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Ulm/Neu-Ulm: Gegen den inneren Schweinehund

Ulm/Neu-Ulm

Gegen den inneren Schweinehund

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    Nach 21 Kilometer habe ich mir die Finisher-Medaille verdient.
    Nach 21 Kilometer habe ich mir die Finisher-Medaille verdient. Foto: Katharina Dodel

    Wortlos bewegt sich die Herde von Läufern durch den dichten Nebel. Mehr als 5500 Sportler haben sich, so wie ich, die 21 Kilometerstrecke vorgenommen. Mehr als 1000 Läufer wollen sogar die olympische Marathondistanz von 42,195 Kilometer hinter sich bringen. Frische acht Grad zeigt das Thermometer zur Startzeit beim Einstein-Marathon. In T-Shirt und kurzer Hose warte ich fröstelnd auf den Startschuss.

    Doch der verzögert sich um gut eine halbe Stunde. Denn Rettungskräfte sind noch damit beschäftigt, die Folgen eines Auffahrunfalls bei Burlafingen von der Laufstrecke zu beseitigen. Dann geht’s los: Schon nach den ersten fünf Kilometern flüstert mir mein innerer Schweinehund zu, dass die angenehmere Alternative am Sonntagmorgen eine warme Tasse Kaffee am gemütlichen Frühstückstisch gewesen wäre. Stattdessen versuche ich, jetzt im dichten Feld der Läufer mein Tempo zu finden.

    Mehr als sechzehn Kilometer trennen mich aber noch von der Ziellinie des Halbmaratons. Einen Trainingsplan gab es nicht. Dafür jede Menge guter Ratschläge von Freunden. Intervall Trainingseinheiten mit langsamen und schnellen Phasen würden nach neusten Erkenntnissen die Leistungsfähigkeit steigern. Egal. Meist habe ich die Laufschuhe geschnürt, wenn der Terminplan etwas Zeit für eine Runde Joggen zugelassen hat. Manchmal auch in Begleitung eines Kollegen. Doch meist ungezählte einsame Kilometer bei Regen oder Hitze. Ständig begleitet von der Frage nach dem Sinn: Ich laufe gegen oder auch für mich selbst. Das Ziel ist eine Zeit unter zwei Stunden.

    Am Rande der Strecke werden jetzt die Zuschauerreihen immer dichter – kleine Kinder mit großen Plakaten: „Papa, du bist der Beste“, oder „Mama halte durch, wir sind stolz auf Dich“. Unermüdlich steht eine ältere Dame am Rand und macht mit einer Ratsche unablässig Krach.

    Am Ortseingang in Pfuhl freue ich mich über die musikalische Begrüßung der Feuerwehrkapelle. Sie ist eine von 35 Kapellen und Bands aus ganz Deutschland, für die der Einstein-Marathon zum festen Termin im jährlichen Spielplankalender zählt.

    Nach gut acht Kilometern passiere ich den ersten Versorgungspunkt. Ein junges Mädchen streckt mir einen Becher mit Wasser entgegen, der mir jetzt viel lieber ist als eine Tasse Kaffee. Insgesamt 1500 Helfer geben am Rande der Strecke 6000 Bananen, 20000 Flaschen Wasser und isotonische Getränke sowie 5000 Fruchtriegel aus.

    Als ich auf die breite Augsburger Straße einbiege, fällt mir auf, dass ich meinen inneren Schweinehund abgehängt haben muss. Ich lasse ihn weit hinter mir. Leichtfüßig und wie auf „Dauermodus“ gestellt, passiere ich die Elf-Kilometer-Marke vor dem Ausgsburger Tor. Immerhin, mehr als die erste Hälfte des Laufes habe ich schon geschafft.

    Die Staiger Guggabätscher feuern mich mit ihrer schrägen Version von „Marmor, Stein und Eisen bricht“ an. Die Zuschauer stehen auf der Gänstorbrücke schon in Zweierreihe. Das macht Laune und ich lege im Tempo noch etwas nach. Vielleicht ein leichtsinniger Fehler aus Übermut. Denn die Münchner Straße stellt sich mit ihrer Steigung, die mir bis dahin noch nie wirklich aufgefallen war, vor mir auf und ich bemerke, dass ich die letzten Kilometer wohl über meine Verhältnisse gelaufen bin. Und diese Schwäche nutzt nun auch mein Schweinehund und holt mich bei der Griesbadgasse wieder ein. Er kläfft und zwickt mich in die Waden. Durch das Heilig-Kreuz-Viertel begleitet mich ein kräfteraubendes Ziehen in den Beinen, die Füße werden schwerer und mehr als fünf Kilometer liegen noch vor mir.

    Erst an der Kunsthalle Weißhaupt bringt mich die Sambagruppe „Beo

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