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Ulm: Opernmelodien beenden das „Zwischenspiel“ am Theater Ulm

Ulm

Opernmelodien beenden das „Zwischenspiel“ am Theater Ulm

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    Der Intendant Kay Metzger (vorne, Mitte) moderierte das Finale des „Zwischenspiels“ am Theater Ulm. Es war eine Operngala, die eine Brücke schlug zwischen der allzu kurzen Spielzeit 2019/2020 und den künftigen Höhepunkten, auf die das Theater ab dem Herbst hofft.
    Der Intendant Kay Metzger (vorne, Mitte) moderierte das Finale des „Zwischenspiels“ am Theater Ulm. Es war eine Operngala, die eine Brücke schlug zwischen der allzu kurzen Spielzeit 2019/2020 und den künftigen Höhepunkten, auf die das Theater ab dem Herbst hofft. Foto: Veronika Lintner

    Der Bühnenvorhang hängt auf halber Höhe. Als ob ihm noch die Kraft fehlt, sich wieder ganz zu lüften. Kronleuchter liegen auf dem Bühnenboden und flackern scheinbar letzte Lebenszeichen in das Dunkel des Saals, wie ein SOS. Im Hintergrund dieser Szene gibt der Vorhang einen schmalen Blick frei auf die Räume jenseits der Kulissen. Dort, wohin der Theaterbesucher sonst nicht blickt, liegt Baumaterial. Schwere Böden, Platten, Bretter. Verfall und Untergang? Oder sind das hier Bilder einer Baustelle – von Neubeginn und Wiederaufbau? Tatsächlich steht das Theater Ulm auf der Schwelle: Hinter dem Haus liegen harte, zähe Monate, ein Spielzeitabbruch, ein Kurzprogramm mit nur sehr kleinem Publikum. Vor dem Ensemble steht die Herausforderung, ohne echte Verlässlichkeit weiter zu planen. Für den Herbst. Für eine mögliche Spielzeit 2020/21. Doch vor der Theater-Sommerpause nehmen die Sänger die Bühne noch einmal für sich ein: 190 Zuschauer erleben am Theater das „Zwischenspiel“-Finale. „Wir sind ausverkauft – auch wenn man es nicht merkt“, scherzt der Intendant Kay Metzger, der den Abend moderiert. Es ist der Abschluss eines Notprogramms in Corona-Zeiten. Mit einer Revue von Opernmelodien blickt das Theater wehmütig auf das, was hätte sein können – und worauf es hofft.

    Für einen endet an diesem Abend nicht nur die Spielzeit: Der Tenor Luke Sinclair verlässt nach zwei Jahren, nach Erfolgen mit „Lucia di Lammemoor“ oder auch dem „Vetter aus Dingsda“, das Theater Ulm. Sinclair zieht nach Salzburg, erklärt Metzger. Der junge Sänger folgt dem Ruf ans Landestheater – dort soll er bald den Tamino in der Zauberflöte spielen. Und so tut sich am Theater Ulm eine Lücke auf: „Tenor-Notstand“ beklagt Kay Metzger. Das Publikum raunt und applaudiert für Sinclair. Noch einmal, an seinem letzten Dienst, singt er zwei Nummern aus dem „Rigoletto“ – eine dieser geplanten Musiktheater-Produktionen, die Corona erbarmungslos ausgebremst hatte. Verschoben auf noch unbestimmte Zeit. Die Titelrolle wird, sobald Bühnengroßerlebnisse alla Verdi wieder möglich sind, Dae-Hee Shin singen. Der Bariton gibt beim Zwischenspiel-Finale zumindest eine Klangkostprobe, „Cortigiani, vil razza dannata“ – und erntet dafür Bravo-Rufe. Auch die Sopranistin Maryna Zubko wirft ihr ganzes Können in die Waagschale, im Duett mit Sinclair, und auch als „Cleopatra“, mit einer Arie aus einer weiteren (vorerst) verhinderten Opern-Inszenierung: Händels „Giulio Cesare“.

    Das "Zwischenspiel" am Theater Ulm ist zu Ende

    „Die halbe Musikwelt wartet auf diese Uraufführung“, kündigt der Intendant an und meint damit die Oper „La Légende de Tristan“. Das Werk in drei Akten stammt aus der Feder von Charles Tournemire. 1926 hatte der Komponist die Partitur vollendet – doch erst jetzt, immerhin satte 150 Jahre nach der Geburt des Franzosen, soll diese Opernversion des mythischen Ritter-Stoffs baldmöglichst seine Uraufführung erleben, am Theater Ulm. Der ritterliche Held: Markus Francke, Tenor. Mit der Arie „Tristan au rocher de douleur“ gewährt er erste Einblicke in den Ausdruck, in die Farben dieser Musik. Expressionistische Klangwolken, die düster über dem leidenden Held aufziehen. Am Flügel begleitete Michael Weiger den Tenor – der Kapellmeister des Theaters hat das historische Notenmaterial ediert.

    Ebenfalls ritterlich und stimmmächtig singt Martin Gäbler „Furchtbare Not“ aus Richard Wagners Parsifal und auch die „Csardasfürstin“ Maria Rosendorfsky zeigt sich noch einmal auf der Bühne. Als „Seeräuber-Jenny“ aus Bert Brechts Dreigroschenoper singt sie rachlüstig vom „Schiff mit acht Segeln“ – dieses brillante, allzu menschliche Gaunerstück wird im Herbst zumindest konzertant zu erleben sein, genauso wie Mozarts Zauberflöte.

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