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Ulm/Neu-Ulm: Nahverkehr in Ulm und Neu-Ulm: Wie viele Tram-Linien lohnen sich?

Ulm/Neu-Ulm

Nahverkehr in Ulm und Neu-Ulm: Wie viele Tram-Linien lohnen sich?

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    Die Straßenbahnlinie 2 in Ulm zog zumindest vor der Corona-Pandemie viele Fahrgäste an.
    Die Straßenbahnlinie 2 in Ulm zog zumindest vor der Corona-Pandemie viele Fahrgäste an. Foto: Alexander Kaya (Archivfoto)

    Rund 290 Millionen Euro hat die Ulmer Straßenbahnlinie 2 gekostet, den Betriebshof und die Züge eingeschlossen. Könnte es hier noch mehr solcher gewaltigen Verkehrsprojekte geben? Denkbar ist das: Die Kohlplatte im Ulmer Westen, auf der Wohnungen für bis zu 6000 Menschen entstehen könnten, könnte auf diese Weise erschlossen werden. Auch eine Linie nach Ludwigsfeld und theoretisch auch noch weiter bis nach Wiblingen ist möglich. Beim Nachfolgebauwerk für die marode Adenauerbrücke könnte Platz für die nötigen Gleise eingeplant werden. Doch wie konkret sind die Überlegungen?

    Die Stadt Neu-Ulm plant nach Auskunft von Stadtbaudirektor Markus Krämer und Verkehrsplaner Andreas Borgmann eine umfangreiche Erhebung des Verkehrsmittelwahlverhaltens – es geht also um die Frage, wer sich auf welche Weise durch die Stadt bewegt. Fußgänger, Radler, Autofahrer und Bus-Passagiere werden dafür gezählt, zudem ist eine Haushaltsbefragung vorgesehen. Diese Grundsatzuntersuchung hat der Stadtrat Ende 2020 bei der Stadtverwaltung in Auftrag gegeben. Doch aufgrund der Corona-Pandemie und des dadurch veränderten Verhaltens ist das aus Sicht der Verwaltung derzeit nicht sinnvoll machbar. Die Zahlen sollen gemeinsam mit dem Landkreis Neu-Ulm und der Stadt Ulm erhoben werden. Abstimmungen dazu laufen nach Angaben von Krämer und Borgmann bereits.

    Verkehrszählung in Neu-Ulm geplant

    In Ulm läuft diese Erhebung dagegen bereits. Baubürgermeister Tim von Winning rechnet damit, dass die Ergebnisse des Gutachtens vor der Sommerpause des Gemeinderats vorliegen - die beginnt in Ulm traditionell nach dem Schwörmontag. "Es geht um eine grundsätzliche Überlegung", schildert der Baubürgermeister. Die Straßenbahn sei da nur ein Bestandteil von vielen. Klar ist aus Sicht der Stadt: Der Nahverkehr muss ausgebaut werden. Offen ist dagegen, was der beste Weg ist. Die Straßenbahn hat in Ulm eine lange Geschichte, sie ging bereits Ende des 19. Jahrhunderts in Betrieb. Die Beliebtheit der Linien sei groß, sagt von Winning. Das liege auch daran, dass die Tram seit so vielen Jahren etabliert ist.

    Tatsächlich vermeldete die SWU Verkehr vor einem Jahr - also vor dem Corona-bedingten Einbruch der Fahrgastzahlen - einen neuen Rekord: Mehr als 40 Millionen Fahrgäste 2019, 17 Prozent mehr als im Jahr davor. André Dillmann, Geschäftsführer von SWU Verkehr, nannte die neue Straßenbahnlinie 2 als entscheidenden Faktor, mit durchschnittlich mehr als 31.000 Menschen am Tag war sie die stärkste Linie.

    Neue Straßenbahnlinien in Ulm und Neu-Ulm?

    Wenn das Wohngebiet Kohlplatte gebaut wird, könnte es durch eine Verlängerung der Linie 1 (bisher bis Söflingen) mit der Innenstadt erschlossen werden. Doch stehen die Kosten dafür und der Nutzen dadurch in einem vernünftigen Verhältnis zueinander?

