Gewaltdelikte. Ihre Zahl sank im Jahr 2018 gegenüber dem Vorjahr von 16 auf jetzt sechs Straftaten (minus 10 Fälle, minus 63 Prozent). Die Zahl der antisemitischen Straftaten dagegen stieg im gleichen Zeitraum von fünf auf 16 Fälle und hat sich damit mehr als verdreifacht.

    Antisemitische Gewaltdelikte waren im vergangenen Jahr, wie im Jahr zuvor, nicht bekannt geworden. Es handelte sich vielmehr um Sachbeschädigungen, Volksverhetzungen und Beleidigungen.

    Weniger Fälle in Ulm

    Verteilt auf die einzelnen Regionen im Bereich des Polizeipräsidiums Ulm wurden die meisten Straftaten der PMK aus dem Landkreis Göppingen gemeldet (68 Fälle, 30 Prozent Anteil), gefolgt von der Stadt Ulm (52 Fälle, 23 Prozent) und den Landkreisen Biberach (45 Fälle, 20 Prozent), Alb-Donau (32 Fälle, 14 Prozent) und Heidenheim (27 Fälle, 12 Prozent). Einzig im Stadtgebiet Ulm gingen die Zahlen leicht zurückgingen (minus vier Fälle, minus sieben Prozent).

    Jede zweite Straftat der politisch motivierten Kriminalität klärte die Polizei auf. Von den politisch motivierten Gewaltdelikten wurde jede Tat aufgeklärt. Darunter war der Fackel-Angriff auf eine Familie am Ortsrand von Erbach-Dellmensingen im Alb-Donau-Kreis. Eine französische Familie hatte sich wie berichtet mit 18 Wohnwagen auf einem Wiesengelände niedergelassen. Am späten Abend des 24. Mai 2019 näherte sich ein Fahrzeug. Kurz darauf flog eine brennende Gartenfackel auf das Gelände und landet nahe an einem mit drei Personen bewohnten Wohnwagen. Die Fackel erlosch.

    Aus dem Fahrzeug ertönte offenbar die Äußerung „Zigeuner, ihr seid nicht willkommen“. Ein Holzschild gegenüber dem Wiesengrundstück trug die Aufschrift „Not Welcome“. Ein fremdenfeindliches Motiv ist anzunehmen. Die intensiven Ermittlungen der Ermittlungsgruppe Wiese des Polizeipräsidiums Ulm führen zu acht jungen Männern im Alter von 16 bis 20 Jahren. Eine DNA-Spur und sichergestellte Beweismittel erhärteten den Tatverdacht gegen fünf der acht jungen Männer. Gegen diese fünf jungen Männer erhob die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage beim Landgericht Ulm.

    Zur Bekämpfung der PMK hat die Polizei ein ganzes Bündel an Maßnahmen geschnürt: Die Ermittlungen zu Straftaten werden in der Regel zentral von der Kriminalinspektion 6 (Staatsschutz) der Kriminalpolizei geführt.

    Die Dienststellen der Polizei pflegen enge Kontakte zu Gruppen und Vereinen, die von Straftaten betroffen sein könnten, etwa religiöse Vereine und Gemeinschaften, Moscheen und Synagogen. Die Polizeiliche Prävention bietet zielgerichtete Vorträge zum Thema Extremismus für bestimmte Zielgruppen an. Darüber hinaus profitiert das Polizeipräsidium Ulm von den landesweiten Initiativen und Angeboten des Landeskriminalamts und der Ministerien.

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