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Ulm/Neu-Ulm: Wirrwarr um regionale E-Tickets für Bus und Bahn

Ulm/Neu-Ulm

Wirrwarr um regionale E-Tickets für Bus und Bahn

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    Die Ding-App bietet Fahrgästen Ticket-Informationen und Buchungsmöglichkeiten.
    Die Ding-App bietet Fahrgästen Ticket-Informationen und Buchungsmöglichkeiten. Foto: Alexander Kaya

    E-Tickets fürs Handy sollen Fahrgästen mehr Komfort bieten, Unternehmen mehr Geld bringen und mehr Leute von Bus und Bahn überzeugen. In der Region laufen gleich drei solcher Projekte. Doch ein paar Ansätze unterscheiden sich – und im Hintergrund schwelt ein Streit zwischen zwei Planern. Ein Streit freilich, von dem die Beteiligten offiziell nichts wissen wollen. Dazu kommt: Die Systeme könnten sich ergänzen, denn sie nutzen die gleichen technischen Standards. Doch dann müsste einer dem anderen den Vortritt lassen. Dazu aber scheint kein gewillt zu sein. Alle sind vom eigenen Ansatz restlos überzeugt und halten den jeweils andern für schwächer.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Ein anderer Weg bei den E-Tickets wäre besser

    Der Schwabenbund mit Sitz in Memmingen setzt auf das Projekt Schwabenbund Services, zu dem auch ein E-Ticket gehört. Die Nahverkehrsgesellschaft Ding beteiligt sich am deutschlandweiten System Mobility Inside, das derzeit von zehn Verkehrsnetzen getestet wird (Mehr dazu lesen Sie hier). Und die SWU Verkehr, die Bus- und Straßenbahnlinien im Ding-Netz anbietet, hat gerade erst Fördergeld für die Entwicklung einer eigenen Mobilitäts-App zugesagt bekommen. Die Anwendung soll einen Service bieten, der das gesamte SWU-Angebot inklusive möglicher neuer Dienste zusammenfasst. Sprecher Bernd Jünke zählt auf: „Livekarten, Liniennetzpläne, Fahrgast-Infos zur Verkehrslage, Daten zu Car-Sharing und E-Bike-Verleih, Online-Ticketkauf.“ Wird das umgesetzt, kann die SWU-App mehr als die bestehende Ding-App. Doch die neue Anwendung wäre nur im SWU-Gebiet anwendbar – Busse in Städte und Gemeinden im Landkreis Neu-Ulm etwa wären nicht aufgeführt.

    Verkehrsverbund Ding, Schwabenbund und SWU Verkehr führen E-Tickets ein

    Bis Mitte des Jahres soll nach Unternehmensangaben eine erste Version getestet werden. Je nach Ergebnis könnte die SWU-App bis Ende des Jahres startbereit sein. Sie soll die Funktionen von Mobility Inside einbinden können und regionale Angebote überregional verfügbar machen. Bei den Stadtwerken sieht man die eigene Mobilitätsanwendung deshalb nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung.

    Bei Mobility Inside läuft die Pilotphase bis März, 100 Testnutzer kommen aus dem Ding-Gebiet. Der Versuch laufe hervorragend, heißt es beim Verkehrsverbund – Mobility Inside könne ein großer Erfolg werden. Im März, wenn der Test endet, beginnt die Probephase für Schwabenbund Services. Beide Plattformen sollen Buchen und Bezahlen für Bus, Bahn & Co. einfacher machen. Ding-Aufsichtsratschef Heiner Scheffold, im Hauptberuf Landrat des Alb-Donau-Kreises, und Schwabenbund-Geschäftsführer Werner Weigelt sehen das jeweils andere Konzept hinterherhinken. Mobility Inside ist bei den überregionalen Angeboten weiter, Schwabenbund Services umfasst auch Dienstleistungen außerhalb von Bus und Bahn.

    Drei E-Ticket-Systeme werden in Ulm, Neu-Ulm und Memmingen getestet

    Dennoch loben Scheffold und Weigelt: Der Schritt der anderen sei richtig – eine Konkurrenz gebe es nichte. Aus technischer Sicht könnten sich die beiden Angebote eines Tages ergänzen. Dann müsste wohl eines unter das Dach des anderen schlüpfen. Das aber scheinen weder Ding, noch Schwabenbund in Erwägung zu ziehen. Konkurrenten sind die die Apps tatsächlich nicht, weil ihre Angebote in unterschiedlichen Gebieten verfügbar sind.