    Für solche Großprojekte wäre die Stadt auf Fördergeld angewiesen. Das ist an strenge Bedingungen geknüpft, das Verhältnis von Kosten und Nutzen muss stimmen. Auch deswegen nimmt das Ulmer Gutachten viele verschiedene Möglichkeiten in den Blick: "Dabei wird auch untersucht: Erhöht es die Chancen, wenn man nicht an eine Verlängerung einer einzelnen Linie denkt?", sagt Tim von Winning.

    Wenn das Wohngebiet Kohlplatte gebaut wird, könnte es durch eine Verlängerung der Linie 1 (bisher bis Söflingen) mit der Innenstadt erschlossen werden.
    Wenn das Wohngebiet Kohlplatte gebaut wird, könnte es durch eine Verlängerung der Linie 1 (bisher bis Söflingen) mit der Innenstadt erschlossen werden. Foto: Andreas Brücken (Archivfoto)

    Sprich: Wenn gleich mehrere Linien gebaut werden, entstehen manche Kosten womöglich nur einmal. Das Verhältnis von Kosten und Nutzen könnte sich dadurch verbessern. Welche Stadtteile könnten noch durch die Straßenbahn erschlossen werden? SPD und Grüne wünschen sich eine Verbindung bis nach Wiblingen. Im Neu-Ulmer Rathaus gilt eine Linie auf der Memminger Straße oder parallel dazu durchs Vorfeld bis nach Ludwigsfeld als Option. Dort, in Neu-Ulms zweitgrößtem Stadtteil, entstehen weitere Wohnungen. Dorthin könnte aber auch eine Buslinie oder eine Seilbahn führen. Welches Verkehrsmittel das Rennen macht, ist noch völlig offen.

    Straßenbahnlinien in Ulm und Neu-Ulm

    Geschichte: Die ersten Straßenbahnen fuhren im Jahr 1897 in Ulm und Neu-Ulm. Damals gab es zwei Linien - eine Ringbahn auf der Strecke des Inneren Rings und eine Verbindung nach Neu-Ulm. Das Netz wuchs auf bis zu vier Linien. Im Krieg wurden die Trassen schwer beschädigt. Nach dem Krieg schrumpfte das Tramnetz. Ab den 60er-Jahren gab es nur noch die Linie 1. Man setzte auf Busse - und das Auto. (Quelle: u.a. Wikipedia)

    Erweiterung I: In den 1990er-Jahren scheiterten Erweiterungspläne. Per Bürgerentscheid wurde der Bau der Linie 2 vom Eselsberg bis nach Ludwigsfeld (Neu-Ulm) abgelehnt. Später wurde jedoch die Linie bis nach Böfingen verlängert (ab 2009 in Betrieb).

    Erweiterung II:

    Im Jahr 2015 begann doch der Bau der Linie 2 - allerdings auf der Strecke vom Oberen Eselsberg zum Kuhberg.  Sie ging 2018 in Betrieb. Aktuell sind weitere Strecken im Gespräch: Eine Verlängerung der Linie 1 zum Baugebiet Kohlplatte, eine Strecke nach Wiblingen oder auch weitere Gleise in Neu-Ulm, womöglich bis Ludwigsfeld.

    Linie 1:

    Sie ist 10,2 Kilometer lange, eine Fahrt von Söflingen bis zum Ostpreußenweg (Böfingen) dauert etwa 30 Minuten. An der Strecke liegen unter anderem der Hauptbahnhof und die Donauhalle/Friedrichsau.

    Linie 2: Sie ist 6,7 Kilometer lang, eine Fahrt vom Schulzentrum Kuhberg zum Science Park II dauert etwa 25 Minuten. Der Wechsel zur Linie 1 ist am Ehinger Tor, am Bahnhof und am Theater möglich.

    Die Stadtwerke hatten 2019 insgesamt 22 Straßenbahnen im Einsatz.

    Theoretisch könnten auch noch weitere Teile von Ulm und Neu-Ulm einen Straßenbahnanschluss bekommen. Bei einer Nutzen-Kosten-Analyse muss der volkswirtschaftliche Nutzen größer sein als die erwarteten Gesamtkosten des Projekts. Man wolle herausfinden, ob und bei welcher Ausbauvariante ein positives Ergebnis herauskomme, so von Winning. Doch Antworten auf alle Fragen wird es so schnell wohl nicht geben. Denn während erste Ulmer Zahlen bald vorliegen, muss die Neu-Ulmer Auswertung erst einmal beginnen.

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