Gähnende Leere. Keine Konferenzen keine Tagungen, keine Touristen. Das 287-Zimmer-Hotel Maritim am Ulmer Donauufer hat trotzdem geöffnet. Ausschließlich für Geschäftsreisende, das einzige Klientel, das derzeit noch Hotelzimmer beziehen darf.
Touristische Aufenthalte sind wegen der Pandemie verboten. Lohnt sich das überhaupt? „Es ist sicherlich eine Gratwanderung“, sagt Frank Wilberg, 35, der seit Anfang vergangenen Jahres der Direktor des Hotels am Congress-Centrum ist. Zumal Firmen wegen Corona ihre Mitarbeiter kaum noch auf Geschäftsreise schicken würden.
Die Maritim Hotelgesellschaft, die sich in der Hand der Gründerfamilie Gommolla befindet, habe aber beschlossen, die Häuser grundsätzlich nicht wegen Corona zu schließen. Auch wenn es wehtut. Das 1993 in Ulm eröffnete Hotel habe auch während des ersten Lockdowns keinen einzigen Schließtag gehabt. „Doch wir hatten einige Tage ohne einen einzigen Gast.“ Dann war Instandhaltung angesagt. Ende vergangener Woche waren immerhin 33 Zimmer belegt. Dennoch kaum ein Trost: „Normal um diese Jahreszeit wären um die 180 belegte Zimmer.“
Nur sieben Etagen des 16-stöckigen Hauses sind in Betrieb, der Rest ist aus Energiespargründen eingemottet. Spätestens alle drei Tage geht ein Mitarbeiter durch sämtliche 287 Zimmer und betätigt Duschen, Toilettenspülungen und Wasserhähne. Das beuge der Bildung von Krankheitserregern vor. Inklusive Aushilfen arbeiten im Ulmer Maritim in normalen Zeiten etwa 180 Menschen, davon 120 Festangestellte. Davon sind derzeit noch 80 übrig. „Entlassungen gab es aber keine“, betont Wilberg. Die Mitarbeiterzahl sei über natürliche Fluktuation und die Nicht-Verlängerung auslaufender Verträge reduziert worden. Außerdem wird bis zu 100 Prozent kurzgearbeitet.
Frühstück gibt es - wenn überhaupt Gäste im Maritim in Ulm sind
Denn vom geschäftigen Treiben normaler Jahre ist im Hochglanz-Hotel nichts zu spüren: Die drei Restaurants sind genauso verwaist wie der Kepler-Saal oder die Tagungsräume mit so klangvollen Namen wie Schmallenberg oder Timmendorf. Das Piano in der Bar muss schweigen, die Zapfhähne im Panorama-Café der 16. Etage sind abgedeckt. Nur Frühstück wird den Gästen serviert – wenn welche da sind. Coronasicher in Plastikfolie verpackt. Auch der Pool sowie die Sauna sind derzeit aufgrund der gesetzlichen Regelungen geschlossen. Grundgereinigt und mit abgelassenem Wasser gibt der sonst so himmelblau glänzende Pool derzeit ein düsteres Bild ab.
Ulm/Neu-Ulm vertrage viele Hotels - eigentlich
Nicht zuletzt das Schwimmbad hatte in den Sommerferien noch für außerordentlich gute Buchungszahlen gesorgt. „Das ist unser Alleinstellungsmerkmal“, sagt Wilberg. Gerade im August sei deutlich zu spüren gewesen, dass Ferien in der Heimat durch Corona einen Boom erlebt haben. „Wir waren an den Wochenenden zu 80 Prozent belegt.“ Das sei überdurchschnittlich gewesen. Auch Touristen aus Dänemark oder den Niederlanden nutzten Ulm als Zwischenstopp in den Süden. Oder als Basis für den Besuch im nahen Legoland. Doch ein gleichwertiger Ersatz für die zahlreichen Kongresse und Tagungen, die Corona zum Opfer fielen, sei das nicht gewesen. Und die Aussichten seien weiterhin schlecht: Der Weihnachtsmarkt in Ulm, alle Jahre wieder ein Garant für Buchungen, wurde genauso abgesagt wie sämtliche Weihnachts- und Silvesterfeiern. Niemand weiß, wie es mit Corona weitergeht. „Wir können überhaupt nicht planen“, sagt Wilberg. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass ein Impfstoff möglichst bald Erleichterung schafft. Denn Ulm als Hotel-Standort werde grundsätzlich immer attraktiver.
Dass derzeit die renommierten Hotelketten Motel One und Me and All in Ulm ihre millionenschweren Projekte realisieren, sieht Wilberg nicht als Bedrohung, sondern als Stärkung des Standorts Ulm/Neu-Ulm. Für bestimmte Großveranstaltungen kämen etwa nur Städte ab einer gewissen Bettenzahl infrage. Ulm könnte hier in eine höhere Liga aufsteigen. Und Ulm als Sitz eines neuen Nato-Kommandos für militärische Logistik-Aufgaben könnte ebenso für die Hotellerie zusätzliche Kundschaft bedeuten. Wenn bloß Corona nicht wäre.
Dehoga-Vorsitzende Krings aus Ulm: "Die Angst ist groß"
Die Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands Alb-Donau (Dehoga), Karin Krings, befürchtet, dass viele Hotels der Region auf der Strecke bleiben. Der zweite „Shutdown light“, der für November verfügt wurde, käme eher einem „Shotdown“ – also Niederschuss – gleich. „Die Angst ist groß“, sagt Krings, die Chefin des Hotels Goldenes Rad in Ulm. Die Hotels bräuchten jetzt schnelle und unbürokratische Hilfen. Sonst bleibe von der vielfältigen Hotellandschaft rund um Ulm nicht mehr viel übrig.
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