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Ulm: Neues Archäologie-Buch: Der Löwenmensch spricht

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Neues Archäologie-Buch: Der Löwenmensch spricht

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    Bei der Buchpräsentation von "Löwenmensch und mehr": (von links) der Asselfinger Bürgermeister Armin Bollinger, Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch, Autor Claus-Joachim Kind, Claus Wolf vom Landesamt für Denkmalpflege, Kurt Wehrberger vom Museum Ulm.
    Bei der Buchpräsentation von "Löwenmensch und mehr": (von links) der Asselfinger Bürgermeister Armin Bollinger, Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch, Autor Claus-Joachim Kind, Claus Wolf vom Landesamt für Denkmalpflege, Kurt Wehrberger vom Museum Ulm. Foto: Dagmar Hub

    Elf Jahre intensive Arbeit ist in Claus-Joachim Kinds Buch „Löwenmensch und mehr“ dokumentiert, das – herausgegeben vom baden-württembergischen Landesamt für Denkmalpflege – nun im Museum Ulm präsentiert wurde. Der Stuttgarter Prähistoriker Kind, der Projektleiter für den Weltkulturerbe-Antrag für sechs Höhlen der Schwäbischen Alb war und im vergangenen Sommer als Referent für Steinzeitarchäologie in den Ruhestand ging, hat in seinem Buch die sechs Jahre der jüngsten Grabung im Hohlenstein-Stadel bei Asselfingen mit 18 Co-Autoren detailliert dokumentiert. Seine Erkenntnisse, die wissenschaftlich ebenso interessant geschrieben, wie sie auch für Laien gut und spannend lesbar sind, legen Überraschendes offen. Viele Abbildungen bereichern das qualitätsvoll aufgemachte Werk.

    Der Löwenmensch ist eines der ältesten Kunstwerke der Menschheit

    Man hat den Löwenmenschen – den Kind als männlich definiert hat – mit Superlativen belegt: Die nach den Datierungen etwa 40000 Jahre alte Skulptur aus Mammutelfenbein ist nicht nur die älteste Darstellung eines Mischwesens zwischen Mensch und Tier und damit eines der bedeutendsten Objekte der internationalen Archäologie, wie Kind sagt, sondern auch der Kunst- und Religionsgeschichte. Ziemlich genau 80 Jahre nach dem Fund wesentlicher Teile der Figur im Rahmen von Robert Wetzels Grabung unmittelbar hat sich mit den Ergebnissen der Grabungskampagne von 2008 bis 2013 und der nun abgeschlossenen Auswertung der Grabungsergebnisse die Überzeugung durchgesetzt, dass die Lager- und Fundstätte des Löwenmenschen am hintersten Ende der Höhle ein wichtiger Kultplatz gewesen sein dürfte.

    Üblicher steinzeitlicher Siedlungsabfall fand sich in der Höhle nicht, dafür lagerten in der direkten Umgebung des Löwenmenschen Schmuckgegenstände, die man ihm vermutlich als Opfergaben dargebracht hat: Ein Anhänger aus Mammutelfenbein und weitere Anhänger aus Zähnen von Hirsch, Wolf und Fuchs sowie im Abraum der Grabungen von 1939 eine übersehene doppelt gelochte Perle fanden sich. Bereits bei Wetzel dokumentiert, aber verschollen ist der Fund eines Anhängers aus Gagat, versteinertem Holz.

    Die Hohlenstein-Stadelhöhle wurde nicht nur von Jägern genutzt, sondern auch von Bären

    Funde von Tierknochen in der Höhle geben Hinweise auf die Ernährung der Eiszeit-Jäger, aber auch darauf, dass die Höhle nicht nur von Menschen, sondern zu Zeiten auch von Bären als Ort für die Winterruhe benützt wurde. Häufig sind Knochen und Zähne von Wildpferden, Rothirschen, Rentieren, Auerochsen und vom Fellnashorn, was klare Hinweise auf die Jagdbeute der eiszeitlichen Bewohner der Höhle gibt. Auch Knochen von Hase, Elch, Stachelschwein, Wildschwein und Reh konnten zugeordnet werden – wobei die Verteilung der Knochenreste in den Schichten des Bodens Hinweise auf klimatische Veränderungen gibt. In den älteren Schichten überwiegen Reste von Hirschen deutlich über solche vom Ren, während im Mittelpaläolithikum die Reste von Rentieren wesentlich mehr sind als die von Hirschen: ein Zeichen für eine klimatische Abkühlung.

    Interessant ist auch der Umstand, dass der Eingangsbereich der Höhle wohl seit der Zeit des Neandertalers bis mindestens in die Zeit etwa 4000 vor Christi Geburt als Begräbnisplatz genutzt worden zu sein scheint. Der von Wetzel entdeckte und definierte Neandertaler-Oberschenkelknochen allerdings, so Claus-Joachim Kind, unterscheidet sich in seiner DNA von allen anderen bisher untersuchten Neandertalerfunden.

    „Löwenmensch und mehr“ ist im Handel für 35 Euro erhältlich.

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