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Ulm/Neu-Ulm: Ulmer Wege nach Auschwitz

Ulm/Neu-Ulm

Ulmer Wege nach Auschwitz

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    Am Jahrestag der Befreiung von Auschwitz erinnerte die Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand mit der bundesweiten Gedenkstätteninitiative „Lichter gegen Dunkelheit“ an das Verbrechen.
    Am Jahrestag der Befreiung von Auschwitz erinnerte die Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand mit der bundesweiten Gedenkstätteninitiative „Lichter gegen Dunkelheit“ an das Verbrechen.

    Als am Montag um 17 Uhr das ehemalige Ulmer KZ zusammen mit sämtlichen bundesdeutschen Gedenkstätten unter dem Motto „Lichter gegen Dunkelheit“ erstrahlte, brannten die Lampen auch für 350 Ulmer, die in Auschwitz ermordet wurden. Zum 75. Mal jährte sich der Jahrestag der Befreiung der „Todesfabrik“, wie der Ulmer Historiker Ingo Bergmann in der KZ-Gedenkstätte Oberer Kuhberg das Vernichtungslager bezeichnete. In seinem Vortrag „Ermordet - gerettet - befreit: Ulmer Biografien und

    Ermordet in Auschwitz

    Wie viele Ulmer in Auschwitz ihr Leben ließen, ist unklar, bei 350 Menschen gilt es aber als gesichert. Bergmann fand in alten Akten Nachweise für drei Züge aus

    Ernst Moos wurde in Auschwitz ermordet. „Der war in vielen Vereinen aktiv“, sagte Bergmann. Dieses habe sich das Nazi-Regime zunutze gemacht und ihn gezwungen, bei den Deportationen organisatorisch zu helfen. Anfang 1943 traf die NS-Führung die Entscheidung, auch die für kriegswichtige Zwecke zurückbehaltenen Juden zu vernichten. Am 1. März 1943 ging so im Rahmen der dafür ausgerufenen „Fabrikaktion“ ein Sammeltransport mit Juden aus Stuttgart nach Auschwitz. Damit wurden die letzten in Ulm lebenden jüdischen Bürger deportiert; Familie Hirsch, Marie Klein, geb. Maier, und jener Ernst Moos. Von den 1500 Menschen in dem Zug wurden 150 in Auschwitz zur Arbeit selektiert, die anderen wurden sofort ermordet.

    Gerettet vor Auschwitz

    Andere entkamen dem Vernichtungslager durch Kontakte zu Albert Einstein, dem gebürtigen Ulmer. So erzählte Bergmann etwa die Geschichte einer abenteuerlichen Flucht seines Neffen, Leopold Hirsch. Einstein habe seine Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn finanziert. Und so habe sich der Ulmer über Korea und Japan per Fähre nach San Francisco durchgeschlagen.

    Befreit aus dem Vernichtungslager

    In die letzte Kategorie gehört Esther Bejarano, geborene Loewy. Ihr Vater hielt offenbar den Nationalsozialismus nur für eine Phase und blieb deshalb mit seiner Familie in Deutschland. Er entschied sich 1936 für einen Umzug von Saarbrücken nach Ulm, wo er eine neue Stelle als Kantor an der Synagoge fand.

    In der Nähe von Ulm besuchte Esther Loewy das Jüdische Landschulheim Herrlingen. Die Musikalität der Familie sollte ihr später das Leben retten. Als Mitglied des Mädchenorchesters von Auschwitz, wohin sie 1943 deportiert wurde, stuften die Nazis die 1924 geborene Esther Loewy als nützlich ein und verlegten sie ins KZ Ravensbrück. Als die Alliierten immer näher rückten, war Loewy gezwungen, an den berüchtigten Todesmärschen von KZ-Häftlingen teilzunehmen. Und überlebte.

    Dass das Ulmer Konzentrationslager auf dem Oberen Kuhberg ein Rädchen in einem System war, an dessen Ende der größte Friedhof der Menschheitsgeschichte stand, zeigte zuvor Gedenkstellenleiterin Nicola Wenge unter dem Titel „Was in Ulm am Oberen Kuhberg begann“ auf. Ulm war eines jener frühen Lager, die Angst und Schrecken verbreiteten. Deutschlandweit wurden 1933 rund 100 frühe Konzentrationslager errichtet. Sie waren das Terrorinstrument, mit welchem die Nationalsozialisten ihre politischen Gegner ausschalteten und ihre Machtposition demonstrierten.

    Die juristische Grundlage war der nach dem „Reichstagsbrand“ vom 27. Februar 1933 ausgerufene Staatsnotstand und die am Tag danach erlassene „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“. 1935 wurde das Lager aufgelöst, weil es seinen Zweck erfüllt hatte: Die Macht der Nazis war zementiert, der Widerstand mehr oder weniger tot. Der Weg nach Auschwitz war frei.

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