    Ganz harmonisch geht es nach Informationen unserer Redaktion dennoch nicht zu. Als der Schwabenbund Mitstreiter für sein Projekt suchte, soll großer Druck auf die Entscheider in der Stadt Ulm und den Kreisen Neu-Ulm und Alb-Donau ausgeübt worden sein. Dem Vernehmen nach liefen diese Gespräche sehr unangenehm.

    App für Bus, Bahn & Co.: Die Angebote sind in verschiedenen Bereichen unterschiedlich weit

    Der Schwabenbund ist ein Zusammenschluss aus Landkreisen und Städten in Bayern und Baden-Württemberg, sowie aus Verbänden, Kammern und Initiativen. Auch der Kreis Neu-Ulm gehört dazu. Bei Schwabenbund Services, an dem sich nur bayerische Städte und Kreise beteiligen, ist Neu-Ulm ist bewusst außen vor. Der Landkreis gehört dem Verkehrsverbund Ding an. Dieser hat vor zwei Jahren entschieden, dass eine Beteiligung keinen Mehrwert bringt.

    Ding-Sprecher Markus Zimmermann berichtet, dass Bestandteile von Schwabenbund Services zur Zeit der Entscheidung im Ding-Gebiet bereits umgesetzt gewesen seien. Ding bietet schon seit zwölf Jahren ein Handyticket an – länger als es den Schwabenbund gibt. Die länderübergreifende Auskunft mit Echtzeitdaten sei im neuen Projekt nicht gesichert gewesen, fährt Zimmermann fort. Und das komplizierte Abrechnungssystem für Schülerkarten wäre nicht schnell genug umgesetzt worden. Aufsichtsratschef Scheffold verweist auf eine Studie zur Mobilität der Zukunft, das der Alb-Donau-Kreis und die Stadt Ulm in Auftrag gegeben haben. Darin empfehlen Fachleute, sich an bundesweiten Ansätze zu beteiligen – und nennen explizit Mobility Inside. „Das Gutachten empfiehlt, keine Parallelstrukturen zu schaffen“, fasst Scheffold zusammen. Schwabenbund Services sei gut, weil es andere Unternehmen auf den technischen Stand von Ding bringe.

    Ulm: Ding setzt auf die App Mobility Inside

    Schwabenbund-Geschäftsführer Weigelt schätzt die Lage anders ein. Genauer gesagt: gegenteilig. Schwabenbund Services sei deutlich weiter gediehen als Mobility Inside. Mit der Ideenfindung habe man schon vor rund fünf Jahren begonnen, die Auftaktveranstaltung war im Mai 2017. Den ersten internen Test durch große regionale Verkehrsunternehmer habe das Projekt gemeistert, im März stehe die etwas kürzere harte Testphase an.

    Nicht nur das: Das Service-Angebot verknüpft Fahrkarten mit Tickets für Freizeitangebote wie Bergbahnen oder Skipässe. „Ding ist einen Schritt hintendran“, kommentiert Weigelt. Durch Kombi-Produkte mit dem Bodensee-Oberschwaben-Verkehrsverbund (Bodo) der Landkreise Lindau, Ravensburg und des Bodensee funktioniere das Angebot länderübergreifend: „Den Fahrgast interessieren keine Grenzen. Er will von A nach B kommen.“

    Bei Schwabenbund Services können Kunden auch Freizeitangebote buchen

    Den bundesweiten Ansatz hält Weigelt dennoch für schwächer. Er fürchtet, dass der regionale Bezug verloren geht. Ding-Aufsichtsratschef Heiner Scheffold sieht genau das als Stärke von Mobility Inside: Unterschiedliche Unternehmen brächten ihre Informationen ein. So habe der Nutzer die Gewähr, dass beispielsweise das Leihrad wirklich da steht, wo es stehen soll.

    Die drei Systeme könnten sich kombinieren lassen. Und ein weiterer gemeinsamer Standard soll bald folgen: Die Unternehmen im Ding-Netz und jene, die Schwabenbund Services nutzen, wollen digitale Kartenleser in den Bussen einführen. Das soll Kontrollen beschleunigen und vereinfachen – und lässt sich bestens mit E-Tickets vereinbaren.

